Themenüberblick

„Neues, ungeheuerliches Fehlverhalten“

Der US-Bundesstaat New York hat den Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein und dessen früheres Unternehmen geklagt. Die Staatsanwaltschft wirft dem Unternehmen sowie den beiden Brüdern Harvey und Robert Weinstein Verletzung der Bürgerrechte, Menschenrechte und des Arbeitsrechts vor.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Die Führungskräfte der Weinstein Company und auch Weinsteins Bruder Robert hätten es wiederholt verabsäumt, die Angestellten vor „unablässiger sexueller Belästigung, Einschüchterung und Diskriminierung“ durch Weinstein zu schützen, heißt es in der Klage. Damit hätten sie vermutlich wiederholt die Gesetze des Staates New York gebrochen, da Angestellte gefährdet worden seien, teilte der New Yorker Staatsanwalt Eric Schneiderman vergangenen Sonntag (Ortszeit) mit.

Brüder Bob und Harvey Weinstein

Reuters/Fred Prouser

Die Brüder Robert und Harvey Weinstein sind mit schweren Anschuldigungen konfrontiert

Angestellte mit Mord bedroht

Die Klage sei Ergebnis von vier Monate andauernden Ermittlungen, in denen „neues und ungeheuerliches“ sexuelles Fehlverhalten enthüllt worden sei, hieß es weiter. Mitarbeiter, Führungskräfte und Opfer Weinsteins seien befragt sowie Archive und E-Mails des Unternehmens durchleuchtet worden. In den neuen Anschuldigungen werden Drohungen Weinsteins zitiert. So soll er einigen Angestellten gesagt haben: „Ich werde dich töten“, „ich werde deine Familie töten“, „du weißt nicht, was ich tun kann“. Er habe Beziehungen zu mächtigen Menschen, die „sich um Probleme kümmern könnten“.

Verteidigung: „Null Diskriminierung“

Weinsteins Anwalt Ben Brafman, einer der prominentesten Verteidiger in den USA, sagte, sein Klient habe sich immer für die Karriere von Frauen eingesetzt. Brafman teilte der dpa auf Anfrage in einer E-Mail mit, falls Schneiderman eine faire Ermittlung durchführen würde, würde sich zeigen, dass viele der Anschuldigungen gegen Weinstein unbegründet seien. „Auch wenn Weinsteins Verhalten nicht fehlerfrei war, war es mit Sicherheit nicht kriminell“, schrieb Brafman.

Schauspielerin Ashley Judd

Reuters/Eduardo Munoz

US-Schauspielerin Ashley Judd war eine der ersten Frauen, die Harvey Weinstein der sexuellen Belästigung beschuldigten

Weinstein habe mehr Frauen in leitende Positionen gebracht als jeder andere Unternehmenschef. In seinen Unternehmen habe es „null Diskriminierung“ gegeben. Wenn es das Ziel der Untersuchung sei, zu Reformen in der Filmindustrie zu ermutigen, werde Weinstein die Ermittlungen akzeptieren. Wenn er allerdings zum Sündenbock gemacht werden solle, werde er sich energisch verteidigen.

Über hundert Frauen gingen an die Öffentlichkeit

Inzwischen werfen mehr als hundert Frauen Weinstein vor, sie sexuell belästigt, eingeschüchtert oder sogar vergewaltigt zu haben - darunter Schauspielerinnen wie Salma Hayek, Ashley Judd, Gwyneth Paltrow, Angelina Jolie, Rose McGowan und Mira Sorvino. Weinstein räumte Fehlverhalten ein, beteuert aber bis heute, keine sexuelle Gewalt gegen Frauen angewandt zu haben. Er wurde nach Bekanntwerden der Vorwürfe im Oktober des Vorjahres von seiner Produktionsfirma entlassen. Weinstein soll sich in Therapie befinden.

Schauspielerin Selma Hayek

Reuters/Dylan Martinez

Die mexikanisch-amerikanische Schauspielerin Salma Hayek schilderte, dass Weinstein sie sexuell belästigte, erniedrigte und mit dem Tod bedrohte

Die Weinstein-Enthüllungen im vorigen Herbst lösten die „#MeToo“-Debatte über Sexismus und Belästigung aus - eine weltweite Bewegung, bei der Hunderttausende Betroffene über eigene Erfahrungen sprechen und Missbrauchsvorwürfe öffentlich machen.

Verkauf der Studios in Gefahr

Staatsanwalt Schneiderman sagte, er habe die Klage angesichts der laufenden Verkaufsverhandlungen für das kurz vor dem Bankrott stehende Unternehmen eingereicht. Bei einem Verkauf der Weinstein-Studios müsse sichergestellt werden, dass die Opfer entschädigt und Angestellte geschützt werden und dass sich weder Täter noch Mitwisser „unberechtigterweise bereichern“ könnten. Durch die Klage gerät ein Verkauf der Studios um 500 Mio. Dollar (rund 407 Mio. Euro) in Gefahr, wie die „Los Angeles Times“ berichtete.

Studio-Präsident entlassen

Unterdessen wurde nun bekannt, dass der Vorstand der Weinstein Company einstimmig dafür gestimmt habe, sich nun auch von seinem Studio-Präsidenten David Glasser zu trennen. Das berichtete das Portal Deadline. Konkrete Gründe und Details wurden zunächst nicht bekannt. Weinstein hatte bis zu seiner Entlassung die Studios gemeinsam mit seinem Bruder Bob und Glasser geleitet. Glasser war laut CNN zuletzt Hauptansprechpartner bei den Ermittlungen des Staatsanwalts Schneiderman.

Links: