Themenüberblick

„Deutsch und treu in Not und Tod“

Die Affäre um die Burschenschaft Germania zu Wiener Neustadt, deren Liederbuch NS-verherrlichende Texte enthält, schlägt weiter hohe Wellen. Nachdem die Staatsanwaltschaft vergangene Woche Ermittlungen gegen vier Personen wegen des Verdachts der NS-Wiederbetätigung eingeleitet hat, will die Regierung nun den Verein auflösen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Ins Rollen gekommen war der Skandal im Wahlkampf für die niederösterreichische Landtagswahl, denn FPÖ-Spitzenkandidat Udo Landbauer war Vizeobmann der Burschenschaft. Nach Bekanntwerden der NS-Liederzeilen stellte er seine Mitgliedschaft bei der Mittelschülerverbindung ruhend.

Der niederösterreichische FPÖ-Spitzenkandidat Udo Landbauer

APA/Helmut Fohringer

Landbauer war Vizeobmann der Germania zu Wiener Neustadt

Landbauer war eines von 70 Mitgliedern. Bis vor Kurzem gehörte die Germania zum Österreichischen Pennäler Ring (ÖPR), dem Dachverband von Schülerverbindungen. Im Zuge der Nazi-Lied-Affäre wurde die Germania vom ÖPR zunächst suspendiert und mittlerweile auch ausgeschlossen.

Anspielung auf Judenvernichtung

Das Liederbuch der Verbindung, 1997 in dritter Auflage neu aufgelegt, beinhaltet auf etwa 300 Seiten 500 bis 600 Lieder. Eines davon enthält in Anspielung auf die Vernichtung von sechs Millionen Juden unter der Nazi-Diktatur während des Zweiten Weltkriegs folgende Zeilen: „Da trat in ihre Mitte der Jude Ben Gurion: ,Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million’“ und weiter „Da schritt in ihre Mitte ein schlitzäugiger Chines’: ,Auch wir sind Indogermanen und wollen zur Waffen-SS.’“

Diese und andere Zeilen sollen schon vor Jahren geschwärzt worden sein. Ob das stimmt, wird derzeit von den Behörden geprüft. Die Polizei hatte bei einer Hausdurchsuchung im Vereinslokal (Bude) der Germania 19 Liederbücher und zwei Ordner mit Unterlagen sichergestellt. Gegen vier Personen, die für das Buch verantwortlich zeichnen, wird ermittelt. Einer davon hat die Lieder zusammengestellt, ein anderer Illustrationen dazu gemacht. Letzterer war ein hoher Beamter und SPÖ-Mitglied in Wiener Neustadt.

Verbindung zu Militärgymnasium Wiener Neustadt

Gegründet wurde die Germania 1917 am Ende des Ersten Weltkrieges aus einem Stammtisch heraus. Das 100-jährige Bestehen wurde letztes Jahr im Rahmen eines Burschentreffens des ÖPR groß gefeiert. Der Leitspruch der Verbindung lautet „Deutsch und treu in Not und Tod“. Viele der Mitglieder kommen aus dem Militärgymnasium in Wiener Neustadt, so auch Landbauer. Das Militärgymnasium sollte eigentlich mit Ende des heurigen Schuljahres geschlossen werden. Der neue Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) machte das aber bei der ersten Regierungsklausur von ÖVP und FPÖ Anfang Jänner rückgängig.

Germania zu Wiener Neustadt

ORF

Das Verbindungshaus der Germania zu Wiener Neustadt befindet sich in einem Wehrturm aus dem 13. Jahrhundert

Auf ihrer Website, die länger offline war, bezeichnet die Burschenschaft ihre NS-verherrlichenden Liedertexte als „widerlich, abartig und jenseitig“. Das Vereinslokal der Germania ist im Rabenturm in Wiener Neustadt.

Links: