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Partei steht hinter Kandidaten

Der niederösterreichische Spitzenkandidat der FPÖ, Udo Landbauer, steht seit Bekanntwerden von Nazi-Liedern in seiner Burschenschaft in der Kritik. Er selbst weist jede Schuld von sich. Er habe auch nichts von den Liedern gewusst, so Landbauer. Auch die FPÖ steht bis hinauf zu Parteichef Heinz-Christian Strache (ÖVP) hinter ihrem Politiker.

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Landbauer hatte in den vergangenen Tagen mehrfach seine Schuld- und Ahnungslosigkeit beteuert, zuletzt am Mittwoch in der ZIB2. „Zeit meiner Mitgliedschaft waren sowohl ich wie auch alle, die zu der Zeit aktiv waren, mit solchen Liedtexten niemals befasst, und sie wurden auch nie gesungen“, sagte der niederösterreichische FPÖ-Spitzenkandidat. Laut Landbauer und der Burschenschaft waren, als er vor 17 Jahren der Burschenschaft beitrat, die entsprechenden Seiten in dem Liederbuch geschwärzt oder überhaupt ganze Seite herausgerissen.

Landbauer: „Habe Lieder nie gesungen“

Landbauer bestritt in der ZIB2, eines der Nazi-Lieder in seiner Verbindung gesungen zu haben. Er verlangte eine Prüfung und Aufklärung. In der Verbindung sei es nie rassistisch zugegangen.

Aufgefallen sei ihm das nicht, denn er „war nie ein guter Sänger und daher habe ich mich auch nicht intensiv damit befasst“, so der FPÖ-Politiker in der ZIB2. Einmal mehr wiederholte er, dass er sofort nach dem öffentlichen Bekanntwerden der Vorwürfe eine juridische Aufarbeitung gefordert habe.

FPÖ setzt auf „Jetzt erst recht“

Von einem Rücktritt wollte Landbauer bisher nichts wissen. Am Mittwochnachmittag postete er auf Facebook ein Bild an der Seite von Parteichef Vizekanzler Heinz-Christian Strache und den Slogan: „Jetzt erst recht!“ - ein Satz, mit dem vor 30 Jahren bereits Kurt Waldheim gegen Vorwürfe, er habe seine SA-Vergangenheit verschwiegen, kampagnisiert hatte. Gegenüber dem Ö1-Mittagsjournal sprach er am Mittwoch von einer „linken Meinungsdiktatur“. Von dieser lasse er sich nicht vorgeben, was böse und was gut sei.

Der FPÖ-Politiker wies auch Kritik an seiner Unterstützung für den rechtsextremen Verein Junge Patrioten sowie an seinen Kontakten zur einschlägigen Zeitschrift „Aula“ zurück. Der „Falter“ und das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) seien für ihn „nicht der Maßstab“, was man singen und sagen dürfe oder was rechtsextrem sei, so Landbauer.

Werbung für Buch mit Liedern aus NS-Zeit

Erst am Sonntag hatte das Nachrichtenmagazin „profil“ berichtet, dass Landbauer im Jahr 2010 - als er bereits Spitzenfunktionär der Freiheitlichen Jugend war und im selben Jahr Stadtrat in Wiener Neustadt wurde - die Jungen Patrioten unterstützt habe. Damals habe er auch ein Liederbüchlein der rechtsextremen Organisation beworben, in dem sich auch Lieder aus der NS-Zeit fanden, so der Bericht.

Darauf angesprochen, sagte Landbauer, es habe sich um Lieder gehandelt, „die damals auch gesungen wurden“. Aber: „Ich werde mir auch nicht nehmen lassen, ‚O Tannenbaum‘ oder ‚Stille Nacht‘ zu singen.“ Ein gewagter Vergleich: Laut dem DÖW finden sich 55 der Lieder im Liederbuch der Jungen Patrioten auch in der neunten Auflage des SS-Liederbuchs von 1942.

Rückendeckung von Strache

An Rückendeckung für Landbauer ließ es seine Partei nicht mangeln. Die FPÖ Niederösterreich sprach bereits am Dienstagabend von „Hatz“ und „linkem Scherbengericht“. FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus sah am Mittwoch ein „durchsichtiges, konstruiertes Manöver“. Strache hatte den niederösterreichischen Spitzenkandidaten kurz davor öffentlich in Schutz genommen.

Vizekanzler Heinz-Christian Strache

APA/Georg Hochmuth

Strache glaubt Landbauer

Es handle sich um ein „wirklich widerliches und antisemitisches Lied“, derartige Texte hätten in unserer Gesellschaft nichts verloren, sagte der FPÖ-Obmann. Doch die Liedtexte seien „von wem auch immer“ erzeugt worden. Landbauer habe ihm versichert, dass er die Texte nicht gekannt habe, sagte Strache am Rande des Ministerrats.

Auf die Frage, ob nun - knapp vor der Landtagswahl - angesichts von Rücktrittsforderungen Konsequenzen nötig seien, sagte der Vizekanzler, Landbauer habe die Sache „sehr deutlich klargestellt“ und selbst Aufklärung gefordert. Für den Text trage er keine Verantwortung. Komme es zu derartigen Vorfällen, sei das „schärfstens zu verurteilen“.

„Burschenschaften haben nichts mit FPÖ zu tun“

Außerdem: „Burschenschaften haben nichts mit der FPÖ zu tun“, so Strache. Freilich sind 18 der 51 FPÖ-Mandatare im Nationalrat Mitglieder einer deutschnationalen Burschenschaft. Und die FPÖ Wien richtet heuer zum fünften Mal den Wiener Akademikerball aus, der in den Jahrzehnten zuvor als Wiener Korporationsball von farbentragenden und mehrheitlich schlagenden Hochschulkorporationen veranstaltet wurde.

Kurz fordert „volle und rasche Aufklärung“

Verurteilt wurden die antisemitischen Zeilen auch vom Koalitionspartner der FPÖ. „Es braucht volle und rasche Aufklärung. Es ist gut, dass die Staatsanwaltschaft bereits aktiv geworden ist. Wer für so etwas verantwortlich ist, solche Lieder singt oder diese Inhalte verbreitet, der agiert nicht nur abscheulich antisemitisch und verhetzerisch, sondern macht sich in unserem Land auch strafbar. Die Verantwortlichen müssen die volle Härte des Gesetzes spüren“, so Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Donnerstag in einer Stellungnahme. Ähnlich hatte er sich am Dienstag bereits kurz nach Bekanntwerden der Causa auf Twitter geäußert.

Kritik kam auch vom Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka (ÖVP). „Antisemitismus und nationalsozialistisches Gedankengut haben in unserer Gesellschaft keinen Platz. Aufgrund unserer belasteten Geschichte sind wir es den Opfern des Nationalsozialismus schuldig, eine ganz besondere Sensibilität in dieser Frage an den Tag zu legen. Es braucht hier also nicht nur eine politische, sondern auch eine strafrechtliche Bewertung, ganz klar. Wenn gegen das Verbotsgesetz verstoßen wurde, muss es eine lückenlose Klärung der Vorwürfe und auch dementsprechende Konsequenzen geben“, sagte Sobotka in einer Stellungnahme.

Mikl-Leitner: Aufklärung als Bedingung

Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) bezeichnete die Vorwürfe als „schwer“. Sie erwarte sich „nicht nur Aufklärung, sondern auch klare Distanzierung. Wenn ich an die Zukunft der niederösterreichischen Landesregierung denke, dann muss es Klarheit über die Vergangenheit geben“, so Mikl-Leitner.

Wer in die Regierung komme, liege in der Hand der Wähler, sie strebe ein Arbeitsübereinkommen mit allen in der Regierung vertretenen Parteien an. „Bevor aber über ein Arbeitsübereinkommen verhandelt wird, müssen diese schwerwiegenden Vorwürfe restlos aufgeklärt werden“, sagte die ÖVP-Spitzenkandidatin.

Ruf nach Konsequenzen

Stärker fiel die Reaktion der SPÖ aus. Bundesgeschäftsführer Max Lercher verlangte den sofortigen Rücktritt Landbauers. Auch die ÖVP dürfe sich nicht aus der Verantwortung stehlen, sagte er in einer Aussendung. Der niederösterreichische SPÖ-Landesgeschäftsführer Reinhard Hundsmüller forderte am Mittwoch ebenfalls Konsequenzen. Und für die grüne Spitzenkandidatin Helga Krismer hat sich der FPÖ-Spitzenkandidat „ein für alle Mal für jede politische Funktion disqualifiziert“.

Dezidiert den Rücktritt hatte bereits am Dienstag die niederösterreichische Spitzenkandidatin von NEOS, Indra Collini, gefordert. Auf Bundesebene stellte am Mittwoch der niederösterreichische NEOS-Mandatar Nikolaus Scherak eine parlamentarische Anfrage an Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) und Justizminister Josef Moser (ÖVP). Darin geht es unter anderem um die Frage, ob die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft auch Landbauer betreffen. NEOS will vom Innenminister außerdem erfahren, ob das Bundesamt für Verfassungsschutz aktiv wurde.

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