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Gut fürs Marketing

Die Frage, ob es überhaupt Sinn hat, Gruppen nach dem Alter zusammenzufassen und deren Mitgliedern zu unterstellen, dass sie viele Gemeinsamkeiten haben, ist natürlich berechtigt. Doch seit Jahrzehnten ist es vor allem in den USA gang und gäbe, einzelne Generationen zu charakterisieren und ihnen eine eigene Mentalität und Vorlieben zu unterstellen.

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Interessant ist das nicht zuletzt für Marketingexperten. Es gibt zahllose Studien, die sich mit den Merkmalen einer Generation und der Frage, wofür sie sich interessieren, befassen - und somit auch mit der Frage, wie man sie etwa für ein bestimmtes Produkt „gewinnen“ kann. Die „New York Times“ („NYT“) hat nun dazu aufgerufen, einen Namen für die jüngste Generation, deren älteste Mitglieder nun bereits über 20-jährig sind, zu suchen. Explizit will die Zeitung dabei aber nur Vorschläge von den Angehörigen dieser Generation berücksichtigen.

Kritische Geister werden hinter dem Aufruf wohl auch ein Stück Taktik erkennen: So wie das Gros der Medienhäuser hat auch die „New York Times“ ein Problem, die jüngste Generation überhaupt noch zu erreichen - das ist wohl der direktmöglichste Versuch, diese Jungen, die, so geht die Saga, nur noch in ihrer eigenen „Bubble“ leben, anzusprechen. „NYT“-Autor Jonah Engel Bromwich erhielt auf dem Kurznachrichtendienst Twitter jedenfalls bereits ein paar Vorschläge - eher von der lustigen Sorte:

Ein anderer möchte nicht in Apple-Nähe gerückt werden und wehrt sich gegen den Begriff „iGen“:

Ein User spielte auf die Klimaerwärmung an und plädierte für „Generation Burned“.

Das Problem mit dem Alphabet

Sechs lebende Generationen gibt es derzeit in den USA, deren zeitliche Zuordnung teils um mehrere Jahre variiert: Die Zählung beginnt mit der Pre-Depression-Generation (auf alle Fälle vor 1930 geboren), auch als GI-Generation bezeichnet. Auf sie folgten die in der Zeit der Depression Geborenen (1930 - 1945), oft auch als „Silent Generation“ („Stumme Generation“) bezeichnet. Die dritte Altersgruppe ist die demografisch große Generation der Babyboomer (1946 - 1964). Diese wurde erst 2016 als zahlenmäßig stärkste Generation in den USA überholt - nämlich von den Millennials. Auf die Babyboomer folgten aber die Generation X (1965 - 1980) und die Generation Y (1980 - 2000), für die sich längst der Begriff Millennials durchgesetzt hat.

Für die jüngste Bevölkerungsgruppe, die nach manchen Definitionen die Jahrgänge ab 1995 umfasst, wurde dem Alphabet folgend das Z vergeben, einen breiten Kompromiss auf einen Namen gibt es bisher aber nicht. Manche nennen sie etwa „Boomlets“, weil 2006 ein Rekord an Geburten verzeichnet wurde - fast die Hälfte davon Hispanics. Mit dieser Generation wird der ethnische Wandel in der US-Gesellschaft deutlich zunehmen. Spätestens bei der nächsten Generation, also denjenigen, die ab 2020 auf die Welt kommen, gibt es mit dem Alphabet ein Problem. Mit X bei der Typifizierung zu beginnen, wird spätestens dann eine schlechte Idee gewesen sein.

„Im Nachhinein leicht“

Im „NYT“-Artikel wird gleich als Warnung für das eigene Unterfangen einer der beiden Erfinder des Ausdrucks „Millennial“ zitiert: „Im Nachhinein ist es leicht zu sehen, dass Namen, zu denen Leute tendieren, etwas sagen. Entweder der Begriff selbst oder die Art und Weise, wie er angepasst wird“, so Neil Howe.

Er hatte den Begriff „Millennial“ in den späten 1980er Jahren gemeinsam mit William Strauss geprägt. Sie hatten zuerst andere Namen wie die „13. Generation“ versucht, waren damit aber nicht erfolgreich. Aber auch ihr Begriff „Millennial“ wurde mit deutlicher Verzögerung populär. Auch Malcolm Harris, selbst Millennial und Autor des Buchs „Kids These Days: Human Capital and the Making of Millennials“, betonte, Generationen „werden erst im Nachhinein wirklich verstanden“. Auch für Harris ist klar, dass Kategorisierung vor allem als Instrument des Marketings dient.

Mit der Zeit setzen sie sich freilich auch im allgemeinen Sprachgebrauch durch - auch das angesehene Meinungsforschungsinstitut Pew verwendet Begriffe wie „Millennials“ und „Babyboomer“. Bleibt nur noch abzuwarten, welche Resonanz der „NYT“-Aufruf findet - und wie sich die unter 23-Jährigen selbst „definieren“.

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