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Gefechte mit Sicherheitskräften dauern an

Bei einem Anschlag auf das Büro einer der größten Hilfsorganisationen in Afghanistan, Save the Children, sind am Mittwoch mindestens fünf Menschen gestorben, 24 Menschen wurden verletzt. Die Gefechte zwischen Angreifern und Sicherheitskräften gingen am Nachmittag zu Ende, bestätigte ein Sprecher der Regierung der Provinz Nangarhar.

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Kurz nach 9.00 Uhr Ortszeit (5.30 Uhr MEZ) detonierte vor dem Gebäude der NGO eine Autobombe. Ein Selbstmordattentäter habe sich in die Luft gesprengt, so der Sprecher der Provinzregierung, Attaullah Khogyani, gegenüber der BBC. Dabei seien auch einige Autos in Flammen aufgegangen, vor dem Gebäude waren auf Fotos dicke Rauchschwaden zu sehen.

Bewaffnet eingedrungen

Anschließend sollen bewaffnete Angreifer in das Gebäude eingedrungen sein und um sich geschossen haben, so Khogyani. Ein Augenzeuge berichtet der Nachrichtenagentur AFP, ein Angreifer soll mit einer Panzerfaust auf das Haupttor der Organisation gefeuert haben. Im Büro von Save the Children arbeiten nach Angaben eines Mitarbeiters um die hundert Menschen. Bisher wurden von den Behörden fünf Todesopfer bestätigt. Unter ihnen seien ein Zivilist und zwei Mitglieder der Sicherheitskräfte, so Khogyani. Auch zwei Attentäter sollen tot sein. 46 Menschen, unter ihnen zwölf Frauen, seien in Sicherheit gebracht worden. Einige seien leicht verletzt worden. Unklar blieb, ob sich in dem Haus noch weitere Mitarbeiter aufhalten.

Augenzeugen berichten von lauten Explosionen

Ob auch internationale Mitarbeiter in dem Büro waren, blieb zunächst unklar. Augenzeugen berichteten, der Kampf gegen die Angreifer habe auch rund zwei Stunden nach Beginn des Überfalls noch angedauert. Auch am Nachmittag berichteten Zeugen, dass noch immer Schüsse zu hören seien. Ein Attentäter soll sich noch verbarrikadiert haben, obwohl es zuerst geheißen hatte, die Situation sei mittlerweile sicher. Zuvor waren laut Augenzeugen drei laute Explosionen zu hören gewesen. Der afghanische Journalist Bilal Sarwary berichtete, die Attentäter würfen Handgranaten in Richtung der Sicherheitskräfte.

Ein Mitarbeiter berichtete der dpa: „Unsere Kollegen sind im ‚Safe Room‘, ich weiß nicht, wie viele. Wir haben noch keinen Überblick, wer heute Morgen im Büro war und wer im Feld. Die Angreifer haben den zweiten Stock erreicht. Sie scheinen von da auf auch andere Ziele zu schießen. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es allen meinen lieben Kollegen in Jalalabad gerade geht. Ich zittere am ganzen Körper.“

Taliban und IS in Region aktiv

Wie viele Angreifer es waren und wer sie geschickt hat, war zunächst unklar. Am Nachmittag bekannte sich die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu den Anschlägen, drei Angreifer zielten auf „britische, schwedische und afghanische Einrichtungen in Jalalabad“, zitierte die BBC das IS-Sprachrohr Amak.

Der IS hat in der Provinz seine einzige, wenn auch kleine territoriale Basis und verübt in Nangarhar, aber auch in Kabul zunehmend mehr Anschläge. Auch die radikalislamischen Taliban sind in der Region aktiv. Ein Sprecher der Taliban schrieb im Kurznachrichtendienst Twitter, dass sie nicht in die Angriffe involviert seien.

Save the Children setzt Hilfstätigkeit aus

In einer Stellungnahme zeigte sich die Kinderhilfsorganisation „erschüttert“ von den Angriffen. „Wir sind vor allem um die Sicherheit unserer Mitarbeiter besorgt. Wir erwarten weitere Informationen und können die Lage derzeit nicht weiter kommentieren“, so die NGO. Am Nachmittag gab dir Organisition bekannt, die Hilfstätigkeit in Afghanistan vorübergehend auszusetzen. Sobald es die Sicherheitslage erlaube, wolle man diese wieder aufnehmen.

Save the Children ist eine der größten Hilfsorganisationen in Afghanistan. Die NGO arbeitet seit Jahrzehnten in vielen Provinzen und hilft vor allem Kindern und Müttern in den Bereichen Gesundheit und Bildung. International ist die NGO bereits seit 1919 tätig.

Erst am Wochenende Anschlag auf Hotel in Kabul

Erst vor wenigen Tagen hatten die Taliban ein Luxushotel in Kabul attackiert und mindestens 22 Menschen getötet. Bei ihrem Angriff in der Nacht auf Sonntag nahmen die Angreifer offenbar gezielt Ausländer ins Visier. Die Angreifer seien von Hotelzimmer zu Hotelzimmer gegangen und hätten nach Ausländern gesucht, hatten Überlebende und Sicherheitsvertreter berichtet. Der Angriff auf das Hotel konnte erst nach 17 Stunden von Spezialkräften niedergeschlagen werden.

Hotelgäste übten am Dienstag scharfe Kritik an den laxen Sicherheitsvorkehrungen in dem staatlichen Hotel. Eine Privatfirma war für die Sicherheitsvorkehrungen zuständig, doch den Angaben zufolge wurden Taschen nicht kontrolliert, und Scanner funktionierten nicht. Die Behörden prüfen auch, ob die Angreifer des Hotels Hilfe von innen hatten.

Eines der gefährlichsten Länder für Helfer

In einem Plan der UNO für die humanitäre Arbeit in Afghanistan in diesem und in den kommenden Jahren hieß es jüngst, dass Afghanistan eines der gefährlichsten Länder der Welt für Helfer sei. In den ersten zehn Monaten 2017 seien 17 Entwicklungs- und Nothelfer getötet, 15 verletzt und 43 entführt worden. Eine Konsequenz der neuen Gefahren sei, dass Hilfsorganisationen ihre Arbeit einschränkten. „Zwischen Juli und September ist die Zahl der Partner, die wenigstens zwei der folgenden Aktivitäten durchgeführt haben - Hilfslieferungen, Bedarfsprüfungen oder Überprüfung von Projekten -, von 170 auf 153 gefallen.“

Die Sicherheitslage in Afghanistan hat sich seit Ende der NATO-Kampfmission vor drei Jahren drastisch verschlechtert. Die Taliban kontrollieren oder beeinflussen nach Militärangaben mittlerweile wieder rund 13 Prozent des Landes und kämpfen um weitere 30 Prozent. Der IS verübt mehr Anschläge.

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