„Bewusst oder unbedacht“
Die Aussage von FPÖ-Innenminister Herbert Kickl, Asylwerber „konzentriert“ in Großquartieren unterbringen zu wollen, hat einen Tag später Bundespräsident Alexander Van der Bellen auf den Plan gerufen. In einer Aussendung zog Van der Bellen eine Grenze und mahnte einen „verantwortungsvollen Umgang mit der Sprache“ ein.
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In der kurzen Aussendung der Bundespräsidentschaftskanzlei, in der Kickl nicht direkt erwähnt wird, hieß es weiter wörtlich: „Bewusst oder unbedacht gewählte Formulierungen, die als Anspielungen auf die dunkelste Zeit unseres Landes verstanden werden können, dürfen im politischen Diskurs keinen Platz haben.“
„Das Österreich, in dem wir leben wollen, ist sich der hellen und dunklen Seiten seiner Geschichte bewusst und sieht die Verantwortung, die es trägt“, so der Bundespräsident. Van der Bellen plädierte für ein Land der Menschlichkeit und des Respekts, „das seine Geschichte kennt“.
Kurz begrüßt Kickls „Klarstellung“
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte zuvor die „Klarstellung“ Kickls in der Frage der „konzentrierten“ Unterbringung in Asylgroßquartieren als „wichtig“ bezeichnet. Kickls Aussagen hatten am Tag vor dem Antrittsbesuch von Kurz bei Präsident Emmanuel Macron auch in Frankreich für Medienaufmerksamkeit gesorgt. Er selbst sei in Frankreich noch nicht darauf angesprochen worden, betonte Kurz am Freitag vor dem Treffen mit Macron: „Wenn ich darauf angesprochen werden sollte, dann kann ich darauf verweisen, dass der Innenminister seine Aussage ja schon klargestellt hat.“
Kern: Kurz muss reagieren
SPÖ-Chef Christian Kern bezeichnete die Aussage Kickls am Freitag als unverständlich und schockierend. Es brauche nun klare Worte von Kurz, meinte er vor Journalisten. Unklar war zunächst, ob Kurz’ erste Reaktion nach Ansicht Kerns ausreichend ist.
Dass sich die FPÖ immer wieder „Ausflüge ins Rechtsradikale“ geleistet habe, sei bekannt, so Kern am Rande des Barbara-Prammer-Symposiums. Gefragt sei nun aber die ÖVP. „Da kann man sich jetzt nicht wegducken, da kann man sich nicht aus dem Staub machen“, betonte er: „Sebastian Kurz hat ganz bewusst die FPÖ in die Regierung geholt, und jetzt erwarte ich mir auch, dass er die Verantwortung übernimmt und zu den Konsequenzen steht. Denn das ist nicht nur ein innerösterreichischer Vorfall. Da geht es um unsere Reputation und unser Image im Ausland.“ Kern warnte angesichts Kickls Aussage vor einer Ächtung Österreichs.
Aussagen bei Bilanz zu Asylwesen
Kickl hatte am Donnerstag die Jahresbilanz zu Österreichs Asylwesen präsentiert. Dabei bekräftigte er auch seine Pläne, Flüchtlinge künftig in staatlich geführten Grundversorgungszentren einzuquartieren. Dabei sprach er sich dafür aus, Asylwerber „konzentriert“ unterzubringen. Auf Kritik von Journalisten zu seiner Wortwahl, ob er nicht befürchte, damit in die Nähe der NS-Terminologie zu geraten und Assoziationen mit Konzentrationslagern zu wecken, konterte Kickl, diesen Vorwurf könne man seinerseits als „Provokation“ werten.
„Klarstellung“ per Aussendung
Rund zehn Stunden nach der Pressekonferenz betonte Kickl am Abend in einer kurzen Aussendung, er weise „jedwede Herstellung einer Verbindung zwischen dem von mir verwendeten Begriff ‚konzentriert‘ und Begrifflichkeiten des verabscheuungswürdigen NS-Verbrecherregimes entschieden zurück“. Und er erinnerte daran, diese „Klarstellung“ bereits bei der Pressekonferenz selbst getätigt zu haben.
Der Begriff „konzentriert“ habe sich ausschließlich auf eine „geordnete (zeitlich und strukturell) Durchführung von Asylverfahren im Interesse sowohl der Schutzbedürftigen als auch des Gastlandes“ bezogen. Jede anderweitige Interpretation seiner Aussagen weise er zurück, so Kickl in der Aussendung.
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