Baumaffäre bekommt Fortsetzung
Roms armseliger Christbaum wird für Bürgermeisterin Virginia Raggi von der Fünf-Sterne-Bewegung (Movimento 5 Stelle, M5S) zum Alptraum. Mit dem Fall der kahlen Fichte, die vor Weihnachten zum Gespött der Römer geworden ist und den Spitznamen „Spelacchio“ („der Gerupfte“) erhalten hat, beschäftigt sich jetzt die Antikorruptionsbehörde ANAC.
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Diese prüft die hohen Transportkosten der Fichte aus dem norditalienischen Val di Fiemme. In den vergangenen drei Jahren sei mit Transport, Aufstellen und Entsorgen des Christbaums dieselbe Firma beauftragt worden. Das entspricht laut ANAC nicht dem Rotationsprinzip, das für öffentliche Aufträge vorgeschrieben ist. Die Firma habe 37.000 Euro für den Auftrag kassiert, denselben Betrag wie 2015, als sie jedoch zwei Weihnachtsbäume transportiert und aufgestellt hatte.

Reuters/Alessandro Bianchi
Die römische Bürgermeisterin Virginia Raggi ist froh, „lebend die Amtszeit zu beenden“
Weltweites Gespött - auch über Raggi
Roms „trauriger“ Christbaum war zum weltweiten Gespött geworden - und zum Symbol für den Humor der Römer. Nicht nur pilgerten massenweise Touristen zu der 21 Meter hohen Fichte unweit des Kapitolhügels und posieren vor dem arg kahlen Baum. Viele Menschen hefteten auch Botschaften an den allseits kritisierten Magerbaum.

Reuters/Tony Gentile
Der Baum des Anstoßes vor dem Viktor-Emanuel-II.-Denkmal mitten in Rom
Der Spott ging allerdings ebenfalls vor allem auf das Konto von Raggi, die den Römern schon das zweite Jahr in Folge einen tendenziell schäbigen Baum präsentiert hatte. Vielen sehen den Baum als Symbol für das schlechte Funktionieren der Stadt und der Regierung.
Mitten im Wahlkampf
Für die Fünf-Sterne-Bewegung kommt die Affäre zur Unzeit. Sie platzt in den Wahlkampf. In Italien wird am 4. März ein neues Parlament gewählt. In Umfragen liegt das Rechtsbündnis aus Forza Italia, Lega Nord und der rechtsextremen Partei Fratelli d’Italia derzeit vor M5S und der regierenden linksgerichteten Demokratischen Partei (PD).
Im Gespräch mit Journalisten hatte Raggi vor Weihnachten bereits angekündigt, dass sie nicht für ein zweites Mandat kandidieren werde. „Es ist schon ein Erfolg, lebend die Amtszeit zu beenden“, sagte die 39-Jährige.
Müllentsorgung und Verkehr als große Probleme
Die seit Juni 2016 amtierende Raggi, erste Frau an der Spitze der römischen Stadtregierung, versicherte, sie folge den Regeln ihrer Fünf-Sterne-Bewegung, die zwei Amtsperioden für Spitzenposten verbietet. Sie ist immer wieder mit dem Vorwurf der Unerfahrenheit im Umgang mit einer problematischen Metropole wie Rom konfrontiert.
Raggi, die bei der Bürgermeisterstichwahl in Rom im Juni 2016 70 Prozent der Stimmen geholt hatte, hat seit ihrer Amtseinführung mit erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Die Rechtsanwältin hat schon mehrere Mitarbeiter verloren. Die größten Probleme der Stadt - Verkehr und Müllentsorgung - habe die Bürgermeisterin nicht unter Kontrolle bekommen, sagen Kritiker.
Vorwurf der Falschaussage
Die Fünf-Sterne-Politikerin ist noch in eine andere Affäre involviert. Eine Untersuchungsrichterin nahm am Freitag den Antrag von Raggi auf ein Schnellverfahren an. Damit wird sich die populistische Bürgermeisterin am 21. Juni wegen Falschaussage vor Gericht verantworten müssen, beschloss die Richterin laut Medienangaben.
Raggi soll laut Anklage Renato Marra, dem Bruder des im Dezember 2016 festgenommenen Personalchefs der Gemeinde Rom, Raffaele Marra, einen Job als Chef des Tourismussektors beschafft und vor der Antikorruptionsbehörde falsche Angaben zu diesem Fall gemacht haben. Raffaele Marra war wegen Korruption festgenommen worden.
Raggi war auch des Amtsmissbrauchs verdächtigt worden. Dieser Vorwurf wurde von der römischen Staatsanwaltschaft jedoch fallen gelassen. Diese Ermittlungen gegen Raggi hatten die Fünf-Sterne-Bewegung um den Starkomiker Beppe Grillo, die sich Ehrlichkeit und Transparenz in der Politik auf die Fahne geschrieben hat, schwer getroffen.
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