Zwei Gesetzestexte durch Ministerrat
Mit einer Pressekonferenz von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) ist die erste Klausur der ÖVP-FPÖ-Regierung Freitagmittag zu Ende gegangen. Wie bereits im Vorfeld angekündigt, hatten die beiden Regierungschefs erste Ministerratsbeschlüsse im Gepäck.
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In den zwei Tagen auf der südsteirischen Burg Seggau habe man die Zeit für den Austausch genutzt, sagte Kurz. Überdies habe die Regierung aber „Gott sei Dank“ bereits „erste Beschlüsse gefasst“, so der Kanzler. Wichtig seien „nicht nur Visionen, sondern dass diese auch auf den Boden gebracht werden“. Neues war dabei freilich kaum noch dabei. Habe die Regierung doch auf Drängen der Medien bereits im Vorfeld die Details bekanntgegeben, so der Kanzler auf Nachfrage.

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„Gott sei Dank“ könne die Regierung erste Beschlüsse präsentieren, so Kurz nach der Klausur
Konkret handelt es sich dabei zuvorderst um zwei Gesetzestexte, die nun der Ministerrat absegnete. So ging mit Freitag jener Gesetzesentwurf in Begutachtung, mit dem Familienbeihilfe an Kinder im EU-Ausland an die dortigen Lebenserhaltungskosten angepasst - in den meisten Fällen also reduziert - werden soll. Die Maßnahme ist EU-rechtlich umstritten. Kurz gab sich aber einmal mehr selbstsicher, damit auch gegenüber der EU-Kommission durchzukommen.
Sparen im Ausland, entlasten im Inland
Mehr als 100 Millionen Euro ließen sich damit einsparen, sagte Kurz. „Einsparungen, die wir gut zur Entlastung der kleineren Einkommen verwenden können“, so der Kanzler. Der zweite am Freitag verabschiedete Gesetzesentwurf hat das zum Thema: Bei Einkommen bis monatlich 1.948 Euro brutto soll der Arbeitslosenversicherungsbeitrag gesenkt werden bzw. bis zu einer Grenze von 1.648 Euro ganz entfallen. „Jetzt liegt ein konkreter Gesetzesvorschlag vor, der in Umsetzung geht“, sagte Vizekanzler Strache am Freitag.
Fahrplan für Budgeterstellung
Eine grundsätzliche Einigung erzielte die Regierung auch bei den Einsparungsplänen. Für 2018 und 2019 ist ein strukturelles Defizit von 0,5 Prozent vorgesehen. Um 2,5 Milliarden Euro schlanker soll das Budget allein in diesem Jahr ausfallen. Die Zahl hatte Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) bereits im Vorfeld der Klausur genannt. Im Ministerrat zum Abschluss des Arbeitstreffens fassten die Ressortchefs nun den entsprechenden Schluss.
Strache und Kurz ziehen Bilanz
Kurz und Strache traten zum Abschluss der Regierungsklausur vor die Presse.
Präsentiert werden soll das Doppelbudget für 2018 und 2019 im Frühjahr. Auf der Klausur habe sich die Regierung grundsätzlich darauf verständigt, in welchen Bereichen Einsparungen erfolgen sollen, sagte Löger am Rande des Arbeitstreffens. Zu konkreten Sparvorgaben in ihren Ressorts haben sich die einzelnen Ministerinnen und Minister allerdings noch nicht verpflichtet. Die konkreten Details der Budgeterstellung sollen mit den verschiedenen Ministerien bis März erarbeitet werden, sagte Löger.
Klimastrategie und kein Konvent zu Deregulierung
Darüber hinaus verkündete Kurz nach der Klausur ein „klares Bekenntnis zu einer Klima- und Energiestrategie“. Diese soll bis März erarbeitet und noch vor dem Sommer beschlossen werden. „Wir wollen den Ausbau der erneuerbaren Energie vorantrieben und natürlich auch auf Energieeffizienz setzen“, so Kurz.
Anders als noch im Vorfeld der Klausur angekündigt, soll nun zum Thema Deregulierung doch kein Konvent stattfinden. „Wir wählen bewusst den gegenteiligen Weg“, sagte Kurz. Justizminister Josef Moser habe nun „die Aufgabe übernommen, die Flut an Regelungen zu kontrollieren“. Die Überregulierung sei zu einem Wettbewerbsnachteil geworden. „Die größte Hürde für Unternehmen in Österreich hat ein Format, und das ist DIN A4“, so der Kanzler.

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In den kommenden Monaten müssen die Ressortchefs festlegen, wo sie im Detail den Sparstift ansetzen wollen
In einem ersten Schritt werde der gesamte Rechtsbestand überprüft - und es werde versucht, diesen zu „entrümpeln“. Auch die Übererfüllung von EU-Recht, „Golden Plating“ genannt, solle ausfindig gemacht und dort, wo es nötig ist, zurückgefahren werden, bestätigte Kurz die bereits zuvor gemachten Ankündigungen.
„Eliteschule“ für den Sicherheitssektor
Überdies stand im Ministerrat zum Ende der Regierungsklausur noch ein Einzelfall auf der Tagesordnung: das Militärgymnasium Wiener Neustadt. Die Regierung habe den Erhalt des Schulbetriebs im Schuljahr 2018/19 beschlossen, sagte Strache. Außerdem sei eine Kooperation mit dem Innenministerium geplant. Die „Eliteschule“ solle zu einer Ausbildungsstelle für den Sicherheitssektor werden.
Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) berichtete am Freitag bei der Regierungsklausur überdies von „Leuchtturmprojekten“ aus seinem Ressort. Im gesamten Bundesgebiet würden „Sicherheitsinseln“ festgelegt. Das sind Kasernenstandorte mit einer eigenständigen Energie- und Wasserversorgung sowie Vorrat an notwendigen Versorgungsgütern für einen längeren Zeitraum, um im Krisenfall die Blaulichtorganisationen und die Zivilbevölkerung rasch unterstützen zu können.
„Es gilt, was im Regierungsprogramm steht“
Keine weiteren Details gab es zu den in den vergangenen Tagen medial breit diskutierten Änderungen beim Arbeitslosengeld. „Es gilt das, was im Regierungsprogramm steht“, sagte Kurz auf Nachfrage. Laut dem Kanzler sollen Personen, die kürzer gearbeitet haben, Anspruch auf geringere Leistungen haben und diese auch nur kürzer in Anspruch nehmen können. Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) hatte zuvor in mehreren Interviews hingegen gesagt, dass das Arbeitslosengeld nicht zeitlich begrenzt werden solle.
Wie die Regelung im Detail aussehe, sei eine „absolut berechtigte Frage“, sagte Kurz. Die Regierung habe sich 2.000 Maßnahmen für die gesamte Legislaturperiode vorgenommen. Die könne und wolle man nicht alle in den ersten zweieinhalb Wochen umsetzen.
Ganz ähnlich fielen Kurz’ Ausführungen zu dem - ebenfalls von Hartinger-Klein ins Spiel gebrachten - Wegfall der Selbstbehalte im Gesundheitswesen aus. Der Regierung gehe es um die Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger. Das sei ein noch größere Projekt als das „Arbeitslosengeld neu“. „Das Thema wird uns noch Jahre begleiten“, so Kurz.
Strache fühlte sich missverstanden
Ebenfalls auf der Klausur - zumindest offiziell - kein Thema war laut der Regierungsspitze die Frage der Unterbringung von Asylwerbern. Strache sagte überdies, dass seine Überlegung, Asylwerber in Wien künftig in Kasernen unterzubringen, aus dem Zusammenhang gerissen bzw. überinterpretiert worden sei. Es werde hier „aus einer Maus ein Elefant produziert“.
Seine Aussagen zu den Kasernen in dem „Wien heute“-Interview seien im Zusammenhang mit eventuell leerstehenden Objekten gefallen, wollte Strache klarstellen. „Aber es ist kein Thema, weil wir sie nicht benötigen“, man habe zur Zeit keinen Bedarf an Objekten. Er sei „fast schon belustigt, was da hineininterpretiert wird“, so der Vizekanzler.
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