Themenüberblick

In Österreich seit 2010 Gesetz

Politiker verschiedener deutscher Parteien haben eine konsequentere Altersprüfung junger Flüchtlinge verlangt. Die Forderungen wurden nach der tödlichen Messerattacke auf eine 15-Jährige in der deutschen Kleinstadt Kandel laut. Am Alter des mutmaßlichen Täters aus Afghanistan waren Zweifel aufgetaucht. Ein medizinisches Gutachten soll nun prüfen, ob er minderjährig ist.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Wäre der mutmaßliche Täter volljährig, müsste er sich nach dem Erwachsenenstrafrecht verantworten. In Österreich ist bereits seit Jänner 2010 bei Zweifel an der Minderjährigkeit eine medizinische Altersbegutachtung gesetzlich vorgesehen. Mit Hilfe einer Röntgenuntersuchung der Handwurzel wird dabei kontrolliert, ob die Wachstumsfugen bereits geschlossen sind.

CSU fordert verpflichtende Altersfeststellung

Das wurde in Deutschland nun auch von der CSU verlangt. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer (CSU), sah in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ („FAZ“) „sehr gute Gründe dafür, dass wir - wie viele andere EU-Länder - eine verpflichtende medizinische Feststellung des Alters von angeblich minderjährigen Jugendlichen vornehmen“.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: „Wir brauchen eine strikte Regelung für eine medizinische Altersüberprüfung von allen ankommenden Flüchtlingen, die nicht klar als Kinder zu erkennen sind.“ Dafür werde sich die CSU in den Koalitionsverhandlungen mit der SPD einsetzen. „Noch immer täuschen zu viele Flüchtlinge ein jugendliches Alter vor.“ Das Alter ist wichtig für das Strafrecht und die Leistungen für Asylwerber.

De Maiziere fordert Neuregelung

Der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) forderte eine gesetzliche Neuregelung. Wenn kein offizielles Dokument vorliege, solle, soweit geboten, auch durch ärztliche Untersuchung das Alter festgestellt werden können, sagte de Maiziere. Dafür solle das Sozialgesetzbuch geändert werden.

Es sei „nicht zu viel verlangt, wenn die Betroffenen sich aktiv an der Feststellung ihres Alters beteiligen müssen“, sagte de Maiziere. Das sei durch Vorlage amtlicher Dokumente möglich. In allen anderen Fällen müsse den zuständigen Jugendämtern verbindlich vorgegeben werden, was zu tun sei.

SPD lehnt Untersuchungspflicht ab

SPD-Parteichef Martin Schulz hielt kurz vor Start der Sondierungsgespräche nichts von obligatorischen Alterstests. Man könne nicht „aus jedem Einzelfall eine Gesetzesänderung ableiten“, sagte Schulz der „Bild“-Zeitung. Der Fall in Kandel habe ihn „zutiefst erschüttert. Deshalb finde ich es auch richtig, dass im Zweifelsfall eine Altersprüfung angeordnet werden kann. Das wird von der aktuellen Gesetzeslage ja auch ermöglicht“, sagte Schulz.

Der SPD-Innenexperte Burkhard Lischka befürwortete „einheitliche Standards“, auf die sich Bund und Länder einigen sollten. „Es ist unbefriedigend, wenn jedes Jugendamt in Deutschland weitestgehend eigenständig entscheidet, wie die Altersfeststellung erfolgt“, sagte er der „Welt am Sonntag“. Eine Untersuchungspflicht lehne er ab.

Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Forensische Altersdiagnostik, Professor Andreas Schmeling, sagte der Zeitung: „Zwar kann man nicht das exakte Alter bestimmen, doch der zweifelsfreie Nachweis der Volljährigkeit ist möglich.“

Linke kritisiert Vorschlag

Die deutsche Linkspartei kritisierte die CSU-Forderung scharf. Das sei „grundrechtswidriger Unfug“, sagte ihre Innenpolitikerin Ulla Jelpke in Berlin. „Röntgenaufnahmen stellen einen Eingriff in die persönliche Unversehrtheit und eine Vorverurteilung Schutzsuchender dar.“

Die AfD hingegen erklärte, sie fordere „seit rund zwei Jahren obligatorische Altersfeststellungen“. Ihre Bundestagsfraktionsvorsitzende Alice Weidel warf den Behörden „staatliches Versagen auf ganzer Linie“ vor. Der bayrische AfD-Chef Martin Sichert teilte mit: „Eine systematische Altersbestimmung bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen ist unerlässlich.“

Links: