Selfie-Frame für Touristen
Das an Superlativen nicht gerade arme Dubai ist um eine Attraktion reicher: Dieser Tage ist der weltgrößte Bilderrahmen eröffnet worden. Bild wird keines gezeigt, aber wer durchschaut, sieht auf der einen Seite die Altstadt, auf der anderen Seite die futuristische Skyline. Der Architekt fühlt sich betrogen.
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Zu Silvester wurde der Doppelturm mit Querverstrebung nach einer zehnjährigen Bauzeit eröffnet - und sogleich von Touristen und Einheimischen gestürmt, wie die „Khaleej Times“, eine englischsprachige Tageszeitung im Raum des Persischen Golfs, berichtete. Zwei Schlangen hatten sich schon von der Früh an gebildet - vor allem deshalb, weil der Rahmen in einer Stunde nur ungefähr 200 Menschen aufnehmen kann.
Im Erdgeschoß des Gebäudes wird eine Ausstellung über die Geschichte Dubais gezeigt: von einem unbedeutenden Stück Wüste zur glitzernden Kommerzmegacity, die im architektonischen Größenwahn der Machthaber mit keiner zweiten auf der Welt zu vergleichen ist, plus einen Ausblick in die Zukunft. Oben, im Querbalken des Rahmens, wartet dann die eigentliche Attraktion: der Blick auf die Stadt aus 150 Meter Höhe.

Fotolia/Leonid Andronov
Der Rahmen vor seiner Fertigstellung
Nichts für schwache Nerven
Der Blick durch den Glasboden nach unten ist nichts für schwache Nerven, wie ein indischer Tourist gegenüber der „Khaleej Times“ lachend zugab: „Du denkst die ganze Zeit nur: Wird das unter mir einbrechen? Eine berechtigte Frage.“ Andere Besucher zeigten sich am ersten Tag vor allem vom Ausblick beeindruckt. Im Norden sieht man auf die Altstadt von Deira, im Süden auf die Wolkenkratzer der Scheich-Sajid-Straße im Süden.
Aber man muss ja nicht unbedingt hinauffahren. Noch vor seiner Eröffnung ist der Rahmen, beziehungsweise der darunterliegende Park, zum Besuchermagneten geworden - und zwar für verliebte Paare und Frischvermählte. Die stellen sich so hin, dass sie „eingerahmt“ werden - „#nofilter“, also in diesem Fall ohne die vorgefertigten, digitalen Rahmen, wie sie in Sozialen Netzwerken angeboten werden.
Architekt sieht sich betrogen
Aber nicht nur Liebe schwirrt in der Luft zwischen den Streben des Dubai Frame. Denn der ursprüngliche Architekt des Gebäudes, der Mexikaner Fernando Donis, sieht sich laut „Guardian“ um sein geistiges Eigentum betrogen. Er hat mit seinem Rahmenkonzept einen Architektenwettbewerb im Jahr 2008 gewonnen, bei dem es darum ging, ein neues, ikonisches Emblem für Dubai zu entwerfen.
Sein Rahmen war jedoch schlicht und weiß und sollte als dünne, fast unsichtbare Skulptur eine Abkehr von geschmacklosem Protz und Prunk signalisieren. Protz und Prunk sollte man nur sehen, wenn man durch das Gebäude hindurchblickt. Einen Vertrag, dass er sich nicht in den Bau seines Werks einmischen dürfe, wollte er nicht unterschreiben. Also wurde das Projekt ohne ihn umgesetzt - als goldenes Protz- und Prunkstück. Der Versuch einer Klage blieb erfolglos, weil die Verwaltung Dubais jede Klage genehmigen muss - auch eine Klage gegen sich selbst. Eine solche Genehmigung blieb aus.
Ein Rahmen für die Weltausstellung
Wie der „Guardian“ berichtete, glänzt der Rahmen nicht von ungefähr gülden über dem Golf - denn Dubai soll 2020 die Weltausstellung beherbergen, und deren Signalfarbe wird, wenig überraschend, Gold sein. Alleine heuer hat Dubai zur Vorbereitung der Expo Bauaufträge in Höhe von umgerechnet drei Mrd. Dollar vergeben. Darum bewerben konnten sich in- und ausländische Firmen. Das Land rechnet damit, insgesamt knapp sieben Mrd. Dollar in die Infrastruktur rund um die Weltausstellung zu investieren.
Neben einem Pavillongelände und einem Ausstellungszentrum werden auch andere öffentliche Gebäude sowie Hotels gebaut. Finanziert wird das Großprojekt aus Staatsmitteln und über Schulden, die von Exportkreditversicherungen anderer Länder abgesichert werden. Zu der sechsmonatigen Schau werden ab Oktober 2020 rund 25 Millionen Besucher erwartet.
Aufwärtstrend nach Finanzkrise
Das teure Prestigeevent wird Dubai mutmaßlich nicht überfordern. Denn mit der Wirtschaft des Golfemirats, das durch die Finanzkrise 2008 übel gebeutelt wurde, geht es bergauf, wie die „Khaleej Times“ unter Berufung auf eine Studie der Beraterfirma Oxford Economics berichtete. Dubai soll schon 2035 zu den hundert reichsten Städten der Welt gehören, was das Bruttoinlandsprodukt betrifft - also den Wert sämtlicher produzierter Waren und sämtlicher Dienstleistungen pro Kopf und Jahr. Der momentane Aufschwung wird - nicht nur, aber besonders - vom Tourismus getragen, der von kuriosen Projekten wie dem Dubai Frame profitiert.
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