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Inhalt vs. Klang

Verständlich soll er sein, der Markenname auf Chinesisch, leicht auszusprechen und nicht gegen chinesische Sitten verstoßen. Die Eigenarten der chinesischen Sprache und der chinesischen Schrift zwängen aber ausländische Unternehmen in ein enges Korsett bei der Namenssuche für den chinesischen Markt.

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Vor allem die Aussprache ist ein großes Hindernis, denn viele Chinesen können „Ford“ oder „Sprite“ einfach nicht aussprechen, es gibt keine chinesischen Silben dafür. Zu Beginn der chinesischen Marktöffnung vor mehr als 20 Jahren setzten die meisten westlichen Unternehmen in China auf die semantische Übersetzung ihres Firmennamens ins Chinesische. Das hat den Vorteil, dass Chinesen erkennen, worum es sich handelt. „Volkswagen“ ist demnach „Dazhongqiche“, „dazhong“ für Volk, „qiche“ für Fahrzeug – in der Praxis hat sich mittlerweile die Kurzform „Dazhong“ durchgesetzt.

Ungetüme a la „Bafaliyafadongjichan“

Die inhaltliche Übersetzung hat aber oft einen Nachteil: zu kompliziert, zu lang, zu unverständlich. Zum Beispiel „BMW“. „Bayrische Motorenwerke“ würde wörtlich übersetzt ein Wortungetüm ergeben: „Bafaliyafadongjichan“. In diesem Fall bietet sich die phonetische Übersetzung an, also eine Übersetzung nach Wortklang. „BMW“ wird so zu „Baoma“, was Chinesen leicht aussprechen können und dem Wortklang im Original mit etwas Phantasie nahe kommt.

„BMW“ hat mit dieser Übersetzung aber auch inhaltlich ins Schwarze getroffen. „Baoma“ heißt – wörtlich übersetzt – „kostbares Pferd“. Ein Name, mit dem sich gut Marketing betreiben lässt. Auch Mercedes hat mit seinem chinesischen Namen „Benchi“ (Benz) den Vogel abgeschossen: „Benchi“ heißt „schnell und sicher fahren“ – und passt perfekt zum Image der deutschen Nobelkarossen.

Kombo verschiedener westlicher Supermarktprodukte mit chinesischer Aufschrift

ORF/Josef Dollinger

Die chinesische Bezeichnung für Coca-Cola heißt wörtlich übersetzt „angenehmer Geschmack und Glück“, Pepsis Name bedeutet „Alles Cola“, Nestle heißt „Spatzennest“ und Tempo „Schatz bekommen“

Coca-Cola als Glücksfall

Eine inhaltliche Übersetzung, die auch phonetisch passt und knackig klingt – das ist der seltene Idealfall auf diesem heiklen Gebiet. Zum Beispiel „Coca-Cola“: Auf Chinesisch heißt es „kekou-kele“, was klanglich eine große Nähe zum Original aufweist und wörtlich übersetzt "angenehmer Geschmack und Glück“ heißt. Das kommt einem Lottosechser für Branding-Experten gleich.

Die phonetischen Übersetzungen überwiegen mittlerweile bei Weitem, von den steifen, komplizierten semantischen Übersetzungen ist man überwiegend abgekommen. In China haben sich mittlerweile eigene Branding-Agenturen auf den Namenstransfer ins Chinesische spezialisiert, für eine erfolgreiche Namensfindung muss man schon einen fünfstelligen Euro-Beitrag kalkulieren.

Pech und Pannen

Eine Investition, die sich lohnt, wenn man die zahlreichen Pannen betrachtet, die ausländische Unternehmen auf dem chinesischen Markt bereits geliefert haben. So hat der französische Autohersteller „Peugeot“ auf eine phonetische Übersetzung gesetzt: „Biaozhi“. Leicht abgewandelt („Biaozi) wird daraus aber die Prostituierte. Der Werbespruch, mit dem Peugeot auch noch „besten Service“ anbot, sorgte für Spott und Hohn in China.

Ähnlich erging es dem Pharmaunternehmen Pfizer mit „Viagra“. Die Übersetzung „Wanaike“ bedeutet: ein Gast, der 10.000 Mal Liebe macht. Das war sogar den Chinesen zu derb. Auch die Übersetzung von „7Up“ führte zu einer anzüglichen Aufforderung, mit jemandem sieben Mal ins Bett zu gehen. Mittlerweile hat „7Up“ seinen chinesischen Auftritt in „Sieben Freuden“ umgetauft. Ein Schelm, wer weiter Anzügliches dabei denkt.

Kombo verschiedener westlicher Supermarktprodukte mit chinesischer Aufschrift

ORF/Josef Dollinger

Maggi heißt in China „sehr schön“, Hipp „glückliches Baby“, Kotanyis chinesische Bezeichnung „Kedayi“ hat keine spezielle Bedeutung, Kinder Schokolade nennt sich in China „gesund erhalten“

„Ich liebe Bing“

Nicht ganz geglückt ist auch der chinesische Name für „Airbnb“. „Aibiying“ hinterlässt zu viel Interpretationsspielraum. Wörtlich übersetzt „jeden mit Liebe willkommen heißen“, schlampig ausgesprochen kann es auch „ich liebe Bing“ (Microsoft-Suchmaschine) heißen. Das „bi“ in der Mitte ist auch ein abfälliger homophober Begriff. Aber phonetisch wäre „Aibiying“ durchaus in Ordnung.

„Adidas“ wurde mit „Adidasi“ übersetzt – klingt gut, ist aber mit vier chinesischen Schriftzeichen viel zu lang und hat außerdem keine inhaltliche Bedeutung. Wie gut für das Sportunternehmen aus Herzogenaurach, dass es die drei Streifen gibt. Logos brauchen nicht übersetzt zu werden, man muss sie nur unters Volk bringen. Auch der Smartphone- und Computer-Primus aus Kalifornien hat keine Probleme mit der Übersetzung. Den angebissenen Apfel erkennt man weltweit – und er braucht nicht weiter übersetzt zu werden.

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