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Hits aus dem Archiv

Für die Musikindustrie ist das Weihnachtsgeschäft ein Segen. Alle Jahre wieder setzen sich dieselben, einschlägig bekannten Titel in den Charts fest. Allen Umbrüchen in den Nutzungsgewohnheiten der Konsumenten zum Trotz erfreuen sich auch Weihnachtscompilations nach wie vor großer Beliebtheit.

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Der Verband der österreichischen Musikwirtschaft (IFPI) rechnet rund um Weihnachten 2017 mit etwa 200.000 verkauften Tonträgern und Downloads, die sich inhaltlich auf Weihnachten beziehen. Der Anteil des Weihnachtsgeschäfts am Gesamtjahresumsatz macht rund 15 Prozent aus, so der IFPI auf Anfrage von ORF.at.

Die Eigendynamik des Festes

Für bestimmte Lieder besorgt der Kalender das Marketing: Weihnachtssongs wie „Last Christmas“ von Wham!, Mariah Careys „All I Want For Christmas is You“, Shakin Stevens’ „Merry X-Mas Everyone“, John Lennons „Happy Xmas (War Is Over)“ und das „Stille Nacht“ der Wiener Sängerknaben verkaufen sich Jahr für Jahr ohne großes Marketing durch die zuständigen Plattenfirmen.

„Bei Weihnachtsalben gibt es solche Selbstläufer jedoch nicht. Ohne entsprechende Bewerbung sind mit Alben keine großen Umsätze zu erzielen“, beschreibt Henri Erben, Produktmanagerin bei Sony Music Austria, die Grenzen der weihnachtlichen Eigendynamik.

Streaming unterm Baum

Wobei sich Trends zeigen, die angesichts des Medienwandels zu erwarten waren: „Durch das in den letzten Jahren immer beliebter gewordene Musikstreaming tauchen viele Weihnachtssongs erst knapp um Weihnachten in den Charts auf. Nach dem Motto: Die Kerzen brennen schon, und jetzt noch die passenden Lieder streamen“, so Thomas Böhm vom IFPI.

George Michael und Andrew Ridgeley

APA/AP/Neal Ulevich

George Michael und Andrew Ridgeley, besser bekannt als Wham!

Trotz Streamings erweisen sich Weihnachtscompilations als krisenfester als andere Compilations. Sony-Produktmanagerin Erben sieht dafür mehrere Gründe: „Zum einen werden entsprechende Produkte überwiegend von einer weniger streamingaffinen Zielgruppe gekauft. Zum anderen überwiegt möglicherweise aus praktischen Gründen das Bedürfnis, den weihnachtlichen Soundtrack zur Weihnachtsfeier oder zur Bescherung physisch zur Hand zu haben.“

Insgesamt machen Alben, die Songs diverser Künstler zusammenfassen, in etwa zehn Prozent des gesamten Musikmarktes aus. In den Kalenderwochen 50 bis 52 gehen in Österreich die meisten Tonträger über die Ladentische.

Weihnachtsrepertoire „bliebt konstant“

Aus inhaltlicher Sicht haben die Verkäufe rund um die Weihnachtszeit wenig Neues zu bieten: „Das typischerweise beliebte Weihnachtsrepertoire bleibt bemerkenswert konstant und umfasst zum einen traditionelle Weihnachtslieder und zum anderen eine breite Spanne an Weihnachtshits aus dem Bereich der Populärmusik, von Frank Sinatra über Wham! bis zu Hits neueren Datums wie ‚Little Drummer Boy‘ von Pentatonix“, so Erben auf die Frage, welche Musik sich rund ums Fest in Österreich besonders gut verkauft.

„Klassiker wie ,Last Christmas’ und ,Let It Snow, Let It Snow, Let It Snow’ werden durch den häufigen Einsatz in Radio, Film und TV in jeder Weihnachtssaison schon beim jugendlichen Publikum etabliert“, erklärt Erben die akustische Konstanz rund um das Weihnachtsfest. „Das Repertoire der nachhaltig erfolgreichen Titel erweitert sich verhältnismäßig langsam um neuere Aufnahmen.“ Neben der Popmusik spielen die Bereiche Schlager und volkstümliche Musik sowie Kinderentertainment die kommerziell größte Rolle in Österreich.

Weihnachten für jeden Geschmack

Die Zeiten, in denen um Authentizität bemühte Kunstschaffende einen großen Bogen um weihnachtliche Kitschlieder gemacht haben, sind aber generell vorbei; kleine deutsche Indie-Bands warten genauso mit Weihnachtsalben auf wie Heavy-Metal-Größen wie Judas-Priest-Sänger Rob Halford.

Zudem gab es in den letzten Jahren eine Flut an Wiederveröffentlichungen, die auch Perlen wie das Soul-Weihnachtsalbum der Produzentenlegende Phil Spector aus den 1960er Jahren wieder an die Oberfläche gespült hat. Böse Zungen behaupten, dass im Pop die letzten Hemmungen hinsichtlich Weihnachtssongs allerspätestens mit dem 2009 überraschend erschienenen Weihnachtsalbum von Bob Dylan gefallen sind.

Tantiemen, die faszinieren

Weihnachtssongs und die damit verbundenen Geldflüsse wissen in der Popkultur auch auf andere Art zu faszinieren. Der britische Starautor Nick Hornby hat sich für seinen Bestseller „About A Boy“ eine wohlstandsverwahrloste Titelfigur ausgedacht, die deshalb jede Menge Zeit hat, mit alleinerziehenden Müttern anzubandeln, weil ihr Vater den Weihnachtshit „Santa’s Super Sleigh“ geschrieben hat. Von den jährlich anfallenden Tantiemen kann der Protagonist komfortabel leben.

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