Neue Episode in Trumps Twitter-Krieg
Die Beziehung zwischen US-Präsident Donald Trump und der britischen Premierministerin Theresa May hat einen herben Dämpfer erlitten. Ausgangspunkt des Konflikts waren islamfeindliche Videos britischer Rechtsextremisten, die Trump am Mittwoch kommentarlos über den Kurznachrichtendienst Twitter geteilt hatte.
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Die drei Videos waren von der rechtsextremen Gruppierung Britain First verbreitet und mit islamfeindlichen Texten unterlegt worden. Die Weiterverbreitung durch Trump sorgte für Empörung, nicht zuletzt in London: „Es ist falsch vom US-Präsidenten, das getan zu haben“, sagte Mays Sprecher. Britain First versuche, die britische Gesellschaft durch den Gebrauch „hasserfüllter Erzählungen“ zu spalten. „Die britische Gesellschaft lehnt diese vorurteilsbehafteten Phrasen der Rechtsextremen mehrheitlich ab.“ Denn diese seien das Gegenteil von „Anstand, Toleranz und Respekt“ - Werte, für die Großbritannien einstehe.
In der Nacht auf Donnerstag reagierte wiederum Trump - erneut via Twitter - auf die Kritik: „Kümmern Sie sich nicht um mich, kümmern Sie sich um den zerstörerischen, radikalen islamischen Terrorismus im Vereinigten Königreich. Wir kommen schon klar!“ Trump brauchte zwei Anläufe, um seine Botschaft richtig zu adressieren: Sein erster Tweet erging an @theresamay - ein Twitter-Account, der einer anderen Nutzerin gehört. Der echte Account der Premierministerin lautet @theresa_may, wie es Trump in seinem zweiten Tweet dann auch richtig erwähnte. Der erste wurde inzwischen gelöscht.

APA/AFP/Tobias Schwarz
Trumps erste Tirade erging an einen falschen Theresa-May-Twitter-Account
Weißes Haus: Wahrheitsgehalt irrelevant
Zuvor hatte die Sprecherin des Weißen Hauses, Sarah Huckabee Sanders, die Kritik an Trump zurückgewiesen: Es gehe nicht um den Wahrheitsgehalt der Videos. „Die Bedrohung ist real, davon spricht der Präsident.“ Es gehe um die Notwendigkeit nationaler Sicherheit und militärischer Ausgaben. „Das sind sehr reale Dinge, es gibt nichts Falsches daran.“
May erneuerte am Donnerstag daraufhin ihre kritische Haltung. „Meine Haltung ist sehr deutlich, dass das Retweeten von Britain First falsch ist“, sagte May. Die Einladung an Trump zu einem Staatsbesuch in Großbritannien wolle sie jedoch nicht zurückziehen, sagte May bei einem Besuch in den jordanischen Hauptstadt Amman. „Die Einladung zu einem Staatsbesuch ist ausgesprochen und sie wurde akzeptiert. Wir müssen noch einen Termin festsetzen“, sagte May.
Hassvideos schon länger im Netz
Die Hassvideos sind bereits seit Längerem im Netz, sie waren von der britischen Rechtsextremistin Jayda Fransen online gestellt worden. Sie dokumentierten, so die stellvertretende Vorsitzende von Britain First, gewalttätige Übergriffe von Muslimen. Die Videos zeigen unter anderem einen bärtigen Mann in einem langen Gewand, der eine Marienstatue zertrümmert, sowie einen dunkelhaarigen Teenager, der einen blonden, auf eine Krücke gestützten Buben verprügelt.
Ein anderes zeigt, wie eine Gruppe Menschen einen jungen Mann von einem Dach drängt. Fransen dankte Trump nach der Weiterverbreitung der Videos: „Gott schütze Sie, Trump! Gott schütze Amerika!“ Die 31-jährige Juristin ist vorbestraft, weil sie eine Muslimin angegriffen hat.
Die niederländische Botschaft in den USA reagierte auf das Video, in dem der Bub auf Krücken verprügelt wird - der Täter sei keineswegs ein Migrant: „Die Fakten zählen. Der Täter in diesem Video ist in den Niederlanden geboren und aufgewachsen. Er ist nach niederländischem Recht bestraft worden“, schrieb die niederländische Botschaft in den USA auf Twitter.
„Der Präsident sollte sich schämen“
Die Retweets von Trump sorgen auch deshalb für Empörung, weil der Mörder der Labour-Abgeordneten Jo Cox bei seinem Angriff „Britain First“ geschrien hatte. Cox’ Witwer reagierte entsprechend schockiert. „Trump hat die extreme Rechte in seinem Land legitimiert, nun versucht er es in unserem Land zu tun“, sagte Brendan Cox. „Hass zu verbreiten hat Konsequenzen, und der Präsident sollte sich schämen.“
Auch mehrere Abgeordnete der oppositionellen britischen Labour-Partei verurteilten das Vorgehen Trumps. „Der Präsident der Vereinigten Staaten wirbt für eine faschistische, rassistische, extremistische Hassgruppe, deren Anführer festgenommen und verurteilt worden sind“, sagte David Lammy. Chuka Umunna forderte, Großbritannien müsse die Einladung für einen Besuch Trumps zurückziehen, weil er „den Hass normalisiert“.
Dem schloss sich auch der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan an: Es müsse nun klar sein, dass jeder offizielle Besuch des US-Präsidenten in Großbritannien nicht erwünscht sei, schrieb er auf Twitter. Trump fördere eine abscheuliche, extremistische Gruppe, die ausschließlich dazu da sei, Spaltung und Hass zu säen.
„Schockierend und schrecklich“
In den USA empörten sich Abgeordnete der Demokraten. Es sei „schockierend und schrecklich“, derartige Islamfeindlichkeit bei einem Präsidenten zu sehen, sagte Don Beyer. Trump ist für seine antimuslimischen Positionen bekannt, eine seiner ersten Amtshandlungen war ein Einreisestopp aus mehreren islamischen Ländern, der aber vor Gericht angefochten und mehrfach verändert wurde. Ihm war auch vielfach vorgeworfen worden, rassistische Ressentiments zu befördern. Im Sommer stellte er nach dem Tod einer Demonstrantin in Charlottesville das Verhalten von Rechtsextremisten und Gegendemonstranten auf eine Stufe.
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