Modewelt zunehmend polarisiert
Das Geschäft mit Luxus- und Billigmode wird im kommenden Jahr weiter wachsen, für die zahlreichen Marken in der Mitte des Markts wird es hingegen eng. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Studie des Unternehmensberaters McKinsey in Zusammenarbeit mit dem Branchenportal Business of Fashion, die diese Woche veröffentlicht wurde.
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Der Umsatz in der Modebranche nahm in den letzten Jahren konstant zu: Für 2018 wird laut der Studie ein durchschnittliches Umsatzwachstum von 3,5 bis 4,5 Prozent erwartet - damit verdreifachte sich das Wachstum seit 2016. Doch zwischen den verschiedenen Preissegmenten gibt es deutliche Unterschiede, die auf eine zunehmende Zweiteilung des Markts hindeutet.
Denn sowohl Luxus- als auch Billigmode wird im kommenden Jahr deutlich stärker wachsen als das mittlere Preissegment. Die Studie erwartet ein durchschnittliches Wachstum, das fast doppelt so hoch ist wie jenes der Unternehmen aus der Mitte des Modemarkts. Kundinnen und Kunden weichen zunehmend auf Angebote abseits der Mitte aus, was zahlreiche bekannte Namen unter Druck bringt.

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Der Rückgang im mittleren Preissegment ist auf ein verändertes Kaufverhalten zurückzuführen
Abstand zwischen Gewinnern und Verlierern wächst
Gegenüber dem deutschen „Handelsblatt“ sagt Achim Berg, einer der Herausgeber der Studie, dass der Abstand zwischen Gewinnern und Verlierern in der Branche „immer größer“ werde. „Auch für einige deutsche Mittelständler dürfte es eng werden“, so Berg. Unternehmen wie Esprit und S.Oliver kämpfen mit den Herausforderungen des Marktsegments. „Marken in der Mitte des Marktes haben es immer schwerer, sich gegenüber den Segmenten erschwinglicher Luxus und Luxus einerseits sowie den Discount-Filialisten zu behaupten“, sagt Berg.
Benetton-Gründer kehrt nach Verlusten zurück
Auch das italienische Traditionsunternehmen Benetton hatte in den vergangenen Jahren mit großen Verlusten zu kämpfen. Diese Woche kündigte der 82-jährige Mitbegründer des Konzerns, Luciano Benetton, an, an die Spitze von Benetton zurückzukehren. „2008 hatte ich das Unternehmen mit 155 Mio. Euro Aktiva verlassen. 2016 meldete es Verluste von 81 Mio. Euro. Und dieses Jahr wird es noch schlimmer sein. Für mich ist das ein unerträglicher Schmerz. Daher kehre ich zusammen mit meiner Schwester Giuliana zurück, die mit 80 Jahren wieder begonnen hat, Pullover zu machen“, so der Unternehmer im Interview mit der römischen Tageszeitung „La Repubblica“.
„Ich habe mich vom Konzern zurückgezogen, als alles noch gut ging. Ich wollte den Weg für neue Strategien und jüngere Energien frei machen. Doch es hat nicht funktioniert. Ich habe das Unternehmen meinem Sohn Alessandro anvertraut, der vor einem Jahr zurückgetreten ist. Das Unternehmen ist Managern überlassen worden. Einige haben wir inzwischen weggeschickt, andere sind selber gegangen“, so Benetton.
Seit 2008 musste das Unternehmen fast 2.000 Jobs abbauen, erst im Vorjahr verließ Benettons Sohn das Management, weil er mit den Umstrukturierungsplänen für den Modekonzern, die sein Onkel Gilberto vorantreibt, nicht einverstanden war. Auch Benetton leidet unter der Konkurrenz von Großkonzernen wie Zara und H&M.
Geschäft in Asien wird wichtiger
Die Ursachen für das strauchelnde Geschäft der Marken lassen sich an weiteren Trends auf dem Modemarkt ablesen. Vor allem das Geschäft außerhalb Nordamerikas und Europas wächst - ganz besonders in Asien. Im kommenden Jahr sollen die Verkäufe außerhalb der westlichen Märkte vom Rest der Welt eingeholt und sogar überholt werden, bis 2025 wird geschätzt, dass Einkäufe im Westen nur noch 45 Prozent des Markts ausmachen. Vielen Unternehmen fehlen jedoch die finanziellen Mittel, um etwa in Asien Fuß zu fassen.
Zugleich sieht die Studie Unternehmen aus dem asiatischen Raum bei technologischen Innovationen als Vorreiter. So stammen mehr als die Hälfte der globalen Onlineumsätze aus Asien. Das entspricht aktuellen Trends beim Konsumverhalten der Verbraucher und Verbraucherinnen, für die der Onlinekauf noch immer an Bedeutung zulegt.
Onlinehandel und Künstliche Intelligenz
Die McKinsey-Studie nennt zehn Trends für das kommende Jahr, alleine zwei davon nehmen direkt Bezug auf den Onlinehandel. Für Konzerne stelle sich nicht mehr die Frage, ob, sondern wann eine Zusammenarbeit mit großen Onlinehändlern stattfinde. Als Beispiele werden der US-Versandriese Amazon, Chinas Alibaba und das deutsche Unternehmen Zalando genannt. Deren Reichweite sei zu groß geworden, um sie als Verkaufskanäle zu ignorieren. Eine noch bedeutender Rolle soll auch dem Smartphone zukommen, das auch als moderne Zahlungsmethode häufiger eingesetzt wird.
Trotz des Booms beim Onlinehandel findet sich unter den Trends auch ein Fokus auf Personalisierung und Beratung. Einerseits setzen Firmen häufiger auf individuell anpassbare Produkte, um so dem Bedürfnis nach „Einzigartigkeit“ entgegenzukommen. Als Beispiel werden etwa individuell gefertigte Handtaschen und nach Wunsch gestrickte Sweater erwähnt. Andererseits soll die Kundschaft auch bei der Auswahl von Kleidung besser unterstützt werden.
Dabei soll auch Künstliche Intelligenz in der Branche eine verstärkte Rolle spielen: Angefangen von Chatbots, die bei der Beratung helfen, bis hin zu automatisierten Maschinen bei der Fertigung wird aktuellen Technologietrends in der Studie große Bedeutung in der Modewelt zugeschrieben. Ob Unternehmen mit dieser Entwicklung mitkommen, könnte letztlich darüber entscheiden, ob die Modebranche weiter auseinanderdriftet.
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