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Inzko ruft zu Besonnenheit auf

Kroatiens Regierungschef Andrej Plenkovic hat den Tod des vom UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag verurteilten Slobodan Praljak bestätigt und den Schuldspruch scharf kritisiert. Er sprach der Familie Praljaks am Mittwoch sein Mitgefühl aus und kündigte mögliche rechtliche Schritte seines Landes gegen Teile des Urteils an.

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Praljaks Tat spreche „vor allem von einer tiefen moralischen Ungerechtigkeit gegenüber sechs Kroaten aus Bosnien und Kroatien. Wir äußern Unzufriedenheit und bedauern das Urteil“, sagte Plenkovic laut Reuters. Von den Den Haager Richtern wurden zuvor die bereits vor Jahren in erster Instanz gefällten Haftstrafen gegen Praljak und weitere fünf Angeklagte bestätigt.

Für das UNO-Tribunal ist somit die Teilnahme aller sechs Angeklagten an einem gemeinsamen verbrecherischen Vorhaben unter Führung des damaligen kroatischen Präsidenten Franjo Tudjman erwiesen. Dieses zielte laut dem rechtskräftigen Urteil auf den Anschluss des Gebietes der damals selbst proklamierten Herceg Bosna unter Kontrolle der bosnisch-kroatischen Truppen an Kroatien ab. Tudjman selbst wurde vom UNO-Tribunal nie angeklagt.

„Unbegründet und ungerecht“

Das Urteil spiele Plenkovic zufolge fälschlicherweise auf eine Rolle Kroatiens im Bosnien-Krieg an. Die Führung Kroatiens könne in keiner Weise mit den Geschehnissen in Verbindung gebracht werden. Das Urteil ist laut dem kroatischen Premier somit „unbegründet und ungerecht, kollidiert mit den Fakten und ist als solches für Kroatien inakzeptabel“.

Parlamentspräsident Gordan Jandrokovic äußerte sich ähnlich: „Was heute (in dem Urteil, Anm.) ausgesprochen wurde, entspricht nicht der Wahrheit“, sagte er. Die Kroaten seien Opfer von all dem, was im Bosnien-Krieg geschehen sei. Der Parlamentsvize Zeljko Reiner, der so wie Jandrokovic aus der Regierungspartei HDZ kommt, betonte, dass das Urteil „nicht nur historisch unwahr und ungerecht gegenüber Kroatien und den Kroaten in Bosnien-Herzegowina ist, sondern auch absolut unfassbar“, sagte er laut der Nachrichtenagentur Hina.

Kritik kam auch von Dragan Covic, dem kroatischen Mitglied der dreiköpfigen bosnischen Staatsführung. Das Urteil sei ein Verbrechen an allen ehrlichen Angehörigen des Kroatischen Verteidigungsrates, meinte Covic bei einer Pressekonferenz am Mittwoch in Sarajevo. Praljak habe sich aufgeopfert, um seine Unschuld zu beweisen, so Covic.

Möglicher „Wendepunkt“

Der hohe Bosnien-Beauftragter Valentin Inzko rief unterdessen dazu auf, das Urteil des UNO-Tribunals „vollständig“ zu respektieren. Es dürfe keinesfalls politisiert werden und solle vielmehr als „Wendepunkt“ für Bosnien-Herzegowina dienen, erklärte Inzko in einer der APA übermittelten Stellungnahme.

Der Österreicher rief Bosnien-Herzegowina dazu auf, das nun rechtskräftige Urteil zu respektieren und weiter den „Weg Richtung Versöhnung“ zu gehen. „Wahrheit und Gerechtigkeit“ seien der einzig mögliche Weg nach vorne, hin zu einer „besseren Zukunft“.

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