Sechs Punkte präsentiert
Die Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ kommen auch auf Ebene der Chefverhandler zunehmend in inhaltliches Fahrwasser. In den kommenden Sitzungen sollen die Ergebnisse der 25 Fachgruppen diskutiert und verhandelt werden. Ein Kapitel haben die Verhandler am Donnerstag bereits abgehakt: Im Bereich Digitalisierung habe man Einigkeit erzielt, verkündeten die Parteichefs.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
„Intensive Wochen“ lägen hinter den Verhandlern, eröffnete ÖVP-Chef Sebastian Kurz am Donnerstag die Pressekonferenz nach der Sitzung der Steuerungsgruppe. Dass die kommende Zeit weniger intensiv wird, darf allerdings bezweifelt werden. Jetzt gehe es „ans Eingemachte“, hatte FPÖ-Obmann Karl-Heinz Strache vor der Sitzung bereits verkündet. Und beide Parteichefs hatten darauf hingewiesen, dass für die Chefverhandler nun die inhaltliche Arbeit beginne.
Von Bürger bis Steuer
Am Donnerstag konnten Strache und Kurz aber erst einmal mit einem Verhandlungserfolg aufwarten. „Wir haben besonders den Bereich Digitalisierung besprochen“, sagte Kurz. Und „in diesem Bereich sind wir bereits einig geworden“, schickte er hinterher. Die Pläne der möglichen zukünftigen Regierungen reichen dabei von einer Digitalisierung der Amtswege bis hin zu Maßnahmen gegen die Steuerflucht.

APA/Georg Hochmuth
Kurz und Strache betonten am Donnerstag einmal mehr das Gemeinsame
So soll in Zukunft jeder Bürger und jede Bürgerin ein eigenes Digitalkonto erhalten. Mit diesem sollen Behördengänge „durchgehend digital erledigt werden können“, sagte Strache. In einem ersten Schritt sei das für die zehn wichtigsten Behördengänge geplant. Zugleich möchten ÖVP und FPÖ ein „einheitliches staatliches Identitätssystem“ einführen. „Personalausweis, Führerschein, SV-Karte“ sollen „digital bereitgestellt werden“. Eine „Zwangsverpflichtung zur digitalen Identität“ bedeute das allerdings nicht, so der FPÖ-Chef.
Möglich werden sollen diese Projekte auch durch Umstellungen in der Kompetenzverteilung innerhalb des Bundes. Zurzeit seien die IT-Kompetenzen auf mehrere Ressorts und Ministerien verteilt. In Zukunft würden sie stärker gebündelt, kündigte Strache an und stellte überdies eine „interministerielle Taskforce“ in den Raum.
EU-weite Lösung angestrebt
Geeinigt haben sich ÖVP und FPÖ auch auf die Schaffung digitaler Betriebsstätten. Bisher können Unternehmen wie Google und Facebook ihre Gewinne in Österreich erzielen, diese aber in anderen Ländern versteuern. Geht es nach den Plänen von ÖVP und FPÖ, soll dieses Steuerschlupfloch in Zukunft gestopft werden.
„Neue Phase“ für Koalitionsverhandlungen
Nachdem die 25 Fachgruppen zwei Wochen lang getagt haben, sichten die Chefverhandler nun die ersten Ergebnisse.
Kurz kündigte an, auf europäischer Ebene für ein gemeinsames Modell zu werben. Ein halbes Jahr gebe man sich dafür Zeit, so der ÖVP-Chef auf Nachfrage. Werde EU-weit keine Einigkeit erzielt, setze man auf eine nationale Lösung. Vorstellbar wäre es auch, gleichzeitig mit anderen Ländern nationale Lösungen zu implementieren, sagte Kurz. Berechnungen, wie viel Geld die Maßnahme bringen würde, wollte Kurz auf Nachfrage nicht veröffentlichen. Diese seien noch nicht zu 100 Prozent seriös.
Breitbandausbau für das Land
Keine konkreten Zahlen wollte Kurz auch bezüglich der Kosten eines weiteren Punkts nennen: des Breitbandausbaus. Der ÖVP-Chef nannte als Ziel, eine flächendeckende Versorgung von zumindest 100 Mbit/Sekunde sicherzustellen. Dafür brauche es eine Zusammenarbeit zwischen Gemeinden, Ländern und Bund sowie der Wirtschaft, so Kurz. Der Ausbau des 5G-Netzes soll bis 2021 gestartet und dann auf ganz Österreich ausgeweitet werden. Ziel sei Glasfaser in jedem Neubau. Der Breitbandausbau soll laut Kurz auch helfen, Jobs wieder aufs Land zurückzubringen.
Für den Bildungsbereich kündigten die möglichen zukünftigen Koalitionspartner ebenfalls Digitalisierungsmaßnahmen an. Darunter sollen eine Breitbandanbindung aller Bildungseinrichtungen und eine Digitalisierungsoffensive in Form einer Aus- und Weiterbildungsstrategie fallen - unter anderem mit einem breiten Angebot an digitalen Lehrberufen. Mitarbeiter in Unternehmen wiederum sollen etwa auch direkt im Betrieb fortgebildet werden.
Optimismus
Dass die EU-Kommission Österreich zuletzt vor einem Anstieg des strukturellen Defizits gewarnt hatte, kommentierten die Chefverhandler demonstrativ gelassen. Man brauche keine Warnungen, man habe ein gemeinsames Interesse an einem ordentlichen Budget, sagte Kurz. 2018 sei sicher ein Jahr, in dem man sich budgetär anstrengen müsse, die laut Budgetpfad 0,5 Prozent strukturelles Defizit nicht zu überschreiten. Das Ziel bleibe, man werde versuchen, „diesen ambitionierten Weg“ zu gehen, so Kurz, ohne weitere Details zu nennen.
Große Brocken stehen noch bevor
Bei Sicherheit und Digitalisierung haben sich ÖVP und FPÖ schnell geeinigt. In anderen Bereichen könnten die Verhandlungen noch länger dauern.
„Die Verhandlungen laufen so, wie wir uns das erwartet haben“, gab sich der ÖVP-Chef weiter zuversichtlich. Strache sagte, es sei klar, dass man sich nicht in allen Bereichen zu hundert Prozent decke, entscheidend sei aber am Ende ein zu „100 Prozent rot-weiß-rotes Programm“. Man habe von Anfang an aufs Tempo gedrückt, wollte Strache die FPÖ nicht als Bremser sehen. Es gehe aber um „Qualität und Seriosität“. Spannungen beim Thema „Direkte Demokratie“ stellte Strache in Abrede - die Fachgruppe arbeite noch daran.
Keine Einigung bei Rauchverbot
Mit Humor probierten es Kurz und Strache am Ende bei der Frage nach dem Rauchverbot in der Gastronomie. Mit dem Rauchen handhabe man es folgendermaßen, so Strache: „Ich geh ins Raucherkammerl, und Sebastian Kurz bleibt im Nichtraucherbereich.“ Spätestens nach den Medienberichten der vergangenen Tage wüssten alle, dass er Nichtraucher sei, sagte wiederum Kurz - eine Anspielung auf angebliche Protokolle aus Diplomatenkreisen. Nachsatz: „Ich hab auch vor, es zu bleiben.“
Eine inhaltliche Einigung konnten oder wollten die beiden aber nicht verkünden. Das Thema des Rauchens beschäftige „uns immer wieder bei den Koalitionsverhandlungen“, schloss Kurz seine Stellungnahme. „Da haben wir noch keine gemeinsame Linie gefunden.“
Links: