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„Nützt nichts, wenn Billigläden einziehen“

Die Karten auf dem deutschen Warenhausmarkt könnten neu gemischt werden: Der österreichische Karstadt-Eigner und Immobilien-Investor Rene Benko greift erneut nach dem Konkurrenten Kaufhof. Benko hat dem kanadischen Kaufhof-Eigner HBC ein Übernahmeoffert für dessen Tochter vorgelegt. Aus beiden Konzernen könnte dann ein Warenhausriese entstehen.

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Der Deutsche Städte- und Gemeindebund ist über einen möglichen Zusammenschluss alarmiert. Norbert Portz, Städtebauexperte des Kommunalverbands, sagte der „Welt am Sonntag“ („WamS“) vergangene Woche, ein Zusammenschluss sei eine „Riesengefahr“. „Damit droht ein großer Brocken aus dem Mosaik des Innenstadtbilds herauszubrechen.“

Wenig Handhabe für Wettbewerbshüter

Für den Fall eines Zusammenschlusses ist für Jörg Funder, Professor am Institut für Internationales Handelsmanagement in Worms, jedes zweite der knapp 180 Häuser von Kaufhof und Karstadt vom Aus bedroht. Neue attraktive Nutzer zu finden sei schwierig bis unmöglich, sagte Porz der „WamS“. „Und es nützt auch nichts, wenn Billigläden einziehen.“

Das deutsche Kartellamt würde die milliardenschwere Fusion auch nicht einfach durchwinken. „Klar ist, dass man sich dieses Vorhaben genau ansehen müsste“, sagte ein Sprecher der Wettbewerbshüter Anfang November. Zwar würde der Zusammenschluss von Karstadt und Kaufhof zu einem faktischen Warenhausmonopol in Deutschland führen, schrieb die Schweizer „Handelszeitung“. Aber die Wettbewerbshüter würden die Marktmacht eines Akteurs nicht nach Verkaufsformaten, sondern nach Produktgruppen, beurteilen. Und da gäbe es kaum Überschneidungen.

Häuser mit langer Geschichte

Auf eine lange Geschichte blicken beide Ketten zurück. 1879 eröffnete der Kaufmann Leonhard Tietz in Stralsund ein Textilgeschäft und legte damit den Grundstein Kaufhof. Im Geschäftsjahr 2016/2017 (zum 31. Jänner) erwirtschaftete der Konzern mit knapp 21.500 Mitarbeitern rund 2,9 Milliarden Euro Umsatz. Unterm Strich stand laut einem Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte ein Jahresfehlbetrag von 88 Millionen Euro.

Der Warenhauskonzern mit Sitz in Köln betreibt in Deutschland 97 und in Belgien 16 Warenhäuser. Seit dem 1. Oktober 2015 gehört die Kette zur nordamerikanischen Hudson’s Bay Company (HBC), die sie für 2,8 Milliarden Euro vom Handelsriesen Metro übernommen hatte. Um die Übernahme zu finanzieren, hatte HBC dann 41 Warenhausimmobilien in ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem Investor Simon Property eingebracht.

Karstadt wieder im Aufwind

Auch der 1881 von Rudolph Karstadt in Wismar gegründete Erzrivale Karstadt hat eine wechselhafte Historie hinter sich. Nach Höhen und Tiefen war die Kette 2009 zusammen mit der damaligen Konzernmutter Arcandor in die Insolvenz geschlittert. 2010 übernahm dann der Milliardär Nicolas Berggruen Karstadt. Vier Jahre später reichte er das Unternehmen an Benko weiter. Dieser machte sich an die Sanierung der Kette, die er in das Warenhausgeschäft, einen Sportbereich und die Luxuswarenhäuser um das Berliner KaDeWe auftrennte.

Das Warenhausgeschäft unter dem Namen Karstadt umfasst noch 79 Warenhäuser in Deutschland, rund 15.000 Menschen arbeiten für die Kette (Stand Juni). Karstadt legte zuletzt für das Geschäftsjahr 2015/16 (per Ende September) Zahlen vor. Demzufolge schrumpfte der Einzelhandelsumsatz auf knapp zwei Milliarden Euro. Den Verlust konnte Karstadt indes deutlich eingrenzen - der Jahresfehlbetrag sank auf 7,5 Millionen Euro von 64,8 Millionen Euro im Jahr zuvor. Dieses Jahr sollen erstmals wieder schwarze Zahlen geschrieben werden.

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