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Gläubiger erhielten nur Schokolade

Die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) hat über das verschuldete Venezuela den Daumen gesenkt: Das Land konnte fällige Zahlungen für zwei auf US-Dollar lautende Anleihen nicht fristgerecht leisten, so die Agentur am Dienstag. Für die Bonitätswächter ist das ein teilweiser Zahlungsausfall, zu 50 Prozent geht man außerdem von einem weiteren Ausfall in den kommenden drei Monaten aus - schlechteste Voraussetzungen für die Verhandlungen über eine Umschuldung.

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Auslandsschulden, Hyperinflation mit vierstelligen Teuerungsraten und Versorgungsengpässe beherrschen Venezuelas Wirtschaft. Die Kosten für Ausfallversicherungen (CDS) auf Staatsanleihen des Landes sind so hoch wie für kein anderes Land der Welt.

Neben S&P sehen auch die anderen großen Ratingagenturen Fitch und Moody’s das Land vor dem Abgrund, sie stuften die Kreditwürdigkeit bereits auf eine Stufe über der Zahlungsunfähigkeit herab. Die Auslandsschulden belaufen sich auf geschätzte 155 Milliarden Dollar (133 Mrd. Euro), die Devisenreserven sind auf weniger als zehn Milliarden Dollar zusammengeschmolzen.

Halbe Stunde mit 100 Gläubigern

International steht das Land mit dem Rücken zur Wand. Am Montag verhängte die EU Sanktionen gegen die venezolanische Regierung. Die EU-Außenminister beschlossen ein Verbot von Waffenlieferungen, die für „innere Unterdrückung“ verwendet werden können. Finanzsanktionen gibt es aus den USA: Sie laufen darauf hinaus, dass das Land keine neuen Anleihen begeben kann. Auslöser waren die Massenproteste mit vielen Toten, die sich gegen das Regime von Staatschef Nicolas Maduro richteten.

Nun steht das Land vor einer der größten Staatsinsolvenzen in Südamerika. Vor wenigen Tagen hatte Maduro erklärt, mit seinen Gläubigern über eine Umschuldung verhandeln zu wollen. Ein erstes Treffen am Montag über eine Umschuldung im Volumen von rund 60 Milliarden Dollar blieb ohne konkrete Ergebnisse. Rund 100 Anleihegläubiger waren dazu nach Caracas gekommen, laut Regierungsangaben aus Venezuela, den USA, Panama, Großbritannien, Kolumbien, Chile, Argentinien und Japan. Die Konferenz dauerte jedoch nur rund eine halbe Stunde.

Regierung sieht sich als Opfer der USA

Die Teilnehmer äußerten sich danach laut Reuters irritiert. Es sei nicht zu erkennen, wie das Land einen Zahlungsausfall vermeiden wolle. Die Regierung habe keine Vorschläge vorgelegt, unter welchen Bedingungen die Investoren ihr Geld zurückbekommen sollen. „Es gab kein Angebot, keine Konditionen, keine Strategie, nichts“, sagte ein Geldgeber. Was es aber gab, waren bunte Geschenksäcke mit Schokolade und Kaffee aus Venezuela. Zahlreiche Investoren hatten ihre Teilnahme bereits im Vorfeld abgesagt, weil ihnen nach eigenen Angaben nicht klar war, was Maduro mit dem Treffen erreichen wollte.

Dieser zeigte sich jedoch nach dem Gipfel hochzufrieden. „Der Prozess, Venezuelas Auslandsschulden zu refinanzieren, begann mit überwältigendem Erfolg“, so die Regierung. Maduro selbst bekräftigte nach dem Treffen die Absicht, alle Verbindlichkeiten verlässlich zu erfüllen. In den vergangenen drei Jahren habe die Regierung mehr als 73 Milliarden Dollar an Auslandsschulden beglichen. Den Ratingagenturen warf Maduro vor, das Land zu hart zu behandeln und sich damit zu Erfüllungsgehilfen der US-Politik zu machen.

Inflation steigt in lichte Höhen

In den Jahren des Ölbooms hatte Maduros Vorgänger Hugo Chavez großzügige Sozialprogramme aufgelegt und sich Milliarden im Ausland geliehen - Venezuela sitzt auf den größten Ölreserven der Welt. Ab 2014 fiel jedoch der Ölpreis, die Einnahmen brachen weg. Die Folge sind seither eklatante Engpässe bei Nahrungsmitteln und Medikamenten. Hinzu kommt die enorme Inflation, die nach Angaben der Opposition Ende des Jahres bei 1.400 Prozent liegen könnte. Maduro ließ kürzlich Geldscheine im Nennwert von 100.000 Bolivar drucken.

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