„Go“ für EU-Gipfel wackelt
Großbritannien wird die EU am 29. März 2019 um 23.00 Uhr GMT (0.00 Uhr MEZ) verlassen: Geht es nach „Brexit“-Minister David Davis, soll dieser Zeitpunkt im Austrittsgesetz verankert werden. Doch nicht nur die Zeit drängt, sondern auch die EU-Verhandler, wie sich bei der Pressekonferenz nach der sechsten „Brexit“ Verhandlungsrunde am Freitag in Brüssel zeigte. „Wir sind noch nicht so weit“, sagte EU-Chefverhandler Michel Barnier und brachte eine zweiwöchige Frist ins Spiel.
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Auf die Frage einer Journalistin, ob es innerhalb von 14 Tagen eine Grundsatzeinigung über die Rahmenbedingungen für den Austritt geben müsse, um im Dezember mit den Gesprächen über die künftigen Beziehungen der EU zu Großbritannien beginnen zu können, sagte Barnier überraschend unmissverständlich: „Ja“. Der Beginn dieses als „Phase zwei“ bezeichneten Gesprächsabschnitts hatte sich bereits auf dem vergangenen EU-Gipfel im Oktober auf später verschoben.
Drei Fragen nach wie vor offen
Verhandelt wurde zuletzt erneut über die britischen Finanzverpflichtungen, den künftigen Status der nordirisch-irischen Grenze und die Frage, wie nach dem „Brexit“ die Rechte der EU-Bürger in Großbritannien gesichert werden sollen. Eindeutige Fortschritte in diesen Bereichen sind für die EU Voraussetzung dafür, dass über die künftigen Beziehungen der EU zu Großbritannien gesprochen wird. Diese sollen nach den Vorstellungen der Verhandler im Dezember begonnen werden können.

Reuters/Eric Vidal
Davis und Barnier bei der Pressekonferenz
Davis fordert Flexibilität
Barnier machte am Freitag klar, dass es in allen Bereichen noch offene Fragen gibt. Der britische Verhandlungsführer Davis forderte die EU erneut zu Flexibilität auf und sprach von der Notwendigkeit politischer Diskussionen. Gleichzeitig verlangte er den Beginn der zweiten Phase. Dazu merkte Barnier an, dass nun in den nächsten beiden Wochen Fortschritte und Klärungen notwendig seien, um dem EU-Gipfel die Einleitung der zweiten Phase empfehlen zu können. Es müsse „ehrlichen und wirklichen Fortschritt geben“, so Barnier.
Ringen um Abschlussrechnung
Besonders strittig ist die Frage der Finanzen - vielfach als Abschlussrechnung bezeichnet: Die EU will, dass London für bereits eingegangene finanzielle Verpflichtungen bis 2020 aufkommt. EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani sprach zuletzt von 60 Mrd. Euro. Die Briten müssten also gut eineinhalb Jahre nach einem Austritt aus der EU noch Rechnungen bezahlen. London will möglichst gut aussteigen, das Angebot lag zuletzt weit unter den EU-Forderungen. Am Freitag gab es keine Zahlen.
Spätestens bis Ende März 2019 muss geklärt sein, wie die Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien künftig aussehen. Wenn es bis dahin keine Verständigung oder keinen Rückzug vom „Brexit“ gibt, scheidet das Vereinigte Königreich mit potenziell schwerwiegenden Folgen vor allem für die Wirtschaft ungeregelt aus der EU aus - das Szenario eines „harten Brexit“.
„Es ist fünf vor zwölf“
Noch vor der Pressekonferenz äußerte sich der „Brexit“-Beauftragte des Europaparlaments, der Belgier Guy Verhofstadt, beunruhigt über mangelnde Fortschritte. „Es ist fünf vor zwölf“, sagte Verhofstadt dem Berliner „Tagesspiegel“ (Freitag-Ausgabe). Bis Dezember müsse es zu einem Durchbruch in den Austrittsverhandlungen kommen. „Es ist höchste Zeit, dass wir Klarheit darüber haben, wie dieser Austritt aussieht und wie es danach weitergeht.“
Links:
sime, ORF.at, aus Brüssel