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Reduktion von Emissionen gefordert

Die EU-Kommission hat am Mittwoch schärfere Klimaschutzvorgaben für Autos bis zum Jahr 2030 beschlossen. Pkws sollen bis zu 30 Prozent weniger Kohlendioxid ausstoßen, Autokonzerne sollen bis dahin einen Anteil von 30 Prozent emissionsarmer Fahrzeuge an ihrer verkauften Flotte erreichen.

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Schon bis 2025 sollen Neuwagen 15 Prozent weniger CO2 ausstoßen. Ein entsprechender Gesetzesentwurf der Kommission wurde von deren Vizepräsident Maros Sefcovic präsentiert. Mit dem Paket zeige die EU „Führungsstärke“, so Sefcovic. Das Paket sei ein Signal für die Industrie aufzuholen und gewährleiste auch die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie.

Mit den neuen Vorgaben versucht die EU, die Ziele des Pariser Klimaabkommens einzuhalten und gleichzeitig die Autoindustrie nicht zu verärgern. Dennoch gehen die Zahlen weit über die Vorstellungen der europäischen Autohersteller hinaus. Der europäische Herstellerverband ACEA hatte eine CO2-Minderung von 20 Prozent bis 2030 vorgeschlagen. Auch der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) warnte im Vorfeld vor schärferen Vorschriften. In einem Brief an Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker betonte er die Bedeutung der Autobranche für Deutschland. Die Innovationskraft der Industrie solle nicht durch „zu eng gestrickte EU-Gesetzgebung ersticken“.

Hohe Strafen nur bei CO2-Vorgaben

Eine verbindliche E-Auto-Quote lehnt die Kommission - wie auch die Autoindustrie - auch künftig ab. Stattdessen plant sie ein Anreizsystem: Wenn die Unternehmen ihren Anteil an Modellen mit geringen oder gar keinen Abgasen rasch steigern, sollen sie beim Erreichen der CO2-Ziele Bonuspunkte bekommen. Das gilt, wenn 2025 mehr als 15 Prozent und 2030 mehr als 30 Prozent ihrer verkauften Flotte emissionsarm sind. Dafür dürften die Autos und Lieferwagen höchstens 50 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Emissionsfreie Autos mit Elektro- oder Wasserstoffantrieb werden stärker angerechnet als Hybridmodelle.

Auto an einer Stromtankstelle

ORF.at/Roland Winkler

Die EU will künftig Anreize für E-Autos schaffen, auch Stromtankstellen sollen gefördert werden

Sollte ein Hersteller diese Marktanteile nicht erreichen, sehen die Pläne der Kommission jedoch keine Sanktionen vor. Die CO2-Vorgaben sind aber verbindlich. Sollten die Werte für 2025 und 2030 nicht eingehalten werden, könnten die Hersteller mit hohen Geldstrafen belegt werden - wie das bisher schon der Fall war.

Vergleich aufgrund neuer Messmethode schwierig

Derzeit reichen die Regeln bis 2021. Dann dürfen alle Modelle eines Herstellers im Mittel nur 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Wird dieser Wert verfehlt, müssen die Konzerne 95 Euro pro Gramm und Fahrzeug bezahlen. Die neuen Zielvorgaben bauen darauf auf und gelten für die Jahre 2022 bis 2030.

Zwei Punkte machen den Vergleich allerdings kompliziert. Zum einen wird wegen des Dieselskandals gerade die Messmethode für den Schadstoffausstoß auf ein neues Verfahren umgestellt. Der bisherige Zielwert von 95 Gramm pro Kilometer wurde nach der alten Methode ermittelt und wird nach Einschätzung von Experten nach der Umstellung etwas höher. Zum anderen will die Kommission künftig keine Angaben in Gramm je Kilometer mehr, sondern nur noch prozentuale Minderungsziele.

Förderung für Stromtankstellen

Die Kommission will künftig auch den Ausbau von Stromtankstellen für E-Autos fördern. Mit 800 Millionen Euro soll ein dichtes Netz von Ladestationen in ganz Europa aufgebaut werden, sagte der spanische EU-Klimakommissar Miguel Arias Canete. „Wir müssen den europäischen Autoherstellern Anreize geben, nicht nur beim Verbrennungsmotor, sondern auch bei Elektrofahrzeugen Marktführer zu werden“, so Arias Canete. Neben der Aufbauhilfe für Ladestationen gebe es auch Fördergelder zur Erforschung besserer Batterien.

Der Marktanteil von Autos mit Elektro- oder Hybridmotor oder anderen alternativen Antrieben ist EU-weit nach wie vor gering. Nur 6,2 Prozent aller neu zugelassen Autos hatten im dritten Quartal einen solchen Antrieb. Der Absatz zog allerdings an. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum legte die Zahl der Neuzulassungen um 51,4 Prozent auf gut 211.600 Autos zu, wie ACEA am Mittwoch mitteilte.

„Bin nicht unter Druck gesetzt worden“

Der Spanier verteidigte gleichzeitig das Paket der Kommission. Mit den neuen Regeln ließen sich die Ziele des Pariser Klimaabkommens für den Autoverkehr und gleichzeitig eine wettbewerbsfähigere europäische Autoindustrie erreichen. Jobverluste seien nicht zu befürchten. „Die Minderungsziele, die wir vorschlagen, lassen sich kosteneffizient erreichen“, sagte der Kommissar. „Wir müssen sicherstellen, dass wir die ehrgeizigsten Ziele haben und sie am effizientesten umsetzen und dass das der Industrie als Ganzem im weltweiten Wettbewerb auf dem Markt für Elektrofahrzeuge nutzt.“

Den Vorwurf, mit den Änderungen vor der Autolobby eingeknickt zu sein, wies Arias Canete am Mittwoch zurück. „Ich bin nicht unter Druck gesetzt worden, wir haben unsere Arbeit frei erledigt“, so der Klimakommissar. „Aber ich habe der Industrie zugehört, ich habe auf ihre Argumente gehört.“ Zuletzt hatte es Berichte über Interventionen des Verbands der Automobilindustrie bei der Kommission in Brüssel gegeben. Die „Süddeutsche Zeitung“ („SZ“) berichtete zudem über ein Strategiepapier des Volkswagen-Konzerns mit dem Ziel, strengere Klimaschutzziele in Europa zu verhindern.

Autohersteller kritisieren Verschärfung

Der europäische Herstellerverband kritisierte den Vorschlag der EU-Kommission. Vor allem die schärferen Co2-Grenzwerte ab dem Jahr 2025 sorgen für Aufregung: Das lasse nicht genug Zeit für technische Änderungen, so ACEA. Zudem sei das für 2030 anvisierte Ziel von 30 Prozent CO2-Minderung „über die Maßen fordernd“.

Kritik gab es auch vom deutschen Verband der Automobilindustrie. „Der vorgelegte Entwurf stellt die Automobilindustrie vor extreme Herausforderungen“, erklärte der Verband in Frankfurt. „Ob diese vorgeschlagenen CO2-Zielwerte zu erreichen sind, ist aus heutiger Sicht mehr als fraglich und hängt maßgeblich davon ab, wie schnell alternative Antriebe in den kommenden Jahren von den Kunden angenommen werden und wie schnell die öffentliche Infrastruktur aufgebaut wird.“

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