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Rund 25.000 schlossen sich Schrems an

Der österreichische Datenschutzaktivist Max Schrems kann gegen Facebook Irland wegen angeblicher Datenschutzverletzungen in Österreich eine „Musterklage“ in seinem Namen - allerdings keine EU-weite Sammelklage - einbringen. Das empfiehlt der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), Michael Bobek, laut seinem Mitte November veröffentlichten Schlussantrag.

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Schrems wirft Facebook eine Reihe von Verstößen gegen europäisches Datenschutzrecht vor und sorgte mit seiner in Wien erhobenen Klage gegen den Internetkonzern bereits für reichlich Schlagzeilen. Wie bereits zuvor vom Oberlandesgericht (OLG) Wien erhielt Facebook nun auch von Bobek in seinem Vorhaben eine Abfuhr, eine Musterklage von Schrems vor einem österreichischen Gericht zu verhindern.

Schrems’ Vorhaben, die Vorwürfe weiterer Kläger in einem einzigen Verfahren in Wien vorzubringen, lehnte der EuGH-Generalanwalt allerdings ab. Konkret hatten sich rund 25.000 Personen Schrems angeschlossen und ihre Rechte an ihn abgetreten, um eine „Sammelklage österreichischer Prägung“ zu bilden.

„Nicht Aufgabe des Gerichtshofs“

Bobek zufolge seien die Verbraucherschutzregeln allerdings nur „auf die konkreten Parteien des speziellen Vertrags beschränkt“. Daher könne Schrems mit seiner Klage in Österreich nicht auch Ansprüche geltend machen, die ihm andere Personen abgetreten haben. Die Möglichkeit von Sammelklagen könnte zwar dem Verbraucherschutz dienen und auch für das Justizsystem insgesamt vorteilhaft sein, wie der EuGH-Generalanwalt zudem festhielt: „Es ist jedoch nicht Aufgabe des Gerichtshofs, solche Sammelklagen für Verbrauchersachen zu schaffen, sondern obliegt gegebenenfalls dem Unionsgesetzgeber.“

„Nicht nachvollziehbar“

„Die Ansicht des Generalanwalts zur Sammelklage ist für mich leider nicht nachvollziehbar“, so Schrems in einer Aussendung. Er wies darauf hin, dass der EuGH vor zwei Jahren eine Kollektivklage von 71 Unternehmen gegen ein Unternehmen in einem Kartellverfahren erlaubt habe. „Jetzt soll das Verbrauchern nicht erlaubt sein?“

Klägeranwalt Herwig Hofmann kritisierte, dass Verbraucher „aktiv davon abgehalten“ würden, im Internet Anbieter aus dem EU-Ausland zu wählen, weil ihre Rechte in der Realität nicht mehr durchsetzbar seien. „Die Folge wäre nämlich, in Tausenden Gerichten in der EU eine wortgleiche lokale Klage gegen Facebook einzubringen, was wohl eher absurd wäre“, argumentierte Schrems mit Blick auch auf die hohen Verfahrenskosten in Irland. „Damit stehen wir vor der Situation, dass die EU zwar ein Recht auf Datenschutz auf dem Papier hat - das aber in der Praxis unmöglich einklagbar ist.“

Generalanwalt mit hohem Gewicht

Der Fall wurde von Österreichs Oberstem Gerichtshof vor den EuGH gebracht, nachdem Facebook in den Raum gestellt hatte, dass österreichischen Gerichte für diese Klage international nicht zuständig seien. Schrems sei nach Auffassung von Facebook beruflich für den Datenschutz aktiv und müsse daher in Irland klagen.

Hintergrund sind die Geschäftsbedingungen von Facebook und der meisten anderen Unternehmen, wonach der Firmensitz als Gerichtsstandort gilt. Für Verbraucher bestehen aber Schutzregeln und Erleichterungen, wonach sie gegen Unternehmen immer auch an ihrem Wohnsitz klagen können.

Nach den Feststellungen der österreichischen Gerichte nutzte Schrems Facebook seit 2008, zunächst rein privat. Inzwischen hat er aber auch zwei Bücher zum Datenschutz bei Facebook veröffentlicht und zahlreiche Vorträge hierzu gehalten, teils auch gegen Honorar.

Nutzervertrag als Verbraucher

Hierzu sagte Bobek, diese Aktivitäten führten bezüglich der privaten Facebook-Nutzung nicht zum Verlust der Verbrauchereigenschaft von Schrems. Bezüglich seiner eigenen Ansprüche könne er daher in Österreich gegen Facebook klagen. Maßgeblich sei hier, dass sich Schrems ursprünglich privat bei Facebook angemeldet und so seinen Nutzervertrag als Verbraucher abgeschlossen habe.

Was die von Bobek als nicht zulässig bezeichnete Sammelklage betrifft, hofft Schrems nun darauf, dass die EuGH-Richter „hier genauer vorgehen und dem Generalanwalt nicht folgen“. Der Schlussantrag des Generalanwalts ist nicht bindend. Allerdings folgen die Luxemburger Richter in 80 Prozent der Fälle seiner Einschätzung.

Schrems blickt im juristischen Tauziehen mit Facebook bereits auf einen Erfolg vor dem EuGH. Die Luxemburger Richter entschieden Anfang Oktober 2015, dass private Daten in den USA nicht ausreichend vor dem Zugriff durch Behörden und Geheimdienste geschützt seien. In direkter Folge wurde die Regelung für den Transfer von Daten europäischer Bürger in die USA, das „Safe Harbor“-Abkommen, für ungültig erklärt.

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