„Kulturelle Botschaft“ gegen Fanatismus
Nach über zehn Jahren Plan- und Bauzeit wird in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) der Louvre Abu Dhabi am Samstag eröffnet. Das vom französischen Stararchitekten Jean Nouvel entworfene Museum auf der Insel Saadijat beherbergt unter einer Kuppel mit einem Durchmesser von 180 Metern die erste Ausstellung in der arabischen Welt mit universellem Anspruch.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Auf mehr als 6.000 Quadratmetern soll in der Sonderschau die Geschichte der Menschheit erzählt werden. Für die Dauerausstellung stehen der Museumsleitung weitere 2.000 Quadratmeter Fläche zur Verfügung. Begleitet wird die erste Schau von einem mehrtägigen kulturellen Rahmenprogramm. Die offizielle Einweihung des „Louvres des Sandes“ erfolgt am Mittwoch im Beisein von Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron.
Wüste und Wasser unter der Kuppel
Das Museum besteht aus 55 Pavillons, in denen die Ausstellungsräume untergebracht sind. Überspannt wird der Bau von einer spektakulären Kuppel mit 180 Meter Durchmesser, die von dem österreichischen Stahlbauunternehmen Waagner-Biro errichtet wurde. Die 7.500 Tonnen schwere Konstruktion wirkt wie ein Spitzengewebe und wirft Licht ins Innere des Gebäudes und erinnert damit an die Glaspyramide des US-Architekten I. M. Pei, die seit 1989 im Innenhof des Pariser Louvre steht.
Die Kuppel soll bei den Museumsbesuchern den Eindruck erwecken, dass sie durch einen Wald flanieren. Zwischen den einzelnen Gebäuden ziehen sich kleine Kanäle. „Ich wollte mit dieser Idee der Offenheit spielen: eine Wüste, die sich zum Wasser hin öffnet“, sagte Nouvel, Träger des renommierten Pritzker-Architekturpreises, kürzlich.
Kunstwerke chronologisch geordnet
Der Louvre Abu Dhabi mischt Werke aus unterschiedlichen Kulturkreisen und ordnet die Kunst chronologisch unter Aspekten wie Zivilisation, Handel und Religion an. Auf diese Weise sollen Zusammenhänge und Gemeinsamkeiten von verschiedenen Teilen der Welt gezeigt werden.

AP/Kamran Jebreili
Die Dachkonstruktion des Museums besteht aus einem Geflecht aus Stahlteilen
Die Sammlung, die der Louvre Abu Dhabi in den letzten Jahren nach und nach erworben hatte, habe einen hohen Wert und verkörpere Innovation, sagte der Direktor des Louvre, Jean-Luc Martinez, in Abu Dhabi. Das Museum sei dabei mehr als eine Wertschätzung von Kunst: „Es zeigt auch eine kulturelle Botschaft, die Fanatismus zurückdrängt.“
Die spannende Frage sei, wie viele Besucher der „Louvre des Sandes“ anziehen wird, so Martinez. Die Mona Lisa, die Venus von Milo und andere Meisterwerke lockten im vergangenen Jahr rund 7,3 Millionen Menschen in den Louvre in Paris. Nach Abu Dhabi dürften vor allem Araber und internationale Geschäftsleute kommen.
400 Millionen Euro allein für Namensrechte
Das Projekt wurde im März 2007 zwischen Abu Dhabi und Frankreich besiegelt. Der Bau des Louvre Abu Dhabi verzögerte sich um mehrere Jahre, die Eröffnung musste mehrfach verschoben werden. Die Gesamtkosten des Kunsttempels belaufen sich auf über 1,5 Milliarden Euro.
Um den Namen des Louvre 30 Jahre lang tragen zu dürfen, bezahlen die Vereinigten Arabischen Emirate mehr als 400 Millionen Euro. Mehr als 580 Millionen Euro fielen für das Gebäude an. Hinzu kommen weitere Hunderte Millionen für Expertise und Leihgaben von Kunstwerken französischer Museen über die nächsten zehn Jahre.
Leih- und Dauergaben aus französischen Museen
Als Starthilfe bekam der Louvre am Persischen Golf zahlreiche Leih- und Dauergaben von französischen Museen. Darunter befinden sich berühmte Gemälde wie Vincent van Goghs „Selbstporträt“, Edouard Manets „Der Pfeifer“, Jacques-Louis Davids „Bonaparte beim Überschreiten der Alpen am Großen Sankt Bernhard“, Piet Mondrians „Komposition mit Blau, Rot, Gelb und Schwarz“ und „La Belle Ferroniere“ von Leonardo da Vinci. Schwerstes Ausstellungsstück ist mit mehreren Tonnen die ägyptische Statue von Pharao Ramses II.

APA/AFP/Giuseppe Cacace
Leonardo da Vinci: „La Belle Ferroniere“
Daneben gibt es auch zeitgenössische Kunst zu sehen. Die US-Künstlerin Jenny Holzer etwa gravierte philosophische Texte und sumerische Mythen in drei weiße Steinwände ein. Der sechssprachige Multimedia-Guide und eine App für Smartphones und Tablets wurde von dem österreichischen Unternehmen Nous entwickelt, das 2015 eine weltweite Ausschreibung gewonnen hatte.
Prachtbauten in der Schwebe
Das Franchise des Pariser Louvre ist aber nur eines von mehreren Projekten, mit denen sich Abu Dhabi als Kulturmetropole etablieren möchte. Das Guggenheim Abu Dhabi (geplant von Stararchitekt Frank Gehry), das wie der Louvre auf der künstlich erweiterten Insel Saadijat entstehen soll, ist nach wie vor Zukunftsmusik.
Ebenfalls in der Planungsphase ist das Sayed National Museum, das nach Entwürfen von Norman Foster umgesetzt werden soll und dessen Eröffnung ursprünglich bereits für 2016 geplant war. Mehr als ungewiss ist die Umsetzung eines von der im Vorjahr verstorbenen Stararchitektin Zaha Hadid geplanten Performance-Centers und des „Meeresmuseums“ des japanischen Architekten Tadao Ando.
Link: