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Ein Leben für den Dschihad

Osama bin Laden war der Gründer und Anführer der Gruppe Al-Kaida. Er galt als Drahtzieher der Terroranschläge des 11. September 2001 und Ikone der radikal-islamischen Gegner des Westens. Die Schlagkraft seiner Al-Kaida, der zahlreiche verheerende Terroranschläge in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrzehnts zugeschrieben werden, hatte nach seinem Tod aber stark nachgelassen.

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Bin Laden wurde vermutlich zwischen März 1957 und Februar 1958 als Sohn von Mohammed bin Laden, einem saudi-arabischen Großunternehmer, in Riad geboren. Im Haus des gläubigen Baumagnaten gingen Hunderte von Moslems ein und aus, darunter wichtige islamische Schriftgelehrte, die den jungen Osama schon damals beeindruckt haben sollen. Zunächst ging er an die renommierte Universität von Jeddah, um Bauingenieurswissenschaften zu studieren.

Terrorgruppe seit 1988

Doch ab 1973 wandte er sich islamistischen Gruppen zu und dürfte sich von da an zunehmend radikalisiert haben. Nach der sowjetischen Invasion in Afghanistan ging Bin Laden ins Nachbarland Pakistan, wo er mehrere Führer der afghanischen Widerstandsbewegung traf. Dem späteren Präsidenten Burhanuddin Rabbani bot er damals seine Hilfe an.

Bin Ladens Haus in Pakistan

APA/AFP/Aamir Qureshi

In diesem Haus erschossen US-Elitesoldaten am 2. Mai 2011 Bin Laden

Seine erste Basis richtete Bin Laden in der pakistanischen Grenzstadt Peschawar ein. Dort erwarb er sich sehr schnell den Ruf eines mutigen Kämpfers und band sich an die radikalsten unter den Fundamentalistenführern. Unter ihnen war der Ägypter Aiman al Sawahiri, der die rechte Hand Bin Ladens werden sollte.

Allmählich baute Bin Laden sein Netzwerk auf: Bald finanzierte er eine Brigade mit mehreren tausend Männern, die größtenteils aus arabischen Ländern stammten. Bei seinem erbitterten Kampf gegen die Sowjetarmee wurde der Extremist vom US-Geheimdienst CIA unterstützt. Experten datieren die Gründung seiner Terrororganisation Al-Kaida auf 1988.

Für Saudis „persona non grata“

Nach dem Abzug der sowjetischen Truppen kehrte Bin Laden zunächst nach Saudi-Arabien zurück. Doch als sein Heimatland der US-Armee beim Golfkrieg 1991 bereitwillig als Stützpunkt zur Verfügung stand, griff der Fundamentalist die Königsfamilie heftig an. Riad erklärte ihn zur „persona non grata“, drei Jahre später wurde ihm die saudi-arabische Nationalität entzogen.

Bis 1996 blieb Bin Laden im Sudan, wo er die Ausbildung seiner Al-Kaida-Leute in paramilitärischen Lagern vorantrieb. Doch dann verwies die Regierung in Khartum ihn auf Druck Washingtons des Landes. Bin Laden ging wieder nach Afghanistan, wo er mit immer glühenderem Hass gegen die „arrogante Supermacht“ USA predigte. Nach der Machtübernahme durch die radikal-islamischen Taliban wurde er deren „Ehrengast“. Unter wohlwollender Patronage der Taliban errichtete Bin Laden Dutzende Al-Kaida-Camps für Tausende Gefolgsleute.

Drahtzieher der 11.-September-Anschläge

Der erste große Anschlag, der Bin Laden zur Last gelegt wird, waren die Bombenattentate auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania, bei denen im August 1998 insgesamt 224 Menschen getötet wurden. 1999 setzte ihn die US-Bundespolizei auf die Liste der zehn meistgesuchten Verbrecher der Welt.

Auch für den Sprengstoffanschlag auf das US-Kriegsschiff „USS Cole“ vor der Küste des Jemen, bei dem im Oktober 2000 17 US-Soldaten getötet wurden, wurde Bin Laden verantwortlich gemacht. Am 11. September 2001 schließlich starben bei den Terroranschlägen in den USA fast 3.000 Menschen. In einem am 9. September 2002 vom katarischen Sender Al Jazeera ausgestrahlten Interview bekannte sich Bin Laden zu den Attentaten.

Fast zehn Jahre lange Suche

Die USA suchten fast zehn Jahre lang erfolglos nach dem Extremistenführer, der nun in Pakistan ums Leben gekommen sein soll. Insgesamt wurden 25 Millionen Dollar Kopfgeld ausgesetzt. Lange Zeit wurde Bin Laden in unwegsamen Gebieten Afghanistans vermutet, doch wurde dem damaligen US-Präsidenten George W. Bush vorgeworfen, nach dem Sturz der radikal-islamischen Taliban im Jahr 2002 nicht gründlich genug nach dem Terrorführer gesucht zu haben.

Immer wieder wurde spekuliert, dass der nierenkranke Bin Laden schon längst tot sei. Allerdings wandte er sich sporadisch in Video- und Audiobotschaften an seine Anhänger und rief sie zum Dschihad („Heiligen Krieg“) gegen den Westen auf. Bis zu seinem Tod am 2. Mai 2011 erschienen mindestens 31 Video- und Audiobotschaften Bin Ladens.

Von US-Eliteeinheit erschossen

Bin Laden wurde bei einer vom damaligen US-Präsidenten Obama befohlenen Militäraktion in seinem Versteck in Abbottabad überrascht und erschossen. Erste Angaben, wonach er am Feuergefecht beteiligt gewesen sei, korrigierte die US-Regierung wenige Tage später: Er sei unbewaffnet gewesen. Jedoch hätten sich ein Sturmgewehr und eine Pistole in seiner Reichweite befunden, und er habe keine Anzeichen gezeigt, sich zu ergeben.

US-Präsident Barack Obama

APA/AFP

Ex-US-Präsident Barack Obama verfolgt im Weißen Haus zusammen mit seinen engsten Mitarbeitern die Tötung Bin Ladens live mit

Bin Ladens Identität wurde nach Angaben der US-Regierung mit einer DNA-Analyse festgestellt und sein Leichnam noch am 2. Mai 2011 an geheimer Stelle von Bord eines Flugzeugträgers im Arabischen Meer bestattet. Das Vorgehen der USA wurde international häufig als mit dem Völkerrecht und Rechtsstaatlichkeit unvereinbare Exekution kritisiert. Am 4. Mai 2011 erklärte die US-Regierung dazu, die Erstürmung und Tötung sei in voller Übereinstimmung mit dem Kriegsvölkerrecht vollzogen worden. Die Beteiligten hätten Bin Laden wegen der Lebensgefahr für sich nicht lebend festnehmen können.

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