Premiere mit Awardshow-Charakter
Im Jahr 1998 haben der Comiczeichner Jamie Hewlett und Britpop-Star Damon Albarn die Gorillaz gegründet. Fünf Alben und fast 20 Jahre später spielte die Band am Donnerstag ihr erstes Konzert in Österreich. Statt musikalischer Subtilität gab es Pop und Party auf der Bühne. Und von der eigentlichen, virtuellen Band war nicht viel zu sehen.
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Die Gorillaz haben einen weiten Weg hinter sich. Vor fast zwei Jahrzehnten waren sie von Blur-Mastermind Albarn und „Tank Girl“-Schöpfer Hewlett als Kritik an den austauschbaren Popstars im Musikfernsehen erfunden worden. Die vier ge- und überzeichneten Charaktere bedienten ihrerseits alle Klischees von Punk über Altherrenrock bis zum Stereotyp der flippigen japanischen Gitarristin.
Musikalisch gab das Projekt Albarn alle Freiheiten und den notwendigen Platz, sich vom Ruf des Britpop-Stars zu befreien. Und so wurden bei den Gorillaz unterschiedlichste Genres mit einem Hauch von Sozialkritik in den Texten zu etwas damals völlig Neuem verschmolzen. Mit „Clint Eastwood“ und „Feel Good Inc.“ schuf die Band Welthits, die bis heute auf keiner Party fehlen dürfen. Dazu gab es bahnbrechende Liveshows, in denen die Bandmitglieder als Hologramme auf der Bühne standen.
Popstar und Dirigent
Doch gerade die visuelle Komponente war in der gut gefüllten Wiener Stadthalle weniger spektakulär als erhofft. Die Gorillaz des Jahres 2017 sind eine echte Band samt Gospelchor und zahlreichen Gaststars. Manche von ihnen traten virtuell auf, überlebensgroß eingeblendet. Für 2D, Noodles, Murdoc und Russel, die fiktive Band, blieb da kein Platz - sie waren lediglich in ihren eigenen Musikclips auf der Videowall zu sehen, als optischer Aufputz für Albarns perfekt getaktete Party auf der Bühne.

ORF.at/Günter Felbermayer
Albarn führte als Dirigent durch die Show
Albarn machte nicht nur den Leadsänger, sondern führte als Dirigent an Mikrofon, Gitarre, Klavier und Harmonika durch den Abend. Nebenbei koordinierte er die Auftritte seiner Gaststars, allen voran die grandiose britische Rapperin Little Simz, die „Garage Palace“ zu einem der Highlights des Abends machte und bereits im Vorprogramm überzeugte.

ORF.at/Günter Felbermayer
Die fiktive Band wurde von der realen überstrahlt
Als Veteran im Popgeschäft weiß Albarn allerdings auch, wie eine große Bühne wie jene in der Stadthalle zu bespielen ist. Für die musikalische Subtilität der Gorillaz-Produktionen bleibt da wenig Raum. Und so dominierten - simpel, aber effektiv - Beats, Bässe, der Chor und vereinzelt auch die Stromgitarre.
Kein Interesse an Formaten
Ende April hatten die Gorillaz - eher überraschend - ihr fünftes Album „Humanz“ veröffentlicht. Musikalisch führte Albarn das Projekt darauf zurück zu seinen Wurzeln. „Humanz“ ist ein Sammelsurium kreativer Ideen, umgesetzt mit zahllosen Gaststars und so wenig homogen, dass es eher an eine Playlist als ein Album erinnert. Albarn sind solche Vergleiche „vollkommen egal“, wie er dem „Spiegel“ (Onlineausgabe) sagte: „Meinetwegen ist es meine neue Playlist. Für mich ist ‚Humanz‘ im Wesentlichen Musik, die hoffentlich gehört wird. Formate interessieren mich nur privat.“
Jubel für ein normales Konzert
Albarns Gäste in der Stadthalle wussten durchaus zu überzeugen. Neben Little Simz stachen vor allem die Hip-Hop-Altmeister De La Soul bei „Superfast Jellyfish“ und „Feel Good Inc.“ heraus. Eher lau war die Performance von Jamie Principle und Zebra Katz bei „Sex Murder Party“. Neue Songs wie „Andromeda“ und „Sleeping Powder“ zündeten dagegen - und mit Fortdauer der Show kam auch das Publikum zunehmend in Schwung.
Die Gorillaz bedankten sich mit einem Zugabenblock, an dessen Ende der Chor bei „Demon Days“ die Halle in eine Kathedrale verwandelte. Alles in allem verströmte die Österreich-Premiere der Gorillaz eher den Charakter einer Awardshow. Revolutionäres gab es nicht zu sehen - für gute Unterhaltung war jedoch allemal gesorgt.
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