Die Verhandler für Schwarz-Blau
ÖVP und FPÖ haben wie erwartet den Start von Koalitionsverhandlungen besiegelt. Mittwochmittag haben die ersten Gespräche der Hauptverhandler im Palais Niederösterreich in Wien begonnen. Die Verhandlungsteams präsentierten die beiden Parteichefs Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache bereits am Dienstag.
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Sowohl für die ÖVP als auch für die FPÖ werden die beiden Parteispitzen wenig überraschend persönlich verhandeln. Bei der ÖVP gehen zudem Generalsekretärin Elisabeth Köstinger und Generalsekretär Stefan Steiner, der Wiener Landesparteichef Gernot Blümel sowie die stellvertretende Bundesparteichefin und Casinos- und Lotterien-Vorständin Bettina Glatz-Kremsner in die Gespräche.
Enge Kurz-Vertraute
Vor allem mit Köstinger und Steiner arbeitete Kurz in den vergangenen Monaten eng zusammen, sie werden zu seinem innersten Kreis gerechnet. Die im Bauernbund und Europaparlament verankerte Kärntnerin Köstinger war dabei oftmals für die Kommunikation nach außen zuständig. Weitgehend im Hintergrund verblieb hingegen der 39-jährige niederösterreichische Rechtswissenschaftler Steiner, der aber als Ideologe und einer der engsten Berater von Kurz gilt.
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Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA; Fotos: APA
Seine Zuständigkeit liegt bereits seit Jahren bei programmatischen Inhalten und Strategie. Denn in der ÖVP ist Steiner tief verwurzelt: Er war zuerst Referent im Kabinett der damaligen Innenminister Günther Platter und Maria Fekter, der damalige Vizekanzler Josef Pröll holte Steiner als Politikchef in die Bundes-ÖVP - für eine „personelle und inhaltliche Erneuerung“. Zu Kurz kam Steiner über das Integrationsressort, wo er später Sektionschef wurde.
Wien und Wirtschaft
Auch Blümel gilt als Vertrauter von Kurz und Draht nach Wien, es verbindet unter anderem die gemeinsame Vergangenheit in der Jungen ÖVP. Personalia ließ dieser offen: Er wolle jedenfalls 2020 bei der Landtagswahl in Wien antreten.
„Personalia stehen am Ende“
Der Wiener Landesparteichef Gernot Blümel (ÖVP) wollte in der ZIB2 nicht sagen, ob auch er ein Ministeramt anstrebt.
Kein Ministeramt strebt laut eigenen Angaben Kurz’ Stellvertreterin Glatz-Kremsner an. Die Managerin, Finanzvorständin und Aufsichtsrätin gilt als Ansprechpartnerin für Wirtschaftsagenden. Auch Verbindungen zu Niederösterreich existieren: Bei der Landtagswahl 2013 gehörte sie einem Personenkommitee für den ehemaligen Landeshauptmann Erwin Pröll an.
Ideologen in FPÖ-Team
Bei der FPÖ gehen mit Vizeparteichef Norbert Hofer und Generalsekretär Herbert Kickl bekannte Gesichter und die wohl mit maßgebendsten Ideologen der Partei in die Verhandlungen. Beide werden im Fall einer Koalitionsbildung als fixe Ministerkandidaten gehandelt.
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APA/Georg Hochmuth
Kurz sagte, er wolle Van der Bellen laufend über die Gespräche informieren
Welche Ressorts sie bekleiden könnten, ist noch vollkommen offen. Strache nannte allerdings für Kickl das Sozialressort, Hofer gäbe hingegen einen „ausgezeichneten Außenminister“ ab, meinte er. Der Öffentlichkeit nicht ganz so bekannt sind hingegen Norbert Nemeth, der seit 2006 das Amt des Klubdirektors bekleidet, sowie die Nationalratsabgeordnete Anneliese Kitzmüller.
Umstrittener Olympia-Burschenschafter
Nemeth leiste Strache zufolge als Jurist „exzellente Arbeit“ im Parlamentsklub. Doch er ist nicht unumstritten: Der 48-Jährige ist Alter Herr der Burschenschaft Olympia, die vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) als rechtsextrem geführt wird. Zudem soll er laut einem Bericht des „profil“ 1996 seine Solidarität mit dem damals inhaftierten Holocaust-Leugner Gottfried Küssel erklärt und das Verbotsgesetz attackiert haben.
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Reuters/Leonhard Foeger
Kickl, Strache und Nemeth bei der Pressekonferenz
Kitzmüller sei als Vertreterin der Landesgruppe Oberösterreich und, so Strache, als „starke Frau“ in die Verhandlungsgruppe geholt worden. Die 58-Jährige ist langjähriges FPÖ-Mitglied: Sie betätigte sich bereits während ihres nicht abgeschlossenen Studiums im Ring freiheitlicher Jugendlicher, seit 2008 fungiert sie als FPÖ-Familiensprecherin, wobei sie die blaue Linie konsequent vertritt. In ihrem Heimatbundesland Oberösterreich, wo bereits eine schwarz-blaue Koalition regiert, kandidierte sie auf Listenplatz zwei hinter Manfred Haimbuchner.
„Wir sind eine Sicherheitspartei“
Heinz-Christian Strache empfindet die FPÖ als Sicherheitspartei und sieht daher seinen Platz im Innenministerium.
Reibungsloser Ablauf nicht garantiert
Die Verhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ könnten jedenfalls noch ereignisreich werden. Erste Unstimmigkeiten zeichneten sich bereits am Dienstag ab: Während Kurz seit Tagen davon spricht, dass er eine Regierungsbildung bis Weihnachten anpeilt, will die FPÖ „nichts überstürzen“. Es gelte, „ohne Zeitdruck und auf Augenhöhe“ zu verhandeln, so Strache. Der von Kurz gewünschte Abschlusstermin gelte daher für die FPÖ nicht.
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Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA
Offen ist auch, welche Rolle Bundespräsident Alexander Van der Bellen bei der Regierungsbildung spielen wird. In den vergangenen Tagen wurde kolportiert, dass Van der Bellen sowohl einem blauen Außen- als auch einem blauen Innenministerium ablehnend gegenübersteht. Allerdings hatte Strache das Innenressort stets als Koalitionsbedingung genannt. Am Dienstag sagte Strache dazu, dass er davon ausgehe, dass alle demokratisch gewählten Funktionäre auch regierungsfähig seien. Kurz kündigte an, Van der Bellen bei den weiteren Regierungsgesprächen auf dem Laufenden zu halten.
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