Keine Koalitionspräferenzen geäußert
Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat ÖVP-Chef Außenminister Sebastian Kurz am Freitag den Auftrag zur Regierungsbildung erteilt. Seit Donnerstagnacht liege das endgültige Ergebnis der Nationalratswahl vom Sonntag vor, bei der die ÖVP als Wahlsieger hervorging, so Van der Bellen.
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„Aufgrund des Wahlergebnisses betraue ich Sie, sehr geehrter Herr Außenminister und ÖVP-Obmann Sebastian Kurz, als Vorsitzenden der stimmenstärksten Partei“, mit der Erstattung von Vorschlägen für die Bildung einer neuen Bundesregierung, erklärte Van der Bellen nach einem Gespräch mit Kurz.

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Bundespräsident Alexander Van der Bellen und ÖVP-Chef Sebastian Kurz
Kurz war knapp vor 11.00 Uhr in der Präsidentschaftskanzlei. Nach einer Begrüßung vor den Medienvertretern zogen sich der Parteichef und der Bundespräsident zu einem rund 45 Minuten langen Gespräch hinter die Tapetentür zurück.
Van der Bellen sieht große Herausforderungen
Van der Bellen sprach auch mahnende Worte bei der Pressekonferenz in der Hofburg. Er werde ein Auge darauf haben, dass die Gesamtinteressen Österreichs und der Bevölkerung im Mittelpunkt stünden und nicht Partikularinteressen. Österreich stehe vor großen Herausforderungen, und darauf müsse die neue Regierung Antworten finden. Besonders bedeutsam sind für Van der Bellen Europa-, Integrations-, Wissenschafts- und Umweltpolitik.

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Bundespräsident Van der Bellen und ÖVP-Chef Kurz nach der rund 45-minütigen Unterredung
Zudem äußerte Van der Bellen seine Überzeugung, „dass die Politik wieder eine neue Gesprächs- und Vertrauenskultur finden muss“. Es brauche eine Kultur des gegenseitigen Respekts. Dazu gehöre auch ein sachlicher Dialog mit der Opposition.
Für „aktive Rolle in EU“
Österreich müsse auch künftig im Herzen, im Zentrum der Europäischen Union sein. Gemeinsam sei man stärker, da seien sich er und Kurz einig. Er erwarte sich von der neuen Regierung nicht nur ein Bekenntnis zu Europa, sondern Österreich solle in der EU auch eine aktive Rolle spielen, so der Bundespräsident mit Blick auf die Ratspräsidentschaft in der zweiten Hälfte 2018. Er begrüße es daher, dass Kurz sehr deutlich klargemacht habe, dass für ihn eine proeuropäische Ausrichtung der neuen Regierung eine Grundvoraussetzung sei.
Kurz soll neue Regierung bilden
Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat ÖVP-Chef Sebastian Kurz offiziell den Auftrag zur Regierungsbildung erteilt. Kurz will nun mit allen anderen Parteien Gespräche führen.
Der Bundespräsident streifte aber noch einige andere Themen in seiner rund fünfminütigen Rede, etwa die Integration von Flüchtlingen in Österreich, die Spielregeln für das Zusammenleben im Land unter Einhaltung von Menschenrechten und Menschenpflichten oder die Bewältigung der Auswirkungen der Digitalisierung.
Auch erwartet Van der Bellen einen Plan der Regierung für Innovation, Forschung, Entwicklung und Bildung, um das Land in diesen Bereichen an die internationale Spitze zu führen. Zu beantworten ist für das Staatsoberhaupt auch die Frage, welchen Beitrag Österreich leisten könne, um die sich abzeichnende Klimakatastrophe zu verhindern.
Regelmäßiger Austausch vereinbart
Was das Prozedere angeht, hat Van der Bellen mit Kurz vereinbart, dass es in den kommenden Tagen und Wochen zu einem regelmäßigen Austausch kommen wird. Personelle und inhaltliche Vorschläge will der Bundespräsident jedenfalls „sehr genau prüfen“, adressierte das Staatsoberhaupt in Richtung des ÖVP-Obmanns, dem er gutes Gelingen wünschte.

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Kurz nahm den Auftrag an und sagte, er sei sich „der großen Verantwortung“ bewusst
Nach der Ansprache des Bundespräsidenten sagte Kurz, er sei sich der „großen Verantwortung“ bewusst und werde nun wie angekündigt Gespräche mit allen im Parlament vertretenen Parteien führen. Kurz bedankte sich in seiner Rede, nachdem er den Regierungsbildungsauftrag bekommen hatte, sowohl beim Bundespräsidenten für die guten Gespräche in den vergangenen Tagen als auch einmal mehr bei den Wählern. „Diesen Auftrag nehme ich natürlich gerne an“ im Bewusstsein, dass es eine sehr große Verantwortung sei, so der Außenminister.
Kurz will sich gleich an die Arbeit machen
Mit den kleinen Fraktionen will er die Zusammenarbeit im Parlament ausloten - NEOS könne dabei die notwendige Zweidrittelmehrheit bei Verfassungsmaterien herstellen, so Kurz. Mit den beiden größeren Parteien will er klären, ob und welche Regierungskonstellation möglich ist. Er werde dann den Bundespräsidenten und die Öffentlichkeit informieren, mit wem die Regierungsverhandlungen aufgenommen werden.

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„Wichtig ist mir festzuhalten, dass wir eine neue politische Kultur und einen neuen politischen Stil etablieren“, so der ÖVP-Chef. Nach diesem Wahlkampf brauche es einen „respektvollen und würdevollen“ Umgang miteinander und eine kooperativere Form der Zusammenarbeit im Parlament.
Auch in der Regierung sollten alle an einem Strang ziehen. Er forderte ein „besseres Miteinander“ in der künftigen Koalition. „Ich möchte eine Regierung bilden, die den Mut und die Entschlossenheit hat, eine echte Veränderung in Österreich zustande zu bringen“, so Kurz. In einigen Bereichen gebe es verkrustete Strukturen, und um diese aufzubrechen, brauche es Entschlossenheit. „Ich habe vor, eine Regierung zu bilden, die auch diese Kraft hat“, so Kurz.
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