Türkis als neue Trendfarbe
Der Sieg der ÖVP bei der Nationalratswahl ist eindeutig und flächendeckend ausgefallen, das Debakel der Grünen ebenso. Auch angesichts neu bzw. nicht mehr antretender Listen kam es zu großen Wählerbewegungen - mit bemerkenswerten Teilaspekten.
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Österreichs kleinste Gemeinde, Gramais im Tiroler Außerfern, wählte wider den bundesweiten Trend - hier verlor die ÖVP Stimmen. Fest in schwarzen Händen blieb sie dennoch: 17 der 24 abgegebenen gültigen Stimmen gingen an die Volkspartei. Die Grünen, die bundesweit ein Debakel erlitten und sogar den Wiedereinzug in den Nationalrat verpassen dürften, hielten sich im Vergleich zu der Wahl 2013 stabil - bei zwei Stimmberechtigten.
Ergebnisse in den Bezirken nach Auszählung der Briefwahlstimmen
Anders das Bild in der Landeshauptstadt Innsbruck: Die Grünen stürzten mit einem Minus von 16,2 Prozentpunkten auf knapp unter acht Prozent ab. Ein Großteil der Stimmen wanderte an die SPÖ - diese erzielte hier ein Plus von rund 8,4 Prozentpunkten. Auch landesweit lief es für die Grünen unter Bundessprecherin Ingrid Felipe verheerend: Sie fielen von 15,2 auf 4,4 Prozent - kurz vor der Landtagswahl im Februar 2018 ein herber Rückschlag. Koalitionspartner ÖVP dagegen legte deutlich auf 38,5 Prozent zu und erzielte damit das beste Bundesländerergebnis der Schwarzen.
Wattens: Exakt gleich viel Wähler für ÖVP und FPÖ
Und noch einen Rekord konnte die ÖVP in Tirol verbuchen: Die Gemeinde mit dem höchsten Stimmenanteil für die Volkspartei ist dieses Mal Hinterhornbach im Bezirk Reutte - 45 Wählerstimmen brachten 83,3 Prozent ein. Hinterhornbach war gleichzeitig eine von österreichweit nur zwei Gemeinden, wo die SPÖ ohne Stimme blieb. Eine weitere Kuriosität findet sich in Wattens mit fast 6.000 Wahlberechtigten: Exakt 1.246 Personen entschieden sich hier jeweils für ÖVP und FPÖ.
Auf Wien ist für die SPÖ Verlass
Die einzig verbleibende Bastion der SPÖ ist Wien: Hier konnten die Roten ihren ersten Platz verteidigen und mit 34,6 Prozent das beste Länderergebnis einfahren. Großer Leidtragender war der Koalitionspartner - alle bisher grünen Bezirke gingen an die Sozialdemokraten verloren. Ein Blick auf die Gemeinden mit dem bundesweit größten Zugewinn für die SPÖ veranschaulicht das: Neubau plus 13,1 Prozentpunkte, Mariahilf plus 12,6 Prozentpunkte, Josefstadt plus 11,3 Prozentpunkte, Alsergrund plus 10,4 Prozentpunkte, Wieden plus zehn Prozentpunkte.
Keine grünen Flecken mehr
Genau in diesen Bezirken mussten die Grünen ihre schwersten Schlappen hinnehmen, in der langjährigen Hochburg Neubau gab es einen Absturz um 20,3 Prozentpunkte, in Mariahilf ging es um 18,6 Prozentpunkte bergab. Dass die Liste Pilz in den inneren Wiener Bezirken am stärksten punkten konnte, machte das grüne Debakel perfekt. In der Josefstadt etwa überholte Pilz mit 10,9 Prozent seine alte Partei, die nach einem Minus von 17,6 Prozentpunkten auf nur mehr 10,3 Prozent kam.
Kärnten wird wieder blau
Für die Grünen - immerhin Teil der Regierungskoalition - setzte es auch in Kärnten ein Debakel und den Absturz auf 2,4 Prozent. Nicht nach Wunsch lief es auch für die SPÖ, Platz eins im Land ging wieder an die FPÖ, die ein Plus von fast 14 Prozent einfuhr. Das Desaster rund um die Hypo Alpe-Adria scheint nicht mehr an den Freiheitlichen zu haften. Ihnen kam aber auch gelegen, dass das BZÖ nicht mehr zur Wahl stand, immerhin hatte dieses 2013 noch mehr als zehn Prozent errungen. Auch die Konkurrenz durch das Team Stronach fiel weg.
Sieger und Zweite auf Ebene der Gemeinden
Das volle freiheitliche Potenzial Kärntens schöpften die Blauen aber nicht aus: Laut vorläufigem Wahlergebnis inklusive der Briefwahlstimmen kamen sie auf 107.933 Stimmen. 2008 erreichte das damalige BZÖ unter Jörg Haider mehr als 125.000 Stimmen, die FPÖ bekam rund 24.000 Wähler. Mit 53,8 Prozent und einem Plus von 23,8 Prozentpunkten in Deutsch-Griffen erreichten die Freiheitlichen in Kärnten auch ihr stärkstes Gemeinderesultat. Über die 50-Prozent-Marke kam die FPÖ auch in den Kärntner Gemeinden St. Urban (50,9) und Mühldorf (50,6).
Rochaden in Oberösterreich
Neben Kärnten verloren die Sozialdemokraten auch in Oberösterreich die Führung, hier allerdings an die ÖVP. Seinem Ruf als Trendland blieb Oberösterreich damit treu: Hier waren die ersten Plätze bisher immer gleich verteilt wie im Bund. Die ÖVP legte um 6,1 Prozent zu und verdrängte die SPÖ auf Platz zwei. Die FPÖ gewann mit 5,5 Prozentpunkten am stärksten dazu - sie trennen nur ein bisschen mehr als 6.000 Wählerstimmen von der SPÖ. Ein Trost für die Roten ist die überraschende Rückeroberung von Wels, der siebentgrößten Stadt Österreichs, in der nach der Kommunalwahl 2015 ein blauer Bürgermeister zum Zug kam, die traditionell rote Hochburg Linz blieb als solche erhalten.
Schwarzes Comeback in der Steiermark
Einen Wechsel an der Spitze gab es auch in der Steiermark: War das Bundesland 2013 noch flächendeckend blau, so lag die ÖVP nach Auszählung der Briefwahlstimmen mit 31,5 Prozent diesmal vor der FPÖ mit 29,5 Prozent, die SPÖ kam auf 25 Prozent. Die Hauptstadt Graz blieb ihrem Ruf als Stadt mit vielen Wechselwählern treu: Erst im Februar waren die Sozialdemokraten mit dem Verlust des Sitzes im Stadtsenat und nur 10,0 Prozent der Wählerstimmen an einem Tiefpunkt angekommen. Am Sonntag dagegen wurden sie zur stärksten Kraft gewählt und legten um 8,9 Prozentpunkte zu. Die Grünen, bei der vergangenen Nationalratswahl noch auf Platz eins, verloren 15,5 Prozentpunkte.
Schnepfau: Wo die Grünen noch punkten konnten
Überraschendes gab es im äußersten Westen und Osten des Landes. In Vorarlberg konnte die SPÖ ihren Trend nach unten stoppen und beinahe flächendeckend Zugewinne erzielen. NEOS wurde in Dalaas - im Heimatort von Parteichef Matthias Strolz - auf 19,4 Prozent mehr als halbiert, es blieb das aber trotzdem die Gemeinde mit der größten NEOS-Ausbeute. In Vorarlberg findet sich auch eine der österreichweit neun Gemeinden, in denen die gebeutelten Grünen ihr größtes Plus und gleichzeitig ihr bestes Ergebnis österreichweit erzielten: 13,1 Prozent bzw. 30 Wähler entschieden sich in Schnepfau für Grün.
Für die SPÖ Burgenland unter Spitzenkandidat Hans Peter Doskozil brachte der Wahlsonntag einen unerwartet herben Dämpfer. Minus 4,3 Prozentpunkte bedeuten den stärksten Verlust im Bundesländervergleich und das Zurückfallen hinter Wien im roten Länderranking. Die Strategie, ganz auf das Thema Sicherheit und Spitzenkandidaten Doskozil zu setzen, dürfte nicht aufgegangen sein. In Tschanigraben, der kleinsten Gemeinde des Burgenlandes, erzielten die Roten mit 67,6 Prozent zwar bundesweit ihr bestes Ergebnis, doch auch hier gab es Einbußen. Auch die Gemeinde mit den größten SPÖ-Verlusten liegt im Burgenland - minus 32,6 Prozentpunkte setzte es in Inzenhof.
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