Bericht: Lücke schließt sich nur langsam
Der Osten Deutschlands hinkt 27 Jahre nach der Wiedervereinigung bei der Wirtschaftskraft dem Westen weiter klar hinterher und kann die Lücke nur langsam schließen. Im vergangenen Jahr lag die Wirtschaftsleistung je Einwohner im Schnitt bei 73,2 Prozent des westdeutschen Niveaus, wie aus dem diesjährigen Bericht der deutschen Bundesregierung zum Stand der deutschen Einheit hervorgeht.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Damit hat sich der Ost-West-Abstand innerhalb eines Jahres nur minimal verringert. Ohne Berlin wäre die Lücke mit rund 32 Prozent noch größer. „Die Verringerung dieses Abstands hat sich in den letzten eineinhalb Jahrzehnten erheblich verlangsamt“, heißt es in dem Bericht. Als ein Grund wird das Fehlen von Großunternehmen genannt.
Gefahr „gesellschaftlicher Spaltungen“
Das Problem der Fremdenfeindlichkeit in Ostdeutschland wird - anders als vor einem Jahr - nicht näher thematisiert. Allgemein wird auf die Folgen der Globalisierung, sinkende Bevölkerungszahlen sowie die Alterung der Gesellschaft verwiesen und gewarnt: „Gerade in den schwächsten Regionen, in denen sich Menschen ‚abgehängt‘ fühlen mögen, können gesellschaftliche Spaltungen bis hin zu radikalen Einstellungen entstehen.“
Vor einem Jahr hatte die Ost-Beauftragte der Bundesregierung, die SPD-Politikerin Iris Gleicke, ungewohnt deutlich davor gewarnt, dass der zunehmende Fremdenhass dem Standort Ostdeutschland schade und den gesellschaftlichen Frieden gefährde. In der aktuellen Bilanz wird die geringere Wirtschaftskraft vor allem mit der „Kleinteiligkeit der ostdeutschen Wirtschaft“ sowie dem „Mangel an Konzernzentralen großer Unternehmen“ begründet.
Keine Unternehmen an der Börse
„So ist kein einziges ostdeutsches Unternehmen im Börsenleitindex DAX-30 notiert“, heißt es. Nur wenige Großunternehmen hätten ihre Zentrale in Ostdeutschland. Viele Unternehmen seien als Teil westdeutscher Konzerne in ihren Möglichkeiten beschränkt. „Die kleinbetrieblichere Struktur und das Fehlen von Konzernzentralen sind in Ostdeutschland daher auch mit einer geringeren Exportquote und geringeren Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten der privaten Wirtschaft verbunden.“ Die Strukturschwächen erschwerten ein höheres Wachstum, das notwendig wäre, um die Wirtschaftskraft schneller an das westdeutsche Niveau anzugleichen.
Deutlich höhere Löhne
Die Arbeitslosenquote habe sich zwischen 2005 und 2016 von 18,7 auf 8,5 Prozent mehr als halbiert und dem geringeren Westniveau angenähert. 2016 sei sie im Schnitt drei bis vier Prozentpunkte über dem Wert der alten Länder gelegen. Generell gebe es in ganz Deutschland aber große regionale Unterschiede. Nach wie sind im Osten weit weniger Unternehmen an Tarifverträge gebunden - was das Ost-West-Lohngefälle verstärkt.
„Jenseits von tarifvertraglichen Regelungen (...) weisen die Bruttodurchschnittslöhne in Ostdeutschland einen spürbaren Abstand zu denjenigen in Westdeutschland auf“, heißt es. Das Verhältnis gegenüber Westdeutschland liege bei 82 Prozent - nach 81 Prozent im Vorjahr. Im Osten seien die Bruttodurchschnittslöhne um 40 auf 2.640 Euro gestiegen, in Westdeutschland um 20 auf 3.230 Euro. Da die Tarifbindung geringer und der Niedriglohnbereich im Osten größer seien, sei der Mindestlohn dort deutlich stärker verbreitet.
Link: