„Alles kann noch besser gemacht werden“
Alle drei Jahre legt die EU-Kommission einen Bericht zur Kohäsionspolitik vor - hinter dem sperrigen Begriff verbirgt sich die milliardenschwere Förderung der wirtschaftlich schwachen Regionen. Doch das Geld aus Brüssel hilft nicht immer nur denen, die es am nötigsten brauchen: Der heurige Bericht, der am Montag in Brüssel präsentiert wurde, weist auf eine nach wie vor große Kluft zwischen armen und reichen Regionen hin. Die „wirtschaftlichen Lücken“ würden nur langsam zuwachsen.
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Es gebe „nach wie vor ein Gefälle zwischen unseren Mitgliedstaaten wie auch innerhalb der einzelnen Mitgliedsstaaten“, erklärte die Kommissarin für Regionalpolitik, Corina Cretu, zum Bericht in Brüssel. Generell sei zu sehen: je entwickelter eine Region, desto schneller das Wachstum. Zwar verweist sie auf allmählich kleiner werdende Unterschiede zwischen Arm und Reich, aber „viele Menschen leben in Regionen, in denen das regionale BIP noch nicht auf dem Niveau vor der Krise liegt“, so Cretu.
Stagnation vor der Schwelle
Auch die öffentlichen Investitionen in der EU liegen demnach immer noch unter dem Vorkrisenniveau, doch würden die Regionen „noch mehr Unterstützung bei der Bewältigung der Herausforderungen“ benötigen. Auch gehe es darum, fortschrittliche politische Rahmenbedingungen in den EU-Staaten zu fördern: „Wir müssen stärkere Anreize für Reformpolitik bieten“, erklärte Kommissarin Cretu. Doch verweist man gleichzeitig darauf, in den letzten zehn Jahren 1,2 Mio. Arbeitsplätze geschaffen zu haben.

APA/AFP/Emmanuel Dunand
Karl-Heinz Lambertz, Präsident des EU-Ausschusses der Regionen, und Kommissarin Cretu bei der Berichtspräsentation
Neben der sich öffnenden Schere zwischen Arm und Reich ist noch ein anderer Umstand bemerkenswert: Viele Regionen, deren Wohlstand nahe am EU-Durchschnittswert liege, „scheinen“ (so heißt es offiziell) die Schwelle zur nächstfolgenden Entwicklungsstufe nur schwer überschreiten zu können. Dabei ist von einer „Middle Income Trap“ die Rede - ein Begriff, der oft im Zusammenhang mit Schwellenländern gebraucht wird, die den Übergang zum Industriestaat noch nicht erreicht haben.
„Verteilung der Mittel überdenken“
Der Präsident des EU-Ausschusses der Regionen (AdR), Karl-Heinz Lambertz, will aus dem Bericht nicht die Schlussfolgerung ziehen, dass die EU-Regionalpolitik gescheitert sei. Um das zu beurteilen, müsste man vergleichen, wie die Lage ohne EU-Kohäsionspolitik aussehen würde, was nicht möglich sei, sagte er. Lambertz sprach sich „vor allem (für) eine Vereinfachung“ der Projektförderung aus. Generell könne „alles noch besser gemacht werden“.
Man müsse „die Verteilung der Mittel überdenken“, meinte Kommissarin Cretu. Sie sprach von einer „stärkeren sozialen Orientierung“, die nötig sei. Zugleich warnte sie davor, „die Büchse der Pandora“ zu öffnen und künftig nur noch ärmere Regionen zu unterstützen. „Für mich ist es wichtig, dass wir eine Kohäsionspolitik für alle Regionen haben“, erklärte sie. Ins Treffen führte sie die osteuropäischen Länder, die sich „gerade im Wandel“ befänden. Nur dank des entsprechenden EU-Fonds könnten solche Fortschritte erzielt werden.
Ein Drittel der EU-Ausgaben
Die Regionalförderung, in die etwa ein Drittel der EU-Ausgaben fließe, müsse aber weitergehen, so der Tenor bei der Vorstellung des Berichts in Brüssel. Sowohl Cretu als auch Lambertz wiesen auf die Probleme vieler Behörden hin, das EU-Geld richtig einzusetzen. „Das Wichtigste ist das administrative Leistungsvermögen“, sagte Cretu. Der EU-Bericht bewertet dabei auch die einzelnen EU-Regionen. Österreich wird in drei Abschnitte unterteilt, Ost-, Süd- und Westösterreich: Allen drei Regionen wird starke Innovationskraft beschieden.
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Valentin Simettinger, ORF.at, aus Brüssel