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Fälle landen vor Sondergericht

In Bulgarien werden Fälle von Korruption bei Politikern von nun an vor dem Spezialgericht verhandelt. Mit einer Anfang November in Kraft getretenen Novelle des Strafverfahrenskodex will das ärmste EU-Land die Korruption auf den hohen Machtetagen besser bekämpfen.

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Das Spezialgericht ist jetzt für Korruptionsverfahren gegen Parlamentarier, Minister, hohe Richter und Bürgermeister zuständig. Dabei handle es sich um Delikte wie etwa Bestechung, Amtsmissbrauch und Aneignung. Bisher befasste sich Bulgariens Spezialgericht allein mit Fällen von Terrorismus, organisierter Kriminalität sowie Staatsverrat.

„Schadet dem Image Bulgariens“

Wegen Mängeln bei der Justiz und im Kampf gegen Korruption steht das Land nach dem EU-Beitritt vor fast elf Jahren nach wie vor unter Sonderbeobachtung der EU. Bereits zuletzt hatte die Regierung angekündigt, noch vor der Übernahme der Ratspräsidentschaft im kommenden Jahr ein entsprechendes Gesetz auf den Weg zu bringen, um das seit Jahren gerungen wird.

Es soll unter anderem ermöglichen, dass eine eigens dafür geschaffene Behörde gesetzeswidrig erworbenes Eigentum beschlagnahmen kann. „Die Korruption (...) schadet dem Image Bulgariens“, sagte Staatspräsident Rumen Radew unlängst. Dem Gremium gehören die Vorsitzenden der Parlamentsparteien und wichtige Kabinettsminister an.

Was traut sich das Personal?

Die seit Mai amtierende bürgerlich-nationalistische Regierung hatte Anfang Oktober einen Entwurf für ein Antikorruptionsgesetz gebilligt. Eine künftige Superbehörde soll Korruption wirksamer bekämpfen. Die oppositionellen Sozialisten haben einen eigenen Gesetzesentwurf ins Parlament eingebracht.

Das Regierungslager und die Opposition streiten, wer den Chef der künftigen Antikorruptionsbehörde ernennen soll - der Staatspräsident oder das Parlament. Eine Einigung darüber habe es auch bei der letzten Tagung des Sicherheitsrates nicht gegeben, beklagte Staatschef Radew. Das soll nun das Parlament entscheiden. Von Beobachtern im Land ist zu hören, dass es bei der Anwendung der neuen Regeln stark auf das eingesetzte Personal ankommen wird und ob diese Personen sich auch trauen, gegen möglicherweise hohe Politiker vorzugehen.

Minister zurückgetreten

Unlängst war ein hoher Politiker nach Enthüllungen über Freunderlwirtschaft zurückgetreten. Bulgariens Gesundheitsminister Nikolaj Petrow soll als einstiger Chef der Militär-Medizinischen Akademie (WMA) in Sofia öffentliche Aufträge in Gesamtwert von fast 1,6 Mio. Lewa (rund 800.000 Euro) an Firmen vergeben haben, die von dem Lebensgefährten seiner Tochter vertreten wurden.

Regierungschef Boiko Borissow nahm Petrows Rücktritt umgehend an. Es war der erste Rücktritt eines Ministers in dem bürgerlich-nationalistischen Kabinett. Die oppositionellen Sozialisten werfen dem Regierungslager immer wieder Freunderlwirtschaft und Korruption vor. Der Vizechef der Regierungspartei GERB, Zwetan Zwetanow, sagte dem TV-Sender bTV: „Das Gesetz wurde eingehalten - wir können allerdings über die moralische Seite sprechen.“ Der Sender hatte die Freunderlwirtschaft um den Minister enthüllt.

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