Weltberühmt in Österreich
Marco Michael Wanda erklärt im Interview mit ORF.at, dass seine Rock-’n’-Roll-Band die beste der Welt ist - auch wenn er ganz froh ist, dass der Weltruhm (zumindest vorerst) auf den deutschsprachigen Raum beschränkt ist.
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ORF.at: Das neue Album hat überrascht. Es ist anders, als viele erwartet haben.
Marco Michael Wanda: Mein lyrisches Ich ist jetzt stärker im Zentrum. Ja, und andere Instrumente haben wir. Streicher und eine Harfe. Das neue Album ist anders, weil wir uns auch verändert haben. Aber eigentlich ist es bloß eine andere Spielart des Gleichen. Ich bin gewissermaßen der Noel Gallagher der Band. Ich schreibe die Songs, die Texte. Erklären mag ich es aber nicht. Es ist auch nicht alles so einfach. „Bologna“ ist mir quasi passiert. Ich habe es in fünf Minuten geschrieben. Für „Meine beiden Schwestern“ habe ich zehn Minuten gebraucht. Und an manchen Liedern schreibt man ein ganzes Leben. Für ein Lied, das auf eine Platte kommt, werfe ich Hunderte weg.
Ich würde mir wünschen, dass das Publikum die Musik einfach als Projektionsfläche versteht. Toll, dass ich so magische Musik wie die der Beatles in Anspruch nehmen kann. Ich will dann gar nicht wissen, was das alles ursprünglich bedeutet hat. Daher hüte ich mich davor, davon zu reden, was ich mir dabei gedacht habe.

Wolfgang Seehofer
Wanda, windkraftbetrieben
ORF.at: Ihr werdet oft neben Bilderbuch als Speerspitze, als Pioniere einer neuen guten österreichischen Popwelle gesehen. Fühlt ihr da Verantwortung?
Marco Michael Wanda: Wir sind halt besser als die Deutschen. Die ersaufen derzeit in ihrer Befindlichkeitslyrik. Die neuen österreichischen Songs sind eigentlich eine literarische Bewegung. Wenn man sich den Nino aus Wien anhört oder den HC-Artmann-nahen Voodoo Jürgens. Auch in meinen Texten habe ich den Anspruch, vom Leben anders zu erzählen, als man es bisher gewohnt war. Aber so eine erfolgreiche Bewegung kann es nur geben, weil eine andere Bewegung vorgearbeitet hat.
Wir verdanken Ja! Panik viel und Soap and Skin, aber auch den Alten. Ich habe da keine Helden, ich bin Profi, ein Schriftsteller. Aber Große gibt es viele. Prokopetz mit seinen geilen Texten. Natürlich Ambros, Fendrich und Falco, aber auch Drahdiwaberl, Hallucination Company und sogar Chuzpe. Wir hatten ja auch Mozart und Schubert, eigentlich immer schon gute Leute.
ORF.at: Seid ihr Rockstars?
Marco Michael Wanda: Ich kann mit dem Begriff nichts anfangen. Wir beziehen den Applaus nicht auf uns. Wir gehen davon aus, dass die Menschen bloß den Triumph über die Problemstellung des Lebens feiern. Wenn man das erlebt, was wir drei Jahre lang erlebt haben, wird man auf eine gewisse Art Rock-’n’-Roll-gläubig. Aber mit uns kann das nichts zu tun haben. Wenn sich fünf Männer und 10.000 im Publikum gegenüberstehen, muss man sich fragen, wer war zuerst da: das Publikum oder der Akkord. Die Show bildet dann so eine Art Herz-Lungen-Kreislauf. Es reißt Grenzen ein, es differenziert nicht, es vereint.

Wolfgang Seehofer
Fototermine in der Gstätten: Wanda und ihr österreichisches Rock-’n’-Roll-Image
Spalten tut die Politik, der Rock ’n’ Roll führt zusammen. Er hat seine Wurzeln in der Bürgerrechtsbewegung. Beim Chuck Berry standen auf einmal Weiße und Schwarze nebeneinander im Publikum. Rock ’n’ Roll erzeugt ein Gefühl, dass Menschen Angst voreinander verlieren. Das genieße ich.
ORF.at: Wie sehr schränkt es den internationalen Erfolg ein, wenn man deutschsprachige Lieder singt?
Marco Michael Wanda: Es muss keine Weltkarriere sein. Ich stell’ mir das noch einsamer vor, als es eh schon manchmal ist. Da brauch ich nicht noch einen Jetlag dazu, dann häng ich mich überhaupt auf. Naja, wenn sie uns in Tokio wollen, sagen wir nicht Nein. Aber das zu forcieren haben wir im Moment nicht vor. Es ist einfach schön, dass wir auf dem deutschsprachigen Markt hier so ein Standing haben. Das reicht vorerst. Aber grundsätzlich halte ich uns natürlich für die beste Rock-’n’-Roll-Band der Welt. Aber das taiwanesische Radio spielt halt keine deutschsprachigen Sachen.
Klaus Totzler, für ORF.at