Will 130.000 Euro zurückfordern
Die SPÖ hat am Donnerstag den Vertrag mit ihrem Ex-Berater Tal Silberstein und einen Bericht des Wirtschaftsprüfers der Partei dazu vorgelegt. Laut den Angaben zahlte die Partei Silberstein bzw. seiner Agentur 536.000 Euro.
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Wie Bundesgeschäftsführer Christoph Matznetter sagte, sei die verdeckte Facebook-Kampagne kein Gegenstand der Verträge mit Silberstein gewesen. 131.250 Euro wolle man zurückfordern. „Wir wollen diese Art von Dirty Campaigning, verdeckten Aktionen und sonstigen Dingen im Wahlkampf nicht“, so Matznetter bei einer Pressekonferenz. Laut „Standard“ handelt es sich bei dem Text allerdings um einen Vertragsentwurf. Den unterschriebenen Vertrag vermute man bei Silberstein in Israel.
Vertragsgegenstand mit Silberstein sei allerdings (neben Übersetzungsleistungen, Datenanalyse und einer Beratung der SPÖ Niederösterreich vor ihrem Parteitag) nur „normale Agenturtätigkeit“ gewesen und nicht die verdeckten Facebook-Kampagnen: „Weder der Vertrag noch in den Rechnungen oder Zahlungen gibt es einen Hinweis darauf.“
Ursprünglich Vertrag bis September
Offengelegt wurde von der SPÖ auf ihrer Website auch der Vertrag mit Silbersteins Agentur GCS. Angeboten werden darin u. a. Umfragen, strategische Planung, Trainings, „War-Room“-Management, Medienbeobachtung, Vorbereitung auf TV-Debatten und Krisenmanagement. Ursprünglich sollte Silberstein von Oktober 2016 bis Ende September 2017 für die SPÖ arbeiten. Erst nachdem die vorgezogene Neuwahl ausgerufen worden war, wurde der Vertrag laut Matznetter bis Ende Oktober verlängert.

APA/Roland Schlager
Matznetter erläutert die Sicht der SPÖ auf die Dirty-Campaigning-Affäre
Für U-Ausschuss offen
Grundsätzlich befürworten würde Matznetter einen U-Ausschuss zur Causa. „Ich bin für jede Transparenz, die möglich ist.“ Ob ein U-Ausschuss hier wirklich möglich sei, müssten sich aber die Geschäftsordnungsexperten des Parlaments überlegen. Insbesondere will Matznetter von Facebook wissen, wer die fraglichen Seiten und eine gegen Kanzler Christian Kern (SPÖ) gerichtete Seite betrieben habe. Außerdem erwartet sich Matznetter in dieser Frage Aufklärung durch den Verfassungsschutz, bei dem man die rassistischen und fremdenfeindlichen Postings angezeigt habe.
Staatsanwaltschaft Wien ermittelt
Rechtliche Schritte behält sich die SPÖ sowohl gegen die vermuteten Urheber des „Datenleaks“ vor, das die Causa öffentlich gemacht hat, als auch gegen ihren involvierten Mitarbeiter Paul Pöchhacker sowie gegen Silberstein und dessen österreichischen Kompagnon Peter Puller. Matznetter meinte, dass man gegen Personen, die tätige Reue zeigen und zur Aufklärung beitragen würden, wohl weniger scharf vorgehen werde.
Die Staatsanwaltschaft Wien leitete inzwischen ein Ermittlungsverfahren ein, wie ihr Sprecher Thomas Vecsey am Donnerstagabend bekanntgab. Grundlage der Ermittlungen ist eine am Dienstag von der SPÖ eingebrachte Anzeige. Ermittelt wird wegen Beleidigung und übler Nachrede, wobei sich der Verdacht derzeit gegen unbekannte Täter richtet. „Wir werden jetzt an Facebook herantreten“, kündigte Vecsey an.
Matznetter verteidigt Kern-Reaktion
Dass Kanzler Christian Kern Silbersteins Rolle kleingeredet habe, als er meinte, Silberstein habe nur Datenanalysen betrieben, wies Matznetter zurück. Kern habe eben das genannt, woran er sich erinnern konnte. Nicht weiter kommentieren wollte Matznetter den APA-Bericht über die zum Jahreswechsel 2016 von der SPÖ geplanten Maßnahmen gegen den ORF. „Vielleicht gibt es jetzt eine Zeit lang weniger die Rede, dass der ORF ein Rotfunk sei, der ausschließlich SPÖ-Propaganda macht. Ein Kompliment für die Unabhängigkeit des ORF.“
Beratung der SPÖ NÖ inkludiert
Die SPÖ Niederösterreich betonte nach Matznetters Pressekonferenz, dass sich in Zusammenhang mit dem neuen Landesparteivorsitzenden Franz Schnabl und mit der vorverlegten Nationalratswahl „in der Arbeit Silbersteins für die SPÖ auch Überschneidungen zu Niederösterreich ergeben“ hätten, „die an uns weiterverrechnet wurden“.
In der Offenlegung der Zahlungen scheint unter „Beratung SPÖ NÖ“ ein Betrag von 40.000 Euro auf. Die SPÖ NÖ nannte dazu in ihrer Erläuterung Beratung, Regie und Drehbuch für die Erstellung eines Vorstellungsvideos für den Ende April designierten neuen Landesparteivorsitzenden, das unter anderem im Rahmen des Landesparteitages am 24. Juni präsentiert wurde. Zudem habe die SPÖ NÖ im Rahmen bundesweiter Fokusgruppen Zusatzfragen betreffend den Landesparteivorsitzenden und Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2018 beauftragt.
ÖVP: „Kern der Falschinformation überführt“
In den Augen von ÖVP-Generalsekretärin Elisabeth Köstinger hat Kanzler Kern „jede Glaubwürdigkeit verloren“. „Sowohl was das Ausmaß der Tätigkeit als auch die Rolle Silbersteins in der Wahlkampagne der SPÖ betrifft, haben Bundeskanzler Kern und die SPÖ der Öffentlichkeit nachweislich die Unwahrheit gesagt. Zudem sind die nun genannten Kosten für die Arbeit von Silberstein deutlich über dem, was bisher immer medial kolportiert wurde.“
Nicht beantwortet sei zudem, wer den Vertrag mit Silberstein abgeschlossen haben und welche Nebenabsprachen es gegeben habe, so Köstinger.
FPÖ: SPÖ bleibt Antworten schuldig
Kritik kam auch von FPÖ-Generalskretär Herbert Kickl. Der Freiheitliche, der am Vormittag bereits zwölf Fragen zur Affäre an die SPÖ und die ÖVP gerichtet hatte, sieht die SPÖ wegen der Dirty-Campaigning-Affäre nicht in einem „Tsunami“, wie es Matznetter dieser Tage formuliert hatte, sondern dem „Parteiuntergang“ geweiht.
„Die Antworten auf die offenen Fragen, wer denn was wann beauftragte, bleibt Matznetter natürlich schuldig, da helfen auch seine Beschwichtigungen nicht weiter, wenn er meint, dass die SPÖ solche Schmutzkübelkampagnen nicht wolle. Da muss man schon feststellen, dass es passiert ist, und das sicher nicht das erste Mal, wenn man sich zum Beispiel an den Bundespräsidentenwahlkampf erinnert“, meinte Kickl. Er warf der SPÖ vor, sie versuche, Wähler für „dumm“ zu verkaufen.
Pilz für U-Ausschuss
Neben Matznetter können sich einige Parteien vorstellen, die Silberstein-Affäre nach der Wahl in einem Untersuchungsausschuss zu durchleuchten. So sprach sich Peter Pilz dafür aus, gleich bei der konstituierenden Sitzung des Nationalrats einen solchen U-Ausschuss einzusetzen. Grüne und NEOS sind skeptisch, ob das Parlament hier zuständig ist.
Der grüne Klubchef Albert Steinhauser gab in der Tageszeitung „Der Standard“ zu bedenken, dass das Parlament die Verwaltungstätigkeiten und die Vollziehung des Bundes prüfen darf, die Silberstein-Affäre aber wenig damit zu tun habe. Die Grünen hätten grundsätzlich aber nichts gegen einen U-Ausschuss, bei dem zumindest der Umgang mit öffentlichem Geld geprüft werden könnte, so Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek am Rande einer Wahlveranstaltung.
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