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Slowenien sagte Treffen ab

Im Grenzstreit der beiden EU-Mitglieder Slowenien und Kroatien in der nördlichen Adria haben sich die Fronten verhärtet. Sloweniens Regierungschef Miro Cerar sagte ein für Spetember vorgesehenes Treffen zu diesem Thema mit seinem kroatischen Amtskollegen Andrej Plenkovic ab, berichteten Medien letzte Woche in Ljubljana.

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Plenkovic habe bei der UNO-Vollversammlung in New York erneut den internationalen Schiedsspruch zum Streit zugunsten Sloweniens für null und nichtig erklärt, begründete er seine Absage. Das von der EU vermittelte Schiedsgericht hatte Ende Juni Slowenien den größten Teil der seit Jahrzehnten umstrittenen Bucht von Piran auf der Halbinsel Istrien und einen Korridor für den „ungehinderten Zugang“ zu internationalen Gewässern zugesprochen.

Kroatien war allerdings bereits 2015 aus dem Vermittlungsverfahren ausgestiegen, nachdem Slowenien massiv gegen die Regeln des Schiedsgerichts verstoßen hatte. Slowenien will das Urteil bis Ende des Jahres notfalls auch mit Polizeigewalt durchsetzen.

Jahrelanger Streit

Kroatien wollte von dem Gericht eine Teilung der Bucht erreichen. Auf der anderen Seite bekam Slowenien nicht, wie es wollte, den eigenen freien Zugang zu internationalen Gewässern. Stattdessen soll ein 2,5 Seemeilen breiter Korridor in kroatischen Hoheitsgewässern eingerichtet werden. „Dort müssen alle Schiffe und Flugzeuge Sloweniens ungehindert Zugang haben“, sagte der Präsident des Tribunals, der Franzose Gilbert Guillaume.

Karte von der Bucht von Piran

Grafik: ORF.at; Quelle: APA

Grenzziehung anhand des Mittellinienprinzips

Gemäß der Internationalen Seerechtskonvention wird in Meeresbuchten die Grenze anhand des Mittellinienprinzips festgelegt: Zwischen beiden Kaps wird im gleichen Abstand gedanklich eine Linie gezogen. So wurde es bisher auch vor Piran gehandhabt - was für Slowenien bedeutete, dass es keinen eigenen Zugang zu internationalen Gewässern hatte. Immer wenn Schiffe den Hafen Koper anliefen, mussten sie durch kroatisches oder italienisches Hoheitsgebiet. Ljubljana lag aber an einem eigenen Zugang zur Hohen See.

Im Jahr 2008 gipfelte der Konflikt in einer mehrmonatigen Blockade der EU-Beitrittsverhandlungen Kroatiens durch Slowenien. Unter EU-Vermittlung wurde im November 2009 das Schiedsverfahren vereinbart. Die beiden Länder verpflichteten sich damals in einem bilateralen Abkommen, einem fünfköpfigen Tribunal die Entscheidung über den Grenzverlauf zu überlassen. Drei Tribunalsmitglieder wurden auf EU-Vorschlag ernannt, Slowenien und Kroatien stellten je einen weiteren Schiedsrichter. Kroatien trat im Juli 2013 der EU bei, ein Jahr später nahm das Schiedsgericht seine Arbeit auf.

Einseitiger Rückzug aus dem Schiedsverfahren

Vor zwei Jahren zog sich Kroatien aber aus dem Schiedsverfahren zurück - es war zu unerlaubten Absprachen zwischen dem slowenischen Schiedsrichter Jernej Sekolec und einer Diplomatin in Ljubljana gekommen. Das fünfköpfige Schiedsgericht, in dem auf EU-Vorschlag ernannte Richter die Mehrheit haben, rügte zwar Slowenien. Entgegen dem Ersuchen Kroatiens setzte es seine Arbeit aber fort, sowohl der slowenische als auch der kroatische Richter wurden durch internationale Rechtsexperten ersetzt.

Lankarte vom Grenzverlauf zwischen Slowenien und Kroatien

Grafik: ORF.at; Quelle: APA

Bei den Landesgrenzen gab es bei dem Schiedsspruch im Sommer keine Überraschungen. Das Tribunal erklärte in den meisten Streitpunkten die Katastergrenzen für maßgeblich - etwa entlang der Grenzen an den Flüssen Mur und Sotla (kroatisch: Sutla). So wurde auch der bisher von Slowenien kontrollierte Berggipfel Trdinov vrh (kroatisch: Sveta Gera) Kroatien zugesprochen. Die Landesgrenze auf der Halbinsel Istrien folgt laut dem Schiedsspruch dem Dragonja-Fluss und endet in der Mitte des Sveti-Odorik-Kanals.

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