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Lange Gesichter bei CSU in Bayern

Die von Kanzlerkandidatin Angela Merkel angeführte Union bleibt stärkste Kraft in Deutschland - aber CDU und CSU verbuchten bei der deutschen Bundestagswahl am Sonntag das schlechteste Ergebnis seit 1949. Auch für die SPD von Kanzlerkandidat Martin Schulz gab es eine historische Schlappe. Das Rennen um Platz drei gewann die rechtspopulistische AfD.

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CSU und CDU kamen laut vorläufigem amtlichem Endergebnis auf 33,0 Prozent. Die SPD stürzte auf 20,5 Prozent ab. Die AfD liegt mit 12,6 Prozent auf dem dritten Platz und schafft erstmals den Einzug in den Bundestag. Den Wiedereinzug nach dem Scheitern an der Fünfprozenthürde vor vier Jahren schaffte mit 10,7 Prozent die FDP. Die Grünen erreichten 8,9 Prozent, die Linke 9,2 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag laut ZDF bei 77 Prozent und damit deutlich über dem Wert vor vier Jahren (71,5 Prozent).

Grafik zur Hochrechnung

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Infratest dimap

„Natürlich besseres Ergebnis erwartet“

Merkel ließ sich die schweren Verluste in einer ersten Reaktion kaum anmerken. Sie sagte vor jubelnden Anhängern, man habe sich „natürlich“ ein besseres Ergebnis erhofft. Dennoch freue sie sich, „dass wir die strategischen Ziele erreicht haben: Wir sind stärkste Kraft, haben den Auftrag, die Regierung zu bilden, und gegen uns kann keine Regierung gebildet werden.“ Den Einzug der AfD sieht Merkel als Herausforderung. Deren Wähler will sie durch „gute Politik“ zurückgewinnen.

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„Natürlich besseres Ergebnis erwartet“

Mit den Worten „Liebe Freunde, meine Damen und Herren, man braucht nicht drum rumzureden, natürlich hatten wir uns ein wenig ein besseres Ergebnis erhofft“ wandte sich Merkel an ihre Anhänger.

Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer sieht das Ergebnis der Union bei der Bundestagswahl als schweren Rückschlag. „Es gibt nichts schönzureden. Das Wahlergebnis der Bundestagswahl 2017 ist für uns eine herbe Enttäuschung, sowohl das gemeinsame Ergebnis von CDU und CSU als auch das Ergebnis der CSU in Bayern.“ Man habe vor allem im September eine „Flanke auf der rechten Seite, eine offene Flanke“ gehabt. Es komme nun besonders darauf an, diese Flanke zu schließen, „mit klarer Kante und klaren politischen Positionen“.

Grafik zu Gewinnen und Verlusten

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Infratest dimap

„Schwerer und bitterer Tag“

„Heute ist ein schwerer und bitterer Tag für die deutsche Sozialdemokratie. Nach unserem Kernland NRW haben wir auch die Bundestagswahl verloren“, sagte Schulz vor Anhängern in Berlin. Trotz der historischen Wahlniederlage will er Parteivorsitzender bleiben und die Sozialdemokraten in die Opposition führen.

„Das ist eine Zäsur, und kein Demokrat kann darüber einfach hinweggehen“, sagte Schulz mit Blick auf den Einzug der AfD in den Bundestag. Zentrale Aufgabe der SPD bleibe es, den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft zu organisieren. Man werde den Kampf für Demokratie, Toleranz und Respekt weiterführen.

AfD will „Merkel jagen“

AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland schlug in einer ersten Reaktion harte Töne an. „Wir werden Frau Merkel jagen“, sagte er unter dem Jubel seiner Anhänger in Berlin. Die Partei wolle sich „unser Land und unser Volk zurückholen“. Wie aus einer Analyse des Instituts Infratest dimap für die ARD hervorging, holte die AfD in Ostdeutschland über 21 Prozent und damit deutlich mehr als im deutschlandweiten Trend.

Die meisten Stimmen - rund 1,2 Millionen - holte die AfD laut der ARD-Analyse aus dem Lager der Nichtwähler. Unter den Parteien verlor die CDU mit 1,05 Millionen Stimmen die meisten Wähler an die AfD. Von der SPD wanderten rund 470.000 Stimmen zur AfD, von der Linken rund 400.000 und von der FDP rund 40.000.

„Nie da gewesene Imagekorrektur“

Die FDP schnitt laut den Wahlforschern von Infratest dimap vor allem bei jungen Wählern gut ab. Sie erhielt 13 Prozent der Stimmen von Wählern unter 30 Jahren. Mit Spitzenkandidat Christian Lindner sei der FDP diesmal „ohne parlamentarischen Leistungsnachweis eine nie da gewesene Imagekorrektur“ gelungen, so die Wahlforscher.

„Ab jetzt gibt es wieder eine Fraktion der Freiheit. Die Menschen haben uns ein Comeback ermöglicht“, zeigte sich Lindner über das Wahlergebnis erfreut. Nach dem Scheitern an der Fünfprozentklausel vor vier Jahren sei nun ein Neuanfang möglich. Den Eintritt in eine Koalition machte Lindner davon abhängig, ob seine Partei Kernforderungen wie Steuersenkungen und die Einführung eines nur vorübergehenden humanitären Schutzes für Flüchtlinge durchsetzen könne.

Grüne „wollen Land verändern“

Bei den Grünen zeigten sich Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir zwar mit dem Wahlergebnis zufrieden - das Wahlziel, drittstärkste Kraft zu werden, wurde aber verfehlt. „Wir werden kein einfacher Partner sein“, sagte Göring-Eckardt auf der Berliner Wahlparty mit Blick auf eine mögliche Regierungsbeteiligung. Özdemir betonte: „Wir wollen dieses Land verändern." 

Weiter im Bundestag vertreten ist wie in Umfragen vorhergesagt die Linke. Linke-Spitzenkandidatin Sahra Wagenknecht zeigte sich mit dem "zweitbesten Ergebnis unserer Parteigeschichte“ zufrieden.

42 Parteien, 4.828 Kandidatinnen und Kandidaten

Zusammen mit Union (CSU/CDU), SPD, FDP, den Grünen, der Linken und der AfD stellten sich diesmal 42 Parteien und insgesamt 4.828 Kandidatinnen und Kandidaten der Wahl. Nur 1998 waren es mit 5.062 noch mehr gewesen. Der Frauenanteil betrug mit 1.400 Bewerberinnen 29 Prozent und lag damit unter dem bisherigen Rekordwert von 29,5 Prozent im Jahr 1994.

94 Mandate für AfD

CDU und CSU stellen 246 Abgeordnete im neuen Bundestag, die SPD erhält nur noch 153 Sitze. Die AfD bekommt 94 Mandate, die FDP 80. Die Linkspartei entsendet 69 Politiker in den Bundestag, die Grünen 67. Die Wahlbeteiligung lag bei 76,2 (71,5) Prozent. Der neu gewählte Bundestag wird aus 709 Abgeordneten bestehen, 2013 waren es 631 Abgeordnete. Die Differenz ergibt sich aus der Zahl der Überhangmandate.

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