Affäre hielt Frankreich in Atem
Die reichste Frau der Welt, L’Oreal-Erbin Liliane Bettencourt, ist im Alter von 94 Jahren gestorben. Die Multimilliardärin sei „friedlich“ zu Hause gestorben, teilte ihre Tochter Francoise Bettencourt Meyers am Donnerstag in Paris mit.
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Die verschlungenen Finanzaffären um die greise Besitzerin des Kosmetikkonzerns L’Oreal hatten jahrelang Frankreich in Atem gehalten, zeitweise war sogar der einstige Präsident Nicolas Sarkozy in dem Zusammenhang in Verdacht geraten. In der weit verzweigten Affäre, die lange die Schlagzeilen nicht nur in Frankreich beherrschte und am Ende vor Gericht aufgearbeitet wurde, war es insbesondere um den Vorwurf der „Ausnutzung der Schwäche“ der alten Frau gegangen. Die Angeklagten hätten der seit 2006 an Demenz leidenden Multimilliardärin über Jahre hinweg insgesamt mehrere hundert Millionen Euro aus der Tasche gezogen.
Teure Geschenke
Begonnen hatte die Affäre mit teuren Geschenken: Anfang des vergangenen Jahrzehnts intensivierte Bettencourt den Kontakt mit dem extravertierten Fotografen und Schriftsteller Francois-Marie Banier. Der Dandy ließ sich die Treffen mit Zuwendungen im Gegenwert von mehreren hundert Millionen Euro vergolden, wie im Laufe der Zeit herauskam. Wirklich ins Gewicht fielen diese aber kaum: Das US-Magazin „Forbes“ bezifferte ihr Vermögen 2016 auf etwa 36 Milliarden US-Dollar.

Reuters/Charles Platiau
Bettencourt mit ihrer Tochter Francoise 2007, noch vor dem Konflikt
Bettencourts einzige Tochter Francoise fürchtete um das Lebenswerk ihres Großvaters Eugene Schueller und schaltete die Justiz ein. Sie warf ihrer Mutter vor, im Zustand geistiger Unzurechnungsfähigkeit mit Geld um sich zu werfen, und beantragte eine medizinische Untersuchung. Die Mutter wehrte sich gegen die Tochter mit Klagen wegen Psychoterrors.
Plötzlich Staatsaffäre
Im Zuge der Affäre tauchten heimlich aufgenommene Abhörbänder auf, die Bettencourts Butler zu verantworten hatte. Diese und die Aussagen einer anderen früheren Angestellten stützten die These, dass die Seniorin zumindest mit erheblichen Gedächtnisproblemen zu kämpfen hatte. Damit rückten ganz neue Dimensionen der Affäre ans Tageslicht. Es fanden sich Hinweise auf Steuerhinterziehung, Kungeleien mit Politikern und Bereicherungsversuche von anderen Vertrauten. Die Justiz nahm Ermittlungen auf.
Prominente Politiker kamen davon
Vor Gericht standen frühere Vermögensverwalter, Anwälte, Bedienstete und Bekannte Bettencourts, aber auch der langjährige Vertraute von Frankreichs Ex-Präsident Sarkozy und einstige Schatzmeister der konservativen Partei UMP, Eric Woerth.
Zeitweise wurde auch gegen Sarkozy mit dem Verdacht der illegalen Wahlkampffinanzierung ermittelt. Das Verfahren gegen ihn wurde 2013 aus Mangel an Beweisen eingestellt. Auch Woerth wurde 2015 freigesprochen. Andere Angeklagte aber wurden zu Gefängnisstrafen verurteilt, weil sie Bettencourt um Millionenbeträge gebracht hatten. Butler Pascal Bonnefoy wurde 2016 freigesprochen.
Bis 2011 im Aufsichtsrat
Die großen Verdienste Bettencourts sind angesichts der vielen Affären in den Hintergrund gerückt. Dazu gehört die 1987 gegründete Stiftung Bettencourt Schueller, die Wissenschafts- und Kulturprojekte fördert, aber vor allem ihr Einsatz für den Kosmetikkonzern ihres Vaters. Bis Anfang 2011 saß sie im Aufsichtsrats.

APA/AFP/Gerard Fouet
Bettencourt 1988 (l.) mit Schauspielerin Arielle Dombasle (M.) und Präsidentenwitwe Claude Pompidou (r.)
Doch kurz vor Bettencourts 89. Geburtstag im Jahr 2011 verfügte ein Gericht die Entmündigung der L’Oreal-Erbin, ihr Enkel Jean-Victor Meyers wurde zum Vormund bestellt. „Sie wollen mich einsperren“, hatte die Seniorin zuvor noch einer Zeitung erklärt - und gedroht auszuwandern. Später gab es von ihr praktisch keine öffentlichen Aussagen und Auftritt mehr. Die Familie Bettencourt ist noch mit 33 Prozent an dem Kosmetikkonzern beteiligt. Die Familie bekräftigte ihre Unterstützung für L’Oreal und ihr Vertrauen in den Konzernlenker Jean-Paul Agon.
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