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IPhone verliert eindeutiges Merkmal

Zum zehnten Geburtstag hat Apple am Dienstag mit dem iPhone X an seinem neu eröffneten Firmensitz Apple Park die nächste Generation seines Smartphones vorgestellt. Es soll laut Apple-Chef Tim Cook wie das erste iPhone 2007 die nächsten zehn Jahre der Smartphone-Entwicklung bestimmen - und das unter anderem mit selbst gemachten Emojis in Form von wiehernden Einhörnern und kleinen Scheißehaufen.

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Auf den ersten Blick fällt beim iPhone X vor allem der fehlende Home-Button auf. Er fiel dem neuen OLED-Display (5,8 Zoll Diagonale mit 2.436 mal 1.125 Pixel) zum Opfer, das nun die ganze Vorderseite von Rand zu Rand ausfüllt. Es gibt nur eine sichtbare Aussparung für die Frontkamera und diverse Sensoren am oberen Rand. Damit entfällt auch der Fingerabdrucksensor, der bisher im Home-Button integriert war. Durch den Wegfall des Home-Buttons müssen sich die Nutzer bei der Interaktion mit dem iPhone X komplett umstellen: Diese funktioniert nämlich nur noch über Wischgesten.

Phil Schiller (Apple) präsentiert das iPhone X

APA/AP/Marcio Jose Sanchez

Apples Marketingchef Phil Schiller präsentierte das iPhone X ohne Home-Button

Nutzer sollen sich künftig mittels Gesichtserkennung am iPhone biometrisch anmelden können - mit welchem Gesichtsausdruck, bleibt dabei jedem selbst überlassen. Auch Käufe im App-Store und Apples eigenem Bezahlsystem Apple Pay sollen sich mit einem Blick aufs Handy autorisieren lassen. Apple verspricht, dass das Face ID genannte System sich dem Nutzer anpassen soll und sich etwa auch durch Hüte, Brillen, Bart, Masken oder Fotos nicht täuschen lässt.

Allerdings funktionierte Face ID bei der Präsentation im ersten Anlauf gleich gar nicht, es musste ein anderes Gerät genommen werden. Die biometrischen Daten sollen direkt im Gerät gespeichert und nicht an Server übertragen werden.

Animation für Emojis

Eine Funktion, die bei der Präsentation besonders hervorgestrichen wurde, sind animierte Emojis, Animojis genannt, die mit dem iPhone X möglich sind. Gezeigt wurden etwa ein wieherndes Einhorn, ein sprechender Fuchs und ein lachender Scheißehaufen. Nutzer können ihre Stimmen und Gesichtsausdrücke mit diesen Emojis einfangen und an andere Nutzer verschicken.

Phil Schiller (Apple) zeigt neue Emoticons

AP/Marcio Jose Sanchez

Emojis können mit dem iPhone X selbst animiert werden

Abseits davon hat das iPhone wieder eine gläserne Rückseite verpasst bekommen. Das ermöglicht drahtlose Aufladung, die Apple AirPower nennt. Die Dualkamera auf der Rückseite des iPhone X arbeitet mit jeweils zwölf Megapixel (Blende f1,8 und f2,4) und soll deutlich schneller sein. Auch sonst wurde das Gerät überarbeitet, neue Sensoren sollen etwa ein verbessertes Augmented-Reality-Gefühl ermöglichen.

Update auf iPhone 8 und 8 Plus

Apple blieb allerdings seiner Linie treu und zeigte auch ein iPhone 8 und iPhone 8 Plus, also Nachfolger der aktuellen Geräte. Auch sie sind durch die neue gläserne Rückseite drahtlos aufladbar, haben den Home-Button aber behalten. Das iPhone 8 Plus hat zudem ebenfalls eine Dualkamera mit jeweils zwölf Megapixel. In allen Geräten arbeitet ein neuer Chip namens A11 Bionic mit dem ersten von Apple designten eigenen Grafikchip. Während das iPhone 8 und 8 Plus noch im September auf den Markt kommen, muss man auf das iPhone X bis November warten. Dann ist das iPhone X ab 1.149 Euro verfügbar, das iPhone 8 ab 799 Euro .

Aktualisiert wurde auch die Apple Watch, die nun mit einer E-SIM arbeitet, einer softwarebasierten SIM-Karten-Lösung. Die neue Apple-Watch hat auch ohne Handy alle Funktionen wie etwa Apples Siri und soll zudem deutlich schneller sein. Mit einer höheren Auflösung für Apple TV (4K) sowie der Bildverbesserungstechnik HDR liefert Apple zudem die schon lange erwartete Verbesserung für sein Streaming-Gerät.

Der sichere Weg nach Hause fällt weg

Dass Apple bei seinem Vorzeige-iPhone gerade den physischen Home-Button abgeschafft hat, verwundert nicht nur gerade angesichts der neuen Firmenzentrale: Der Rundbau, der laut dem verstorbenen Apple-Chef Steve Jobs keine einzige gerade Glasfläche hat, erinnert frappant an einen iPhone-Home-Button. Seit der Vorstellung des ersten iPhones vor zehn Jahren war der runde Knopf zudem sicherer Garant für ein schnelles und blindes Heimfinden aus den tiefsten Untermenüs und eindeutiges Erkennungsmerkmal für das Gerät selbst. Abgesehen vom Apple-Logo sieht das iPhone nun eigentlich wie jedes andere Smartphone aus.

Apple Park

Das neue Hauptquartier, Apple Park, wurde noch von Steve Jobs geplant und in Auftrag gegeben. Knapp vier Jahre Bauzeit und rund fünf Milliarden Dollar wurden bisher investiert. Ende 2017 soll es fertig und komplett bezogen sein.

Dabei ist das iPhone das wichtigste Gerät im Apple-Portfolio: 1,2 Milliarden Smartphones hat Apple seit dem Verkaufsstart des ersten iPhones 2007 absetzen können. Alleine im letzten Quartal verkaufte Apple 41 Mio. Stück für knapp 25 Mrd. US-Dollar. Der zweitgrößte Posten in der Apple-Bilanz, Services, ist mit 7,2 Mrd. US-Dollar deutlich abgeschlagen. Von seinen Macs verkaufte das Unternehmen im vergangenen Quartal nur 4,2 Mio. Stück. Insgesamt verbuchte Apple im vergangenen Quartal einen Umsatz von 45,1 Mrd. US-Dollar.

IPhone-Umsätze in China gehen zurück

Das iPhone-Geschäft ist für Apple also besonders wichtig und auch gewinnbringend, doch mittlerweile legen andere Apple-Geschäftsbereiche schneller zu. Der Bereich Services etwa stieg beim Umsatz im Jahresvergleich um 22 Prozent, sogar Macs stiegen im Jahresvergleich deutlich stärker - beides allerdings auf niedrigerem Niveau. Angesichts der Konkurrenz vor allem aus Asien warnen zudem immer mehr Beobachter, dass Apples bisherige Cashcow schon bald zu Ende gemolken sein könnte.

Luftaufnahme des neuen Apple Campus

APA/AFP/Getty Images/Justin Sullivan

Ende April sind die ersten Mitarbeiter in die neue Apple-Firmenzentrale eingezogen

Vor allem in China ist der Umsatz zuletzt deutlich zurückgegangen. Apple liegt in der Volksrepublik bei den Smartphone-Anbietern inzwischen auf dem fünften Platz hinter Rivalen wie Huawei, Oppo, Vivo und Xiaomi. Ein echter Nachfolger zeichnet sich derzeit nicht ab - auch nicht in Form der Apple Watch, selbst wenn sie laut Apple die mittlerweile am häufigsten verkaufte Uhr weltweit ist - vor Luxusmarken wie Rolex. Sorgen um Apples finanzielle Zukunft muss man sich vorerst dennoch nicht machen, Apple hat einen dicken Finanzpolster, der dem Hersteller einen langen Atem ermöglicht.

Emotionale Aufladung

Nicht nur angesichts der zu Beginn eingespielten Jobs-Zitate wurde bei der Präsentation im neuen Steve Jobs Theatre auf dem Firmengelände allerdings auch einmal mehr deutlich, dass der verstorbene Apple-Gründer fehlt. Jobs Gabe, selbst gewöhnliche Funktionen, die es schon länger in anderen Produkten gibt, als absolute Neuigkeit zu verkaufen, ist ungeschlagen.

Steve Jobs Theatre in Cupertino

APA/AFP/Josh Edelson

Es war die erste Präsentation im eigens gebauten Steve Jobs Theatre

Da half auch die wie immer überschwängliche Begeisterung der versammelten Präsentatoren und die emotionale Aufgeladenheit der gesamten Veranstaltung bis hin zu einem sichtlich ergriffenen Cook, der mehrmals Jobs zitierte, nicht. „All You Need Is Love“ von den Beatles und „Everything Can Be Done“ ertönte es pathetisch zu Beginn der Präsentation - ein gut gefülltes Geldbörsel schadet bei Apple aber auch nicht.

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