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Bildungssystem auf dem Prüfstand

Am Dienstag hat die OECD ihre alljährliche Studie „Bildung auf einen Blick“ („Education at a Glance“) vorgelegt. Ein Aspekt: In Österreich nähern sich im OECD-Vergleich überdurchschnittlich viele Lehrer dem Pensionsalter. Insgesamt sind 43 Prozent der Lehrer 50 Jahre oder älter. Ein Überblick über die Detailergebnisse von „Education at a Glance 2017“.

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2016 lag der Anteil der Personen mit einem tertiären Bildungsabschluss an der Bevölkerung im Alter von 25 bis 64 Jahren in Österreich bei 32 Prozent (OECD-Schnitt: 37 Prozent). Das entspricht einem leichten Anstieg für Österreich gegenüber dem Jahr davor (31 Prozent). In Österreich werden allerdings mittlerweile nicht nur Hochschulabschlüsse dazugezählt, sondern auch bestimmte Schulabschlüsse (BHS-Abschlüsse gelten im internationalen Vergleich als tertiäre Kurzausbildungen). Über einen Bachelor, Master/Diplom oder ein Doktorat verfügen in Österreich dagegen nur 16 Prozent (OECD: 29 Prozent).

Hohe Kosten pro Schüler

In Österreich betrugen die Ausgaben pro Person von der Volksschule bis zur Hochschule kaufkraftbereinigt 2014 pro Kopf durchschnittlich 14.549 Dollar. Damit lagen sie weit über dem OECD-Schnitt von 10.759 Dollar. Gleiches gilt für die jeweiligen Einzelbereiche Volksschule, Sekundarstufe und - etwas eingeschränkt - Hochschulen.

Vergleichsweise weniger Schüler als im OECD-Schnitt kamen 2015 in Österreich in der Volksschule und in der Sekundarstufe auf einen Lehrer: Im Primarbereich (Volksschule) sind es zwölf Schüler (OECD: 15), in der Sekundarstufe neun (OECD: 13). Im Schnitt saßen hier in der Volksschule 18 Kinder in einer Klasse (OECD: 21), nur in Griechenland, Lettland und Luxemburg waren es noch weniger. Im Sekundarbereich eins (AHS-Unterstufe, Hauptschule/Neue Mittelschule) lag die durchschnittliche Klassengröße bei 21 Schülern (OECD: 23), damit liegt Österreich im vorderen Mittelfeld.

Kaum „Bildungsaufstieg“

Österreichs Bildungsausgaben gemessen an der Wirtschaftsleistung lagen 2014 unter dem OECD-Schnitt: In Österreich werden 4,9 Prozent des BIP für Bildungseinrichtungen vom Primär- bis Tertiärbereich aufgewendet, in der OECD sind es im Schnitt 5,2 Prozent. Der Anteil der öffentlichen Bildungsausgaben an den öffentlichen Gesamtausgaben beträgt in Österreich 9,3 Prozent und ist damit ebenfalls unter dem OECD-Durchschnitt (11,3 Prozent). Auffällig: Sowohl der Anteil der Bildungsausgaben am BIP als auch jener der öffentlichen Bildungsausgaben an den öffentlichen Gesamtausgaben ist in Österreich 2015 auf 2016 gesunken, in der OECD aber gleich geblieben.

Ein „Bildungsaufstieg“ in Richtung Hochschulabschluss ist in Österreich eher selten. In der Altersgruppe der 30- bis 44-Jährigen absolvierten hierzulande nur zehn Prozent der Kinder von Eltern, die selbst keinen Hochschulabschluss haben, ein Studium an einer Uni bzw. einer anderen Hochschule. OECD-weit waren es doppelt so viele.

Viele ausländische Studierende

Mit 16 Prozent wies Österreich 2015 hinter Luxemburg (46 Prozent), Neuseeland (21 Prozent), Großbritannien (19 Prozent) und der Schweiz (17 Prozent) den fünfthöchsten Anteil internationaler Studierender an den eigenen Hochschulen auf (OECD: sechs Prozent). Umgekehrt sind nur rund fünf Prozent der österreichischen Studierenden an ausländischen Unis inskribiert (OECD: sechs Prozent).

Grafik zur Alterstruktur der Lehrer in OECD-Ländern

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/OECD

Auffällig ist das im OECD-Vergleich relativ hohe Alter der Lehrenden. Im Volksschulbereich sind in Österreich 38 Prozent aller Pädagogen 50 Jahre oder älter, in der OECD sind es 32 Prozent. Am höchsten fällt der Unterschied im Sekundarbereich eins aus: In der AHS-Unterstufe bzw. Neuen Mittelschule sind in Österreich 48 Prozent der Lehrer mindestens 50 Jahre (OECD: 36 Prozent), an den Oberstufenschulen (Sekundarbereich zwei) kommt Österreich auf einen Anteil von 43 Prozent (OECD: 40 Prozent).

Pädagogen verdienen in Österreich zu jedem Zeitpunkt ihrer Karriere und in allen Schultypen mehr als im OECD-Schnitt. Lag 2015 bei Volksschullehrern schon das Einstiegsgehalt mit rund 34.000 Dollar (kaufkraftbereinigt) pro Jahr über dem OECD-Schnitt (30.800), ist der Abstand beim Höchstgehalt mit rund 66.500 Dollar noch größer (OECD: 52.700). Ähnlich verhält es sich in der Sekundarstufe eins (Österreich: rund 35.500 Dolar Start-, rund 68.800 Endgehalt; OECD: 32.200 bzw. 55.100) und der AHS-Oberstufe (Österreich: 37.200 bzw. 76.000 Dollar; OECD: 33.800 bzw. 57.800 Dollar).

Geringere Unterrichtsverpflichtung

Im Vergleich zu anderen Hochschulabsolventen stehen Lehrer in Österreich allerdings etwas schlechter da: So verdient ein Lehrer in der Volksschule 72 Prozent des durchschnittlichen Akademikergehalts, in der Sekundarstufe eins sind es 85 und in der AHS-Oberstufe 92 Prozent (OECD: 85 bzw. 88 und 94 Prozent).

Volksschullehrer müssen in Österreich (779 Stunden pro Jahr) etwas weniger unterrichten als im OECD-Schnitt (794 Stunden). Im Sekundarbereich eins stehen dagegen die österreichischen Lehrer jährlich gleich um 97 Stunden kürzer in der Klasse (Österreich: 607, OECD: 704), in der AHS-Oberstufe sind es 73 Stunden (Österreich: 589, OECD: 662). Die Zahl der Unterrichtstage liegt in Österreich mit 180 in allen Schulformen fast im OECD-Schnitt.

„Chancengleichheit erklärtes Ziel“

Für Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) sind die Studienergebnisse zweischneidig: Zwar zeige sich, dass die Österreicher vergleichsweise gut gebildet seien. Doch eine andere zentrale Aussage der Studie, nämlich dass in Österreich Bildung noch immer vererbt werde, sei alarmierend: „Chancengleichheit für alle Kinder, unabhängig von Einkommen, Herkunft oder Bildungsgrad der Eltern, ist das erklärte Ziel. Wir können nicht so viele Talente unerkannt lassen.“ Diesen Mangel an "Bildungsaufstieg“ beklagen auch der grüne Bildungssprecher Harald Walser und NEOS-Chef Matthias Strolz.

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