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Vor Abstimmung im UNO-Sicherheitsrat

Im Konflikt um das nordkoreanische Atomprogramm sind die Töne zwischen Washington und Pjöngjang in den vergangenen Wochen aggressiv geworden. Berlin pocht auf eine diplomatische Lösung und will aktiv dazu beitragen. Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel verwies dabei im Gespräch mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ („FAS“) auf die Atomverhandlungen mit dem Iran.

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„Wenn unsere Beteiligung an Gesprächen gewünscht wird, werde ich sofort Ja sagen“, so Merkel zur „FAS“. Bei den Verhandlungen über das iranische Atomprogramm waren Deutschland und die fünf Vetomächte im UNO-Sicherheitsrat beteiligt. Es habe sich um „eine lange, aber wichtige Zeit der Diplomatie“ gehandelt, die zu einem „guten Ende“ gekommen sei. „Ein solches Format könnte ich mir auch für die Beilegung des Nordkorea-Konflikts vorstellen“, sagte Merkel. „Europa und speziell Deutschland sollten bereit sein, dazu einen sehr aktiven Teil beizutragen.“

Der Umgang mit dem völkerrechtswidrigen Atomprogramm Nordkoreas sei für Europa eine bedeutende Frage, auch wenn das Land geografisch weit entfernt liege. „Ich sehe nur die Möglichkeit einer diplomatischen Lösung“, sagte Merkel. „Niemand kann wollen, dass in der ganzen Region eine neue Rüstungsspirale in Gang kommt.“

Experte traut Trump Durchbruch zu

Bisher sahen viele Experten gerade im Vorgehen von US-Präsidenten Donald Trump die Gefahr für ein solches Wettrüsten. Etwas anders schätzte die Lage am Sonntagabend der Nordkorea-Experte Rüdiger Frank in der ORF-Diskussionssendung „im Zentrum“ ein. „Es gibt Leute, die eine gewisse Hoffnung haben, dass Donald Trump, gerade weil er so unberechenbar ist, den Durchbruch schaffen kann, den seine Vorgänger nicht geschafft haben“, sagte Frank.

So habe Trump anders als sein Vorgänger Barack Obama die „Denuklearisierung“ Nordkoreas nicht explizit zur Bedingung für Gespräche mit Pjöngjang gemacht, sagte der Leiter des Ostasieninstituts der Universität Wien. Außerdem habe er noch „gar nicht über Menschenrechte in Nordkorea geredet“, was in der Vergangenheit ein Totschlagsargument gewesen sei. Man solle abwarten, ob Trump und Kim „nicht vielleicht doch zusammenkommen“, plädierte Frank gegen eine allzu starke Fixierung auf das „Getöse“ von Trumps martialischen Ansagen in Richtung Pjöngjang.

Skepsis gegenüber Ölembargo

Skeptisch zeigte sich Frank zum von den USA angepeilten Ölembargo gegen Nordkorea. „Ich denke nicht, dass es eine Lösung ist“, sagte er. Das Land verfüge nämlich über große Reserven in unterirdischen Lagern und könnte 40 Prozent seiner Ölimporte substituieren. Leiden würden die Bürger Nordkoreas. „Wer Nordkorea den Ölhahn zudreht, nimmt eine Hungersnot in Kauf“, warnte Frank.

Am Montag, rund eine Woche nach dem Atomtest Nordkoreas, berät der UNO-Sicherheitsrat über sein weiteres Vorgehen. Auf dem Tisch liegen auf Vorschlag der USA neue Sanktionen, darunter auch ein Embargo auf Öl. Pjöngjang hatte am Sonntag vor einer Woche seinen bisher stärksten Atomtest vorgenommen und dabei nach eigenen Angaben eine Wasserstoffbombe gezündet, die als Sprengkopf für seine Interkontinentalraketen dienen soll.

Pjöngjang feierte Bombentest

Machthaber Kim feierte am Wochenende mit pompösen Massenveranstaltungen demonstrativ den 69. Jahrestag der Staatsgründung und den „perfekten Test einer Wasserstoffbombe“. Die weitgehend abgeschottete Führung verbreitete am Sonntag Fotos von Hunderten Militärs des Atomsektors bei Jubelfeiern, von farbig gekleideten tanzenden Frauen vor den Monumenten in Pjöngjang sowie von Kranz- und Blumenniederlegungen. Auch Kim und seine Frau Ri Sol Ju wurden bei einem Galakonzert gezeigt. Er forderte eine „Verdopplung“ der Anstrengungen, um Nordkorea zu einer anerkannten Atommacht aufsteigen zu lassen.

Tanzende Paare am nordkoreanischen Nationalfeiertag in Pjöngjang

APA/AFP/KNS

Große Feierlichkeiten: Pjöngjang zelebrierte Staatsjubiläum und Nukleartest

Die USA beantragten nach dem jüngsten Test eine Abstimmung im Sicherheitsrat über neue Sanktionen und brachten ein Ölembargo ins Spiel. Nordkorea droht für diesen Fall mit Gegenmaßnahmen. Merkel will am Montag mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefonieren, der sich - anders als China – gegen weiteren Druck auf Nordkorea ausgesprochen hatte.

Widerstand voN Russland und China

Die USA wollen neben einem Ölembargo auch Textilexporte unterbinden, nordkoreanische Arbeiter sollen zudem nicht mehr im Ausland angeheuert werden dürfen. Nordkoreas Staatschef Kim Jong Un soll weiters mit einem Reiseverbot belegt werden. In einigen Punkten zeichnete sich keine Zustimmung der beiden Vetomächte Russland und China ab. Beide Länder wandten sich bei einem Expertentreffen der 15 Sicherheitsratsmitglieder gegen sämtliche vorgeschlagenen Strafmaßnahmen mit Ausnahme des Textilembargos, wie es aus Diplomatenkreisen hieß. Starken Widerstand gab es gegen den Beschluss eines Ölembargos.

Nordkoreas Staatschef Kim Jong Un mit seiner Frau

Reuters/KCNA KCNA

Kim Jong Un zeigte sich zu den Feiern mit Ehefrau Ri Sol Ju

In einem neuen Bericht von UNO-Experten hieß es zudem, die bisherigen internationalen Sanktionen würden von Pjöngjang umgangen. So nähmen nordkoreanische Agenten im Ausland Finanztransaktionen vor. Darüber hinaus exportiere Nordkorea weiterhin „praktisch alle von den UNO-Resolutionen betroffenen Produkte“. Das habe Pjöngjang im Untersuchungszeitraum von Februar bis August umgerechnet mehr als 220 Millionen Euro eingebracht.

Guterres: „Schwerste Krise seit Jahren“

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg forderte die Weltgemeinschaft zu Geschlossenheit auf. „Das rücksichtslose Verhalten Nordkoreas ist eine globale Bedrohung und erfordert eine globale Antwort“, sagte Stoltenberg am Sonntag der BBC. „Das schließt natürlich auch die NATO mit ein.“ UNO-Generalsekretär Antonio Guterres sprach im französischen „Journal du Dimanche“ von der „schwersten Krise seit Jahren“, mit der die Weltgemeinschaft konfrontiert sei. Nordkorea müsse zur Einstellung seines Atomwaffen- und Raketenprogramms bewegt werden, sagte Guterres. Er sei „sehr besorgt“.

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