Drastische Warnungen des Gouverneurs
Die Menschen im US-Bundesstaat Florida bereiteten sich am Samstag wegen Hurrikan „Irma“ auf ein Katastrophenszenario vor. Der Sturm verlor bei seinem Zug über den Norden Kubas zwar etwas an Kraft, blieb aber extrem gefährlich. Der US-Wetterdienst warnte vor sintflutartigen Regenfällen, Sturzfluten und Tornados in Florida.
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Rund 6,3 Millionen Menschen wurden aufgefordert, ihre Häuser zu verlassen und sich vor dem Sturm in Sicherheit zu bringen. Das entspricht rund 30 Prozent der Bevölkerung des Bundesstaates. Die Zahl war im Lauf des Tages von den Behörden erhöht worden. Floridas Gouverneur Rick Scott rief alle Menschen in den Evakuierungszonen erneut eindringlich dazu auf, sich in Schutzräume zu begeben. Bis zum Nachmittag hatten bereits mehr als 50.000 Menschen Zuflucht in Notunterkünften gesucht.

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Flucht vor „Irma“: Zehntausende suchten Schutz in Notunterkünften
Laut den Vorhersagen könnte das Zentrum von „Irma“ am Sonntagmorgen Ortszeit (Sonntagmittag MESZ) auf der Inselgruppe der Florida Keys an Land treffen, bevor er weiter in Richtung des Festlandes zieht. Für die Kette der Keys-Inseln gab Gouverneur Scott die Warnung aus, es werde dort „extrem schwer zu überleben“ sein.
Gefängnisinsassen wurden verlegt
Die ersten Ausläufer des Sturms erreichten den „Sunshine State“ bereits am Samstag. In Küstenorten wie Miami Beach wehte heftiger Wind. Das US-Hurrikan-Zentrum (NHC) stufte den Sturm zwar in die Kategorie drei der fünfstufigen Skala hinab. Die Meteorologen warnten aber davor, dass der Hurrikan wieder an Stärke gewinnen könne.
Leere Straßen in Miami
ORF-Reporter Robert Uitz-Dallinger berichtet aus Miami von den Vorsorgemaßnahmen, während „Irma“ Kurs auf Florida hält
„Das ist der große Hurrikan, vor dem wir uns alle auf den Florida Keys gefürchtet haben“, sagte der Verwalter des Bezirkes Monroe, Roman Gastesi. Auf der Inselgruppe leben rund 70.000 Menschen. Die Sicherheitsbehörden verlegten 460 Gefängnisinsassen auf das Festland. Nach Angaben des Bezirks wurden alle Krankenhäuser und Notaufnahmen auf den Inseln geschlossen. Richtige Notunterkünfte gibt es dort nicht. Die Behörden richteten aber vorübergehende Zufluchtstätten ein.
Miami Beach mit seinen normalerweise 100.000 Einwohnern wurde zur „Geisterstadt“, wie Bürgermeister Phil Levine sagte. US-Präsident Donald Trump appellierte an die Menschen in den betroffenen Gegenden, wachsam zu sein und auf die Empfehlungen der Behörden zu hören. „Dies ist ein Sturm mit einem absolut historischen Zerstörungspotenzial“, erklärte er.
Ärger über unklare Prognosen
Den Prognosen zufolge könnte der Sturm nach Nordwesten abschwenken und dann an der Westküste entlangziehen. „Fünf Tage lang haben sie uns erzählt, der Sturm trifft auf die Ostküste. Jetzt, 24 Stunden bevor er ankommt, sagen sie, er kommt von Westen“, so ein Bewohner in St-Petersburg im Westen des Bundesstaats. „Ich weiß nicht, wofür der Wettermann bezahlt wird“. Auch die Metropole Tampa rüstete sich. Die Stadt, die samt Umland rund drei Millionen Einwohner zählt, wurde seit 1921 nicht mehr von einem größeren Sturm getroffen. In einigen Gegenden wurde nun mit bis zu 4,5 Meter hohen Sturmfluten gerechnet. In der Region münden mehrere Flüsse ins Meer, das macht sie noch anfälliger für Überschwemmungen.

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Der Hurrikan kündigte sich am Samstag bereits in Florida an
Obwohl der Sturm den Westen der Halbinsel schlimmer treffen könnte, galt auch in der Metropolregion Miami keine Entwarnung. Meteorologen rechneten auch hier mit orkanartigen Böen und Sturmfluten. Floridas Gouverneur Scott mobilisierte 7.000 Mitglieder der Nationalgarde. Florida sei insgesamt gut auf den Hurrikan vorbereitet, sagte er. Er schätzte aber, dass in Notunterkünften rund tausend Krankenschwestern und Pfleger gebraucht würden. Er rief Freiwillige auf, sich zu melden. Auch in den benachbarten Bundesstaaten wurde der Notstand ausgerufen.
Schwere Schäden an Kubas Küste
In der Nacht auf Samstag war das Zentrum von „Irma“ auf das Camagüey-Archipel an der Nordküste Kubas getroffen. Dabei legte der Hurrikan noch einmal an Stärke zu und wurde vom Warnzentrum vorübergehend auf die höchste Kategorie fünf hinaufgestuft. Danach zog „Irma“ als Sturm der Kategorie vier an Kuba entlang. An der Nordküste kam es zu Überschwemmungen und Stromausfällen. Nach Angaben des kubanischen Wetterdienstes löste der Wirbelsturm bis zu sieben Meter hohe Wellen aus. „Irma“ betreffe das gesamte Staatsgebiet Kubas. Berichte über Opfer lagen in Kuba zunächst nicht vor. Vorsorglich waren nach Behördenangaben mehr als eine Million Menschen in Sicherheit gebracht worden.

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Floridas Städte verwandelten sich in Geisterstädte
Auf den betroffenen Inseln in der Karibik hatte der Sturm inoffiziellen Schätzungen zufolge insgesamt mehr als 20 Menschen das Leben gekostet, einige Gebiete gelten als unbewohnbar. Allein auf den britischen Jungferninseln starben vier Menschen, auf Anguilla gab es einen Todesfall, wie britische Medien am Samstag berichteten.
Rüsten für „Jose“
In den von „Irma“ schwer verwüsteten französischen Überseegebieten Saint-Martin und Saint-Barthelemy in der Karibik galt wegen eines weiteren Hurrikans die höchste Gefahrenstufe. Der französische Wetterdienst rief am Samstag die Alarmstufe Violett aus. Die Meteorologen rechneten damit, dass der Tropensturm „Jose“ etwa 100 Kilometer nördlich der Inseln vorbeiziehen könnte. Das US-Hurrikanzentrum in Miami stufte den Sturm am Samstag als Hurrikan der zweithöchsten Kategorie vier ein. „Jose“ erreichte demnach Windgeschwindigkeiten von bis zu 230 Kilometern pro Stunde. Die Bewohner der Inseln Antigua und Barbuda konnten dagegen vorerst aufatmen: Laut der Prognose sollte der Sturm die Inseln voraussichtlich nicht direkt treffen. „Irma“ war vor einigen Tagen direkt über Barbuda hinweggezogen und hatte die kleine Insel verwüstet.
Noch ein dritter Sturm wirbelte über dem Atlantik. Durch Wirbelsturm „Katia“ starben im Osten Mexikos mindestens zwei Menschen. Der Hurrikan war am Freitagabend (Ortszeit) in Tecolutla im Bundesstaat Veracruz auf die Küste getroffen. Mexiko kämpfte gleichzeitig mit den Nachwehen eines schweren Erdbebens. Die Zahl der Erdbebentoten an der Pazifikküste stieg auf mindestens 61.
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