„Ja, es wird ein harter Wahlkampf werden“
Die SPÖ ist am Donnerstag offiziell in den Nationalratswahlkampf gestartet. Bei seiner Rede in der Grazer Stadthalle warnte Bundeskanzler Christian Kern mehrfach vor einer Neuauflage einer Koalition von ÖVP und FPÖ.
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Kern erklärte die Wahl am 15. Oktober gleich anfangs zur Richtungsentscheidung. Es gehe um die Frage, ob man das Gemeinsame stärken oder das Trennende in den Vordergrund stellen wolle. Der Wahlkampf werde kein Spaziergang, schwor der SPÖ-Bundesparteichef die gut 3.000 Delegierten noch auf harte Wochen ein. Es gehe gegen ein „Weltbild“, nach dem der Wert eines Menschen von dessen Kontostand abhänge, „dass man sich Politik kaufen kann“.

APA/Hans Punz
Kern stellte bei seiner Rede den Anspruch auf Platz eins
Austeilen gegen „Lobbyisten“
Anfangs sprach Kern mehrfach von „einigen“, die dieses Weltbild vertreten, wurde dann aber konkreter. Er erlebe derzeit, dass manche „durch das Land gehen und glauben, sie können sich unser Österreich aufteilen“. Das habe es schon im Jahr 2000 gegeben - mit der ersten Koalition von ÖVP und FPÖ auf Bundesebene unter dem damaligen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP). Kern teilte gegen „Lobbyisten“ und „Buberlpartie“ aus.
Um eine Neuauflage von Schwarz-Blau zu verhindern, würden die Sozialdemokraten „rennen und brennen“. Seine Partei trete mit dem Anspruch an, Nummer eins zu werden. Und: „Ja, es wird ein harter Wahlkampf werden.“ Das sei die Auseinandersetzung auch schon bisher gewesen, sagte Kern. Er habe beobachtet, „dass die Hackln tief geflogen sind“, dass es politischen Mitbewerbern mitunter darum gehe, andere „einzutunken“. Gemeint war hier - obwohl namentlich nicht genannt - ÖVP-Chef Sebastian Kurz.
Das Simmeringer Arbeiterkind
Wofür er selbst stehe, machte Kern nicht ganz ohne Pathos klar: „Was mich persönlich leitet, ist eine kraftvolle Idee. Ich lebe mein Leben so wie ihr auch. Ich bin davon überzeugt, dass ich nicht mehr wert bin als jeder andere. Ich kümmere mich um meinen Nächsten, und wenn mein Nachbar ein Problem hat, bin ich da, um ihm zu helfen. Wir sind keine Egoisten, wir sind Teil einer Familie, Teil eines Landes, Teil Europas, Teil der Welt, Teil der Menschheit.“
Als er als vor 15 Monaten in die Politik gegangen war, seien ihm seine eigene Biografie und sein eigenes Leben durch den Kopf gegangen, schilderte der Bundeskanzler. Ihm habe seinerzeit die Politik (unter dem SPÖ-Bundeskanzler Bruno Kreisky) Chancen geboten - Kern war schon als „Simmeringer Arbeiterkind, das studieren konnte“, einmoderiert worden. Seit der Finanzkrise gebe es nun Zweifel, dass der „Lebenstraum“ nicht mehr erfüllbar sei.
SPÖ-Wahlkampfauftakt in Graz
Die SPÖ hat am Donnerstag offiziell den Wahlkampf gestartet. Bundeskanzler Christian Kern schwor seine Basis auf sozialdemokratische Grundwerte ein.
Gleiche Chancen in der Schule, gerechte Löhne, ein intaktes Gesundheitssystem für alle, all das werde es mit einer ÖVP-FPÖ-Regierung nicht geben, so Kern. Der Bundeskanzler hatte schon im ORF-„Sommergespräch“ vor einer Neuauflage einer schwarz-blauen Regierung gewarnt. Kommentatoren werteten das als Strategie, vor allem die eigene Basis zu mobilisieren bzw. zum Tatsächlich-wählen-Gehen zu bewegen.
„Man spendet ein paar Millionen ...“
Kern griff auch das Thema Wahlkampfspenden, das in den letzten Tagen für Differenzen mit der ÖVP gesorgt hatte, auf. Angesichts von Spenden von Großunternehmern vermutete Kern: „Man spendet ein paar Millionen und bekommt ein paar Milliarden zurück. Das ist doch ein gutes Geschäft, oder?“ Auch den Freiheitlichen unterstellte er, sich nicht wirklich den Sorgen der Arbeitnehmer widmen zu wollen: „Bevor die FPÖ wirklich die Interessen des kleinen Mannes vertritt, wird Mick Jagger demnächst in Spielberg den Erzherzog-Johann-Jodler anstimmen.“
Auch er sei angesprochen worden, schilderte der SPÖ-Chef, nach dem Motto: „Da könnt ma schon was machen.“ Und dann kämen „ein, zwei, drei, vier gute Vorschläge“, mit denen man auf die Politik Einfluss zu nehmen versuche. Darum nehme die SPÖ keine Großspenden an. Er wolle nicht denen verpflichtet sein, die meinen, man könne sich Politik kaufen, so Kern.
Milch, Honig und ein „Scherbenhaufen“
Schließlich lud Kern die Anwesenden sogar zu einer Art „Zeitreise“ mit geschlossenen Augen zurück zu Schwarz-Blau ein, „wie das damals war“. Es seien „Milch und Honig“ versprochen worden, geblieben sei „ein Scherbenhaufen“. Dass sich die Versprechen von ÖVP und FPÖ gegenfinanzieren ließen, zog Kern in Zweifel. Wenn das ein Wirtschaftsprogramm sei, dann sei „ein Jerry-Cotton-Heftl eine Weltliteratur“.
Unter den rund 3.000 Delegierten in der Grazer Stadthalle befand sich die gesamte SPÖ-Spitze mit Ländervertretern und Gewerkschaftern, alleine Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil hatte sich wegen eines EU-Termins im Ausland entschuldigt. Nicht dabei waren außerdem der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl und die Tiroler Landeschefin Elisabeth Blanik.
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