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Strafanzeigen gegen Organisatoren

Die spanische Zentralregierung will ein Referendum über die Unabhängigkeit der autonomen Region Katalonien mit allen Mitteln verhindern. Auch der Verfassungsgerichtshof untersagte laut Medienberichten die Abstimmung. Eine solche werde es nicht geben, hieß es am Donnerstag aus Madrid. Den Beteiligten drohen strafrechtliche Konsequenzen.

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Betroffen sind alle katalanischen Politiker, die sich in irgendeiner Weise an der Durchführung und Organisation des bereits vom Verfassungsgericht verbotenen Unabhängigkeitsreferendums beteiligen, bestätigte am Donnerstag der spanische Generalstaatsanwalt Jose Manuel Maza in Madrid.

Ein Anhänger für die Unabhängigkeit der autonomen Region Katalonien vor dem Katalonischen Regionalparlament in Barcelona

Reuters/Albert Gea

Protest pro Unabhängigkeit vor dem katalanischen Regionalparlament

Nachdem die separatistischen Parteien mit ihrer Mehrheit im katalanischen Regionalparlament am Donnerstag zuvor ein Gesetz zur Durchführung des Unabhängigkeitsreferendums am 1. Oktober verabschiedet hatten, hat die Staatsanwaltschaft bereits Anzeige gegen die Präsidentin des katalanischen Parlaments sowie gegen die Ratsmitglieder erstattet. Sie hatten die Abstimmung über ein Referendumsgesetz zugelassen bzw. einberufen.

Lange Liste von Vorwürfen

Außerdem wolle die Staatsanwaltschaft in Madrid auch die Mitglieder der separatistischen Regionalregierung, die am Mittwoch als Zeichen der Einheit das Referendumsgesetz unterschrieben hatten, anzeigen. Die Vorwürfe, die mit Amtsverbot, Geld- und Haftstrafen geahndet werden können, reichen von zivilem Ungehorsam über Amtsmissbrauch bis hin zur Veruntreuung öffentlicher Gelder.

Generalstaatsanwalt Maza teilte mit, dass zusätzlich die katalanische Staatsanwaltschaft sowie die regionale Polizei beauftragt worden seien, gegen sämtliche Personen, die sich in irgendeiner Weise an der Vorbereitung des verbotenen Referendums beteiligen, strafrechtlich vorzugehen. Somit würden auch Bürgermeister und Schulleiter, die Wahllokale zur Verfügung stellen, freiwillige Helfer und Firmen, die an der Vorbereitung und Durchführung des Referendums teilhaben, Strafen drohen. Das gilt bis hin zu Druckereien, die die Wahlzettel drucken.

Post von der Regierung in Madrid

Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy (PP) erteilte den Unabhängigkeitsplänen neuerlich eine Absage. „Es wird kein Referendum geben“, versicherte er am Donnerstag in Madrid. Der konservative Politiker kündigte an, seine Regierung werde das Mittwochabend vom katalanischen Parlament in Barcelona verabschiedete Referendumsgesetz beim Verfassungsgerichtshof anfechten.

Rajoy wies außerdem alle katalanischen Rathäuser in einem Brief darauf hin, dass das Referendum illegal und verboten sei und sie nicht daran teilhaben dürften. Spaniens sozialistischer Oppositionsführer Pedro Sanchez (PSOE) und Albert Rivera von den bürgerlich-liberalen Ciudadanos unterstützten Rajoy in seinem Vorgehen nach einem heutigen Krisentreffen im Moncloa-Regierungspalast. Riveras liberale Bürgerpartei plant im katalanischen Parlament sogar einen Misstrauensantrag, um Neuwahlen zu provozieren.

Verfassungsgericht untersagt Abstimmung erneut

Donnerstagabend untersagte der spanische Verfassungsgerichtshof das Referendum. Die Entscheidung sei in einer Dringlichkeitssitzung unter Vorsitz des Präsidenten des Gerichtshofes, Juan Jose Gonzalez Rivas, gefallen, berichteten spanische Medien.

Der Chef der separatistischen Regionalregierung in der autonomen Gemeinschaft Katalonien, Carles Puigdemont, hatte bereits unmittelbar nach der Verabschiedung des Gesetzes das Dekret zur Ausrufung der Volksabstimmung über eine Loslösung der Region von Spanien unterzeichnet. Das Ergebnis der Befragung werde verbindlich sein, erklärte Puigdemont.

Carles Puigdemont, Chef der separatistischen Regionalregierung in Katalonien

Reuters/Albert Gea

Puigdemont will sich nicht einschüchtern lassen

Rajoy hielt fest, er werde alles tun, um das Referendum und eine Abspaltung der wirtschaftsstärksten Region des Landes zu verhindern. Er werde dabei auf keine Maßnahme verzichten, sagte der Ministerpräsident. Er warnte die Separatisten, nicht „weiter Richtung Abgrund zu marschieren“.

Es wird erwartet, dass das Verfassungsgericht wie in früheren Urteilen das Referendum erneut für nichtig erklärt. Puigdemont sagte allerdings mehrfach, das Referendum werde „so oder so“ stattfinden. Die Separatisten planen im Falle eines Sieges am 1. Oktober eine Unabhängigkeitserklärung sowie die Einleitung eines verfassungsgebenden Prozesses innerhalb von zwei Tagen. Bereits 2014 hatte das spanische Verfassungsgericht ein rechtlich bindendes Referendum über eine Unabhängigkeit Kataloniens untersagt.

Pfiffe für die Regierung

Wie unterkühlt die Stimmung mittlerweile ist, zeigte sich auch nach den Terroranschlägen im August in der katalanischen Metropole Barcelona. Dort hatten Zigtausende katalanische Separatisten bei einem Gedenkmarsch die Anwesenheit des Königs und der Zentralregierung genutzt, um gleich zu Beginn für die Unabhängigkeit der Region und gegen die spanische Regierung zu protestieren. Hinter den Politikern und dem König wehten Tausende katalanische Unabhängigkeitsflaggen. Während König Felipe und Rajoy ausgepfiffen wurden, gab es für Kataloniens separatistischen Ministerpräsidenten Puigdemont Beifall.

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