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Auftritt löst Comeback-Spekulationen aus

Medien und Beobachter in Deutschland beklagen angesichts der klaren Führung von CDU-Kanzlerin Angela Merkel in den Umfragen seit Tagen, der Wahlkampf für die Bundestagswahl in gut zwei Wochen sei langweilig. Zumindest kurzfristig gab es eine Pause von Langeweile - denn der über Plagiate in seiner Doktorarbeit gestürzte ehemalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg absolvierte in seiner bayrischen Heimat einen Wahlkampfauftritt für die CSU und begeisterte seine Fans.

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In Kulmbach, nur wenige Kilometer vom Stammsitz seiner Familie entfernt, begann Guttenberg am Mittwochabend eine Reihe von Wahlkampfauftritten durch Bayern. Guttenberg hatte vor sechs Jahren als Minister zurücktreten müssen, nachdem bekanntgeworden war, dass er Teile seiner Dissertation plagiiert hatte, zudem wies er die Vorwürfe zunächst lange als falsch zurück.

In der mit 1.100 Menschen gefüllten Stadthalle lobte Guttenberg Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und griff die SPD mit ihrem Kanzlerkandidaten Martin Schulz scharf an. Seine eigene Plagiatsaffäre hält er für überwunden. Die CSU-Anhänger feierten Guttenberg, der eineinhalb Stunden frei sprach und sich dabei wie ein Moderator auf der Bühne bewegte, anstatt hinter dem Redepult zu stehen. Die Enttäuschung ist offenbar verflogen und, wie die „Süddeutsche Zeitung“ gleich im Titel feststellte: „Die CSU-Basis hat zu Guttenberg verziehen“.

Ehemaliger deutscher Verteidigungsminister Karl-Theodor Guttenberg und Ehefrau Stephanie

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Vor der Plagiatsaffäre waren die Guttenbergs das deutsche Polit-Glamourpaar

Großes Lob für Merkel

Guttenberg sagte, Deutschland sei „bei meiner ehemaligen Chefin“ in den besten Händen. Merkel gehe an die außenpolitischen Probleme heran, wie er es von keinem anderen Politiker kenne. Dass Schulz die Kanzlerin abgehoben nannte, sei lächerlich. Und er strich ihre Durchsetzungskraft, gerade auch Alphatieren wie US-Präsident Donald Trump oder anderen gegenüber, hervor: „Wenn jemand mit Alphatieren, die vor Kraft nicht laufen können, umgehen kann, dann sie. Ich habe das am eigenen Leib erfahren.“

Der 2011 zurückgetretene Guttenberg lebt inzwischen mit seiner Familie in den USA. Bis zur Bundestagswahl macht er in Bayern mehrere Wahlkampfauftritte. Zu seiner Plagiatsaffäre meinte Guttenberg, diese sei ein „absolut selbst verursachter“ Fehler gewesen. Er habe dafür viel „Spott und Häme“ abbekommen. Zugleich kokettierte er mit dem Thema: Er stehe bewusst vor und nicht hinter dem Rednerpult, sagte der einstige CSU-Hoffnungsträger vor 1.100 Zuhörern in der vollbesetzten Stadthalle. Er wolle nicht Gefahr laufen, eine „abgeschriebene Rede“ vorzutragen.

Ehemaliger deutscher Verteidigungsminister Karl-Theodor Guttenberg hält Rede vor Publikum

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Die begeisterten Anhänger feierten Guttenberg mit Standing Ovations ab

Bad in der Menge

Zu Beginn seines Auftritts nahm Guttenberg ein Bad in der Menge. Das Händeschütteln mit seinen Fans mit der rechten Hand muss allerdings ausfallen, da der Ex-Minister an der Schulter verletzt ist.

In seiner Rede machte Guttenberg, der mit seiner Frau Stephanie auftritt, den Menschen aus seiner Heimatregion eine Vielzahl von Komplimenten. Nach ein paar Tagen Urlaub im Frankenwald habe er eine Luft atmen dürfen, wie er sie in seiner neuen Wahlheimat USA nicht mehr zu atmen bekomme. Er habe dabei „einmal mehr spüren dürfen, was Heimat bedeutet“.

Ehemaliger deutscher Verteidigungsminister Karl-Theodor Guttenberg

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Mit Selbstironie und Kalauern über politische Gegner unterhielt Guttenberg die CSU-Basis

„Gasprom-Gerd“ und „Dickmops“

Die mit vielen politischen Kalauern gespickte Rede - Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) nennt er „Gasprom-Gerd“, Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un einen „Dickmops“ - kam beim Publikum gut an, immer wieder wurde Guttenberg von langem Applaus unterbrochen.

Das dürfte auch CSU-Chef Horst Seehofer freuen. Der Wahltag rückt näher, und ungelöste Streitthemen wie die Flüchtlingsobergrenze sind aus der Debatte. Dafür profitiert der CSU-Chef von der Aufregung um den von ihm auch schon mal als „Glühwürmchen“ verspotteten einstigen Hoffnungsträger. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) profitiert womöglich von der Wahlkampfhilfe - zumindest lobte Guttenberg die Kanzlerin mehrfach unter Applaus.

In seine Rede äußerte sich Guttenberg nicht zu einem möglichen Comeback. Darüber wird seit Längerem und immer wieder spekuliert. Bisher lehnte Guttenberg das ab.

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