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Gebiet „größer“ als bei „Katrina“

Texas braucht nach Einschätzung von Gouverneur Greg Abbott womöglich mehr als 125 Mrd. Dollar (105 Mrd. Euro) von der US-Regierung für den Wiederaufbau nach den verheerenden Überschwemmungen durch den Tropensturm „Harvey“. Angesichts der Größe des betroffenen Gebiets, unter anderem in der Metropole Houston, könnten 125 Milliarden nicht ausreichend sein, sagte Abbott am Mittwoch.

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Diese Summe war 2005 nach dem Hurrikan „Katrina“ zur Verfügung gestellt worden, der damals unter anderem New Orleans zerstörte. Das Katastrophengebiet sei aber viel größer, als es bei den Hurrikans „Katrina“ und „Sandy“ der Fall gewesen sei, so Abbott. Von den Folgen des Tropensturms seien auch viel mehr Menschen betroffen. Manche Experten gehen davon aus, dass der Wiederaufbau Jahre dauern könnte. Es war der stärkste Sturm in Texas seit mehr als 50 Jahren.

Ein Mann steht vor den Überresten seines Hauses in Texas

APA/AP/Corpus Christi Caller-Times/Rachel Denny Clow

Ein Mann steht vor seinem zerstörten Heim

Louisiana, Tennessee und Kentucky

Mindestens 30 Menschen, andere Angaben sprechen von über 33, starben durch die Überschwemmungen durch „Harvey“, 17 werden noch vermisst. Zehntausende mussten in Notunterkünfte ausweichen. Mittlerweile hat er sich abgeschwächt, bedroht dafür aber andere US-Bundesstaaten wie Louisiana. Auch Tennessee und Kentucky rüsteten sich für mögliche Überschwemmungen.

Überflutetes Firmengelände in Texas

APA/AP/Houston Chronicle/Brett Coomer

Eine Petrochemiefabrik steht unter Wasser

US-Präsident Donald Trump, der am Mittwoch deutliche Steuersenkungen für Unternehmen in Aussicht stellte, versprach dabei auch Hilfen für die Opfer in Texas und Louisiana.

Katastrophe in Chemieanlage möglich

In einer unter Wasser stehenden Chemieanlage nahe Houston droht eine Explosion. „Wir bereiten uns in Crosby auf das vor, was wir als das schlimmste Szenario einschätzen“, erklärte der Chef der US-Filiale des französischen Konzerns Arkema, Kenneth Rowe, am Mittwoch.

Die in der Fabrik gelagerten Chemikalien müssen nach Angaben der Firma dringend gekühlt werden. Rowe erklärte, derzeit stehe das Wasser in der Fabrik 1,80 Meter hoch. Jegliche Stromversorgung sei ausgefallen. Es gebe nun keine Möglichkeit mehr, eine Explosion zu verhindern. Die Mitarbeiter der Anlage seien in Sicherheit gebracht worden. Rowe versicherte, dass es Notfallpläne gebe. Er erinnerte daran, dass die Anrainer der Chemiefabrik bereits am Dienstag in Sicherheit gebracht wurden. In der Anlage werden organische Peroxide produziert, die für die Herstellung von Plastik und von Pharmaprodukten verwendet werden.

Auto steckt auf überfluteter Straße fest

APA/AP/The Dallas Morning News/Ashley Landis

Ein Abschleppwagen wurde ein Opfer des Hochwassers

US-Marine schickt zwei Schiffe

Um die Rettungsarbeiten in den heftig überfluteten Gebieten in Texas zu unterstützen, schickt die US-Marine zwei Schiffe vor die Küste des Bundesstaates. Sie sollten am Donnerstag von Norfolk in Virginia auslaufen, wie die Marine am Mittwochabend (Ortszeit) mitteilte. Beide Schiffe sind demnach dafür ausgestattet, medizinische und logistische Unterstützung zu liefern. Sie wurden mit Lebensmitteln beladen.

Luftaufnahme der überfluteten Innenstadt von Houston

APA/AP/David J. Phillip

Viele Straßen in der US-Metropole Houston sind komplett überflutet, auch die Innenstadt ist betroffen

Houston wurde am Mittwoch von weiteren schweren Regenfällen verschont; erstmals schien dort wieder die Sonne. Eine echte Entspannung der Lage war aber nicht in Sicht, auch wenn die Pegel leicht sanken. Schätzungen zufolge stand ein Drittel der Stadt unter Wasser. Rettungskräfte kämpften sich am fünften Tag in Folge von Haus zu Haus, um Bewohner aus den überfluteten Straßen zu retten.

Beaumont und Port Arthur als neue Sorgenkinder

In den Städten Beaumont und Port Arthur fielen innerhalb von 24 Stunden 66 Zentimeter Regen. Beide Orte liegen nahe der Grenze zu Louisiana - also in der Gegend, wo „Harvey“ in der Nacht zu Mittwoch zum zweiten Mal auf Land getroffen war.

Überflutungsschäden in Wohnung

APA/AP/The Daily Advertiser/Scott Clause

Die Schäden in den Häusern sind enorm

In Port Arthur, das rund 160 Kilometer östlich von Houston entfernt ist, musste die größte Ölraffinerie der USA geschlossen werden. Eine Notunterkunft stand unter Wasser, sie wurde evakuiert. Manche Einwohner der Stadt fanden Zuflucht in einem Bowling-Center, wie der Sender CNN berichtete. Die Behörden verhängten eine Ausgangssperre, die von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr (Ortszeit) gelten sollte.

Weitere Warnung für Louisiana

In Louisiana traten die Flüsse Calcasieu und Sabine Rivers in einigen Gegenden über die Ufer. Straßen mussten wegen Überflutungen gesperrt werden. Der Bundesstaat schien am Mittwoch aber zunächst von dem Schlimmsten verschont zu bleiben. Gouverneur John Bel Edwards erklärte, die Lage sei ernst, aber man stehe bisher besser da, als es befürchtet worden war. Der Wetterdienst erwartete aber schwere Regenfälle in der Nacht. In einigen Bezirken wurde vor Sturzfluten gewarnt.

Hunderte Menschen in einer Notunterkunft

APA/AP/Lm Otero

Die Kapazitäten in den Notunterkünften sind vielerorts erschöpft

Venezuela für fünf Mio. Dollar spenden

Trotz des schwelenden Konflikts zwischen Caracas und Washington will die venezolanische Regierung den Hurrikan-Opfern in den USA helfen. Venezuela werde bis zu fünf Millionen US-Dollar (4,2 Mio. Euro) für betroffene Familien in Houston und Corpus Christi bereitstellen, kündigte Außenminister Jorge Arreaza am Mittwoch an. „Wir werden immer an der Seite des Volkes der USA stehen.“

Angesichts der autoritären Bestrebungen der venezolanischen Regierung hatten die USA zuletzt neue Wirtschaftssanktionen gegen das südamerikanische Land verhängt. Unter anderem wurden Geschäfte mit bestimmten Staatsanleihen und Wertpapieren der staatlichen Ölfirma PDVSA teilweise verboten. Die Hurrikan-Hilfe soll jetzt ausgerechnet über Citgo, den US-Ableger von PDVSA, abgewickelt werden.

Das erdölreichste Land der Welt steckt selbst in einer schweren Wirtschaftskrise. Wegen des niedrigen Ölpreises, Korruption und jahrelanger Misswirtschaft verfügt Venezuela kaum noch über Devisen für Importe. In den Geschäften fehlt es an Lebensmitteln, Medikamenten und Dingen des täglichen Bedarfs.

Hilfe auch aus Mexiko

Auch Mexiko hatte trotz des Streits um die von US-Präsident Trump geplante Grenzmauer und die konfliktreiche Nachverhandlung des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens NAFTA dem Nachbarland Unterstützung angeboten. „Uns liegt eine Liste mit Hilfsleistungen vor, die Mexiko angeboten hat, und wir nehmen das an“, sagte der texanische Gouverneur Abbott am Mittwoch.

Mexiko hatte bereits nach „Katrina“ den USA geholfen. Damals waren Hunderte Soldaten und Ärzte in die Vereinigten Staaten gekommen und hatten die Sturmopfer medizinisch betreut und mit Lebensmitteln versorgt. Es war das erste Mal seit dem Mexikanisch-Amerikanischen Krieg 1846, dass die mexikanischen Streitkräfte die Grenze zu den USA übertraten.

US-Außenminister Rex Tillerson dankte Mexiko für das Angebot: „Es ist sehr großzügig von Mexiko, uns in dieser schwierigen Lage Hilfe anzubieten.“ Der mexikanische Chefdiplomat Luis Videgaray sagte bei dem Treffen in Washington: „Wir sind Nachbarn und Freunde. Das ist, was Freunde tun.“

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