Präsident besucht Katastrophengebiet
Die US-Millionenmetropole Houston und andere Orte in Texas stehen seit Tagen unter Wasser. Der Sturm „Harvey“, der am Freitag als Hurrikan auf die Küste des Bundesstaates traf, bringt weiter schwere Niederschläge, Entspannung ist nicht in Sicht. Das Nationale Hurrikanzentrum (NHC) der USA sprach von „beispiellosen Überschwemmungen“.
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US-Präsident Donald Trump rief am Montag auch für den Bundesstaat Louisiana den Katastrophenfall aus. So können Bundesmittel zur Behebung von zu erwartenden Sturmschäden freigegeben werden. Am Wochenende hatte Trump bereits den Katastrophenfall für Texas ausgerufen. Die Behörden rechneten damit, dass sie mehr als 30.000 Menschen in Notunterkünften unterbringen müssen.
Neues Thema nach Charlottesville
Am Dienstag will Trump den Sturmopfern in Texas einen Besuch abstatten. Seine Ehefrau Melania soll ihn begleiten, wie ihre Sprecherin mitteilte. Kurz vor einer Reise in die Katastrophengebiete stimmte Trump die Bewohner auf einen langen und schwierigen Wiederaufbau ein. Im Moment habe die Sicherheit Vorrang, sagte er am Montag vor Journalisten in Washington. „Alle mir untergeordneten Ressourcen stehen den Behörden an Ort und Stelle zur Verfügung.“ Die Rettung von Menschenleben habe Vorrang. Zugleich verwies er auf hohe Kosten für den Wiederaufbau, dieser werde „sehr teuer“. Deswegen stehe er mit dem Kongress in Kontakt.
Trump wurde in den vergangenen Tagen nicht müde, die Hilfskräfte und Behörden in Texas für ihren Einsatz zu loben. In Dutzenden Nachrichten auf der Onlineplattform Twitter beschwor er den Zusammenhalt der Einwohner und pries den Geist der Texaner. Auch die Arbeit seines Stabs lobte der Präsident: „Wow - Experten nennen #Harvey jetzt eine Flut, wie sie nur alle 500 Jahre vorkommt! Unsere Anstrengungen laufen mit ganzer Kraft, und sie laufen gut!“, so Trump.

APA/AP/Eric Gay
Viele Bewohner Houstons stehen vor den Trümmern ihrer Existenz
Sturm „Harvey“ ist die erste große Naturkatastrophe, mit der Trump in seiner rund siebenmonatigen Amtszeit konfrontiert ist und stellt auch einen Test für Trumps Regierungsfähigkeit dar. Die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und der Medien für den Sturm erlaubt es Trump zudem, neue Schwerpunkte zu setzen. Zuletzt war er wegen umstrittener Äußerungen nach rassistischen Protesten in Charlottesville in die Kritik geraten.
Schwierige Konsensfindung
Vizepräsident Mike Pence sagte am Montag, die Regierung werde langfristig dabei helfen, Texas nach „Harvey“ wiederaufzubauen. Der texanische Gouverneur Greg Abbott sagte, die Schäden gingen schon jetzt „in die Milliarden“. Die Finanzierung von Hilfe stellt allerdings einen unmittelbaren Test für das Weiße Haus und den US-Kongress dar, wie die „Washington Post“ schreibt. Die Entscheidungsträger würden dazu gedrängt, Milliarden US-Dollar für Wiederaufbaufonds freizugeben, obwohl sie sich heuer noch auf kaum Beschlüsse einigen hätten können, hieß es.
Denn im Kongress herrschen tiefe Gräben und Meinungsverschiedenheiten über Staatsausgaben, Budget - und auch den US-Präsidenten selbst. Inzwischen gab es auch aus den Reihen der Republikaner wiederholt Kritik an Trumps Regierungsstil. Zudem stellen Notfallmaßnahmen auch Herausforderungen für die Verwaltung dar. Trump müsste, so die „Washington Post“, dazu wohl auch seine eigenen Vorhaben, etwa eine große Steuerreform, hintanstellen.
Schlechte Erinnerungen an „Katrina“
Trump verbrachte das Wochenende großteils in Camp David im Bundesstaat Maryland, der Urlaubsanlage des Präsidenten. Per Telefon nahm er an einer Regierungssitzung teil, um Sofortmaßnahmen zu besprechen. Ein vorrangiges Ziel des Stabs dürfte im Umgang mit „Harvey“ auch sein, frühere schlechte Beispiele von Katastrophenmanagement nicht zu wiederholen. In den USA ist noch immer die Erinnerung an Hurrikan „Katrina“ aufrecht, der im Jahr 2005 New Orleans verwüstete und rund 1.500 Menschenleben forderte. Das miserable Management der Krise durch die Katastrophenschutzbehörde FEMA begleitete den damaligen Präsidenten George W. Bush durch seine gesamte Amtszeit.
Der heutige FEMA-Chef Brock Long betonte am Sonntag, die Behörde sei inzwischen anders aufgestellt als vor zwölf Jahren. Nun habe man die Kompetenzen, Hilfskräfte zu mobilisieren und zu koordinieren. Man bereite schon die Aufbauhilfe nach dem Sturm vor.

APA/AP/Houston Chronicle/Karen Warren
Wasser bis zur Hüfte: In Houston dürften Zehntausende Menschen vorübergehend obdachlos werden
Wann „Harvey“ aber vorbei sein wird, ist derzeit schwer abzusehen. Der Chef des Nationalen Wetterdienstes, Louis Uccellini, sagte bei einer Pressekonferenz in Washington, die Überschwemmungen würden ihren Höhepunkt vermutlich am Dienstag oder Mittwoch erreichen. In Houston fielen binnen 24 Stunden 60 Zentimeter Regen. In der Stadt leben rund 2,3 Millionen Menschen, in der Metropolregion mehr als sechs Millionen. Zwei Krankenhäuser in Houston mussten evakuiert werden. Auch die wichtigsten Schnellstraßen waren von den Überschwemmungen betroffen.
Rettung per Hubschrauber
Der Flugbetrieb an den beiden Flughäfen der texanischen Metropole kam zum Erliegen, darunter auch das viel genutzte Luftverkehrsdrehkreuz George Bush Intercontinental Airport. Die städtische Katastrophenschutzbehörde forderte die Einwohner auf, sich aufs Dach zu retten, wenn das oberste Stockwerk ihres Hauses nicht mehr sicher sei. Von den Dächern wurden etliche Menschen per Hubschrauber gerettet. An mehreren Staudämmen wurde zur Entlastung der Anlagen Wasser abgelassen, was die Überflutungen weiter verschärfte.
Houstons Bürgermeister Sylvester Turner wies Vorwürfe zurück, dass Evakuierungen zu spät veranlasst worden seien. Zahlreiche Menschen aus ihren Häusern hinaus auf die Straßen zu schicken werde nicht leichtfertig angeordnet, sagte er vor Journalisten. An den Rettungseinsätzen an Ort und Stelle beteiligten sich außer Feuerwehr und Polizei auch Tausende Nationalgardisten sowie die Zivilbevölkerung.
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