Themenüberblick

Ein Potpourri an bekannten Themen

In der dritten Sendung der heurigen ORF-„Sommergespräche“ ist FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache Frage und Antwort gestanden. Das Gespräch mit Tarek Leitner bewegte sich vom freiheitlichen Wirtschaftsprogramm über Geschlechtergerechtigkeit bis hin zu Fragen des Demokratieverständnisses. Während er die Große Koalition geißelte, präsentierte Strache seine eigene Partei als Garant für Fairness.

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Laut der FPÖ sollte Straches „Sommergespräch“ zum Auftakt des eigenen Wahlkampfs werden. Und so hatte der FPÖ-Obmann auch ein kleine Kundgebung vor das Parlament mitgebracht. Ein paar Dutzend FPÖ-Anhänger schwenkten Fahnen und blaue Luftballons - geschützt von der Polizei. Eine Gegenkundgebung musste 150 Meter entfernt vor dem Burgtheater stattfinden, außerhalb einer Schutzzone. Zum ersten Mal griff die Polizei auf einen neuen Passus im erst heuer geänderten Versammlungsgesetz zurück.

Eine Frage der Entwicklung

Im Studio selbst drehte sich das Gespräch gleich zu Beginn um ein etwas größer gefasstes Thema. Es sei doch vieles besser geworden in den vergangenen Jahrzehnten, fasste Leitner eine Reihe an Statistiken zusammen: Karies bei Kindern sei zurückgegangen (bezugnehmend auf Straches Ausbildung als Zahntechniker), die Toten im Straßenverkehr seien weniger geworden und die Wohnflächen im Durchschnitt größer.

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache mit Gattin und FPÖ-Anhängern

APA/Georg Hochmuth

Strache war mit seiner Frau und begleitet von Anhängern vors Parlament gekommen

Natürlich gebe es positive Entwicklungen, meinte dazu Strache; aber eben auch negative, und „die dürfen wir nicht ausblenden“. Viele Menschen hätten „berechtigte und konkrete Angst“, meinte Strache, als die Sprache auf den Terror in Europa kam. Und von dort war es für den FPÖ-Chef nicht weit zu seinem ersten Vorwurf an die bisherige Regierung. Diese habe vor zwei Jahren mit der „unverantwortlichen Entwicklung einer Willkommenskultur unsere Grenzen nicht geschützt“, so Strache.

Wirtschaftsprogramm als Quadratur des Kreises

Es sollte an diesem Abend nicht sein letzter verbaler Ausritt gegen die Große Koalition bleiben. Kritik an SPÖ und ÖVP hatte Strache auch zur Hand, als ihn Leitner auf die Forderung der FPÖ ansprach, die Pflichtmitgliedschaften in den Kammern abzuschaffen. Die „Zwangsmitgliedschaften“ mit ihren „Zwangsmitgliedseinnahmen“ hätten vor allem dabei geholfen, den „rot-schwarzen Verwaltungsspeck aufzubauen“, sagte Strache.

Wirtschaftspolitische Schwerpunkte

Die FPÖ will ihr Wirtschaftsprogramm am Mittwoch präsentieren. Laut Strache solle es darin um „Leistung“, aber auch um „Fairness“ gehen.

Die Forderung nach einem Ende der Pflichtmitgliedschaften bei den Kammern ist Teil des neuen Wirtschaftsprogramms der FPÖ. Das will die Partei zwar offiziell erst am Mittwoch vorstellen, erste Details waren zuletzt aber bereits durchgesickert. „Leistung muss sich lohnen“, sagte Strache nun am Montagabend im Hinblick auf das Programm.

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und ORF-Moderator Tarek Leitner

ORF/Hans Leitner

Das Wirtschaftsprogramm der FPÖ soll laut Strache alle zufriedenstellen

Es sei „kein Widerspruch, ein Wirtschaftsprogramm zu haben, das Leistung belohnt und nicht bestraft“. Das Programm werde sowohl „arbeitnehmerfreundlich“ wie auch „angestelltenfreundlich und unternehmerfreundlich“ sein, kündigte Strache fast schon die Quadratur des Kreises an. Laut dem FPÖ-Chef soll es jedenfalls um Werte wie „Fairness“, „Freiheit“ und „Fortschritt“ gehen.

„Fairnesskrise“ durch Mindestsicherung

Was er unter fair und unfair verstehe, ließ Strache denn auch an mehreren Punkten durchklingen. Es sei höchste Zeit gewesen, einen Mindestlohn von 1.500 Euro einzuführen - und es brauche auch eine Mindestpension in Höhe von 1.200 Euro. Unfair sei aber dagegen, dass „Menschen, die keinen Cent in das System eingezahlt haben“, eine „Mindestsicherung von 840 Euro erhalten“, sagte Strache. Dass Flüchtlinge in Österreich knapp über 800 Euro Mindestsicherung beziehen, ist für Strache gar eine „Fairnesskrise“.

Die Frage der „Fairness“

Was ist fair und unfair? Der FPÖ-Chef hatte darauf im „Sommergespräch“ eindeutige Antworten.

Auch eine Erbschaftssteuer hat in Straches Vorstellung von Fairness keinen Platz: „Viele Menschen arbeiten tagtäglich fleißig, zahlen Steuern für ihren Lohn“, so der FPÖ-Chef. „Über die Jahrzehnte“ würden sie sich so „hoffentlich ein kleines Vermögen“ erwirtschaften. Und dann sollten am Ende die „Kinder und Enkerl Erbschaftssteuer“ zahlen. Vielmehr müsse es darum gehen, Steuern zu senken und die Bürokratie abzubauen. Eine Klassenkampfdebatte wolle aber keiner hören.

Reißverschlusssystem undemokratisch

Die Ablehung der FPÖ bekräftigte Strache einmal mehr auch beim Thema Frauenquoten. Anders als SPÖ, ÖVP und Grüne hatte seine Partei im Juni dagegen gestimmt, dass in Aufsichtsräten von Großunternehmen mindestens 30 Prozent Frauen sitzen müssen. Die „wirklichen Probleme“ liegen laut Strache woanders. Bei gleicher Leistung gebe es etwa immer noch nicht den gleichen Lohn, so der FPÖ-Chef. Und auch eine „veränderte Bundeshymne hilft keiner Frau“.

In der Politik erachtet Strache Quoten überhaupt als undemokratisch. „Wenn sie die Demokratie ausschalten wollen, dann ist das Reißverschlusssystem gut“, kommentierte Strache die Selbstverpflichtung, anderer Parteien auf ihren Wahllisten abwechselnd Männer und Frauen zu reihen.

Frauenquoten in Politik und Wirtschaft

Weder in der Politik noch in der Wirtschaft hält Strache eine Frauenquote für nötig. Die wirklichen Probleme liegen laut dem FPÖ-Chef woanders.

Direkte Demokratie mit wenigen Grenzen

Gar keine Gefahr für die Demokratie sah der FPÖ-Chef hingegen durch die von seiner Partei geforderte verstärkte direkte Mitbestimmung. Es gehe nicht darum, die repräsentative Demokratie abzuschaffen. Aber bei Fehlentwicklungen solle die Bevölkerung entscheiden - mit absoluter Mehrheit, so der Parteiobmann. Es dürfe nicht sein, dass gegen die „eklatanten Interessen“ der Mehrheit Entscheidungen getroffen werden.

Angesprochen darauf, dass mit direkter Demokratie auch - Stichwort Türkei - demokratische Systeme ausgehöhlt werden könnten, schränkte Strache dann aber doch ein: Themen wie die Todesstrafe oder die Abschaffung der Demokratie seien „ganz klar von solchen Entscheidungen auszuklammern“, so der FPÖ-Chef. „Das kommt für uns nicht infrage.“

Kein zweites 1999

Nicht infrage kommt für den FPÖ-Chef auch, dass seine Partei einer Partei mit weniger Stimmen zur Kanzlerschaft verhilft. „Es kann nicht sein, dass der Zweite den Dritten zum Ersten macht“, sagte Strache mit Blick auf die Regierungsbildung von Wolfgang Schüssel (ÖVP) 1999.

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache

ORF/Hans Leitner

Strache als Kanzlermacher - zumindest nicht für eine Partei, die hinter der FPÖ liegt

Was die FPÖ dagegen will, ist ein Ministerium für Leitkultur. Zumindest hatte ein solches FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl vorletzte Woche per Aussendung gefordert. Zu dessen Aufgaben ging Strache am Montagabend aber kaum ins Detail. Es gehe um „viele Bereiche, zum Beispiel in der Bildung“, so der FPÖ-Chef: Das Kreuz im Klassenzimmer, Schweinefleisch in der Schulkantine und die Nikolofeier waren dazu seine konkreten Beispiele.

Ebenso bekannt war die scharfe Kritik am Integrations- und Islamgesetz, das für Strache überhaupt eine „Katastrophe“ ist. Von dort nahm der FPÖ-Chef gegen Ende des Gesprächs auch noch die Kurve zu einem der jüngsten Lieblingsthemen seiner Partei: die türkisch-österreichischen Doppelstaatsbürgerschaften. Hier überlege die FPÖ gar eine Amtshaftungsklage gegen Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP), so Strache.

Suche nach Thema und Botschaft

Sich selbst stellte der FPÖ-Obmann hingegen zum Abschluss ein exzellentes Zeugnis aus. „Qualität setzt sich auf Dauer immer durch“, kommentierte er seine Jahre an der Parteispitze. Er und die FPÖ hätten in vielen Bereichen mit der Themenführerschaft gepunktet.

Nicht ganz so positiv fiel das Urteil - zumindest im Hinblick auf das „Sommergespräch“ selbst - in der anschließenden ZIB2-Analyse aus. Das Gespräch sei ein Abbild dafür gewesen, dass sich die FPÖ in diesem Wahlkampf noch schwertue, sagte Eva Linsinger vom „profil“. Die Partei habe kein klares Thema, keine klare Botschaft. Über Strecken sei der Eindruck entstanden, als ob Strache vom „‚Sommergespräch‘ fast überrascht“ worden wäre, so Linsinger.

Journalisten zum ORF-Auftritt Straches

Claus Pandi („Kronen Zeitung“) und Eva Linsinger („profil“) kommentieren die Aussagen Straches im „Sommergespräch“.

Claus Pandi von der „Kronen Zeitung“ ortete für die FPÖ generell das Problem, dass neben der ÖVP unter Sebastian Kurz rechts nicht mehr sehr viel Platz sei. Und offenbar könne Strache diesen Raum nicht recht besetzen, so der Journalist. Strache habe sich mehr oder weniger im Kreis gedreht, ohne neue Themen zu nennen.

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