Filetierung von Air Berlin im Septemer?
Die insolvente Fluggesellschaft Air Berlin könnte schneller zerschlagen werden als bekannt. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ (Onlineausgabe) schreibt, sollen bereits am Freitag Verhandlungen mit der Lufthansa aufgenommen werden. Ein Abschluss zur Übernahme großer Teile der Strecken, Jets und Beschäftigten könnte schon nächste Woche stehen. Zudem wolle die Lufthansa die Air-Berlin-Tochter Niki ganz.
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Die deutsche Mutter der AUA (Austrian Airlines) hat sich hinter den Kulissen bereits seit etwa einem Jahr auf eine Air-Berlin-Pleite vorbereitet und dürfte nun einen detaillierten Ablaufplan abarbeiten. Demnach könne Air Berlin schon im September zerlegt sein, so die „SZ“ unter Berufung auf Insider. Auch von Verhandlungen über das Wochenende hinweg war heute die Rede.
Die Lufthansa wolle im Idealfall etwa 90 Flugzeuge der Air Berlin übernehmen und unter der Marke Eurowings weiterbetreiben. Darin enthalten seien 38 Maschinen, die sie schon jetzt mitsamt Besatzungen mietet, bis zu 40 weitere Kurz- und Mittelstreckenjets sowie voraussichtlich die Mehrzahl der 17 Großraumflugzeuge, die Air Berlin auf Langstrecken vor allem von Düsseldorf aus einsetze. Die tatsächliche Zahl sei auch Verhandlungsgegenstand am Wochenende.
Niki für Konkurrenz besonders attraktiv
Allerdings zeichne sich ein möglicher Bieterkampf um die Air-Berlin-Tochter Niki ab, die rund 20 der etwa 140 Flugzeuge der Air-Berlin-Gruppe betreibt. Neben der Lufthansa werde auch der britischen Billigfluggesellschaft easyJet Interesse an Niki nachgesagt, heißt es in dem Zeitungsbericht. Am Mittwoch war auch von einem Interesse von Condor die Rede.
Die Wiener Tochter gilt wegen ihrer niedrigen operativen Kosten und der vielen Start- und Landezeiten am Flughafen Düsseldorf für die Konkurrenz als besonders attraktiv. Da sie ein separates Unternehmen mit Sitz in Wien sei, ließe sie sich gut als Plattform für zusätzliche Maschinen nutzen, so die „SZ“.
Dobrindt: Lufthansa soll große Teile bekommen
Die Lufthansa soll nach den Vorstellungen des deutschen Verkehrsministers Alexander Dobrindt jedenfalls den Löwenanteil der insolventen Air Berlin übernehmen. „Wir brauchen einen deutschen Champion im internationalen Luftverkehr“, sagte der CSU-Politiker der „Rheinischen Post“ (Freitag-Ausgabe).
„Deswegen ist es dringend geboten, dass Lufthansa wesentliche Teile von Air Berlin übernehmen kann.“ Wie die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft aufgeteilt wird, dürfte allerdings von den Kartellbehörden kritisch beäugt werden. Monopolfragen könnten „nicht mehr mit der rein regionalen Brille auf einzelne Standorte betrachtet werden“, sagte Dobrindt dazu.
Air Berlin: Drei Interessenten
Air Berlin selbst betonte, man verhandle derzeit mit drei Unternehmen über einen Verkauf von Anteilen. „Neben der Deutschen Lufthansa stehen wir mit zwei weiteren Interessenten aus der Luftfahrt in Kontakt“, sagte Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom Donnerstag. Alle Unternehmen, mit denen Gespräche liefen, seien „in finanzieller Hinsicht seriös“ und vom Volumen her „ausreichend groß, um Air Berlin eine sichere Zukunft zu bieten“, sagte Winkelmann.
Um wen es sich außer der Lufthansa handelt, wollte der Konzernchef nicht sagen. Auch kursierende Meldungen, wonach der britische Billigflieger easyJet unter den Interessenten sein soll, wollte Winkelmann in der „FAZ“ weder bestätigen noch dementieren.
Wichtiger Player im Feriengeschäft
Seit Niki die Ferienflüge von Air Berlin übernommen hat - darunter den berühmte „Mallorca-Shuttle“ von deutschen Städten -, ist Niki als Airline für Reisen zu europäischen Ferienzielen ein wichtiger Player geworden: Neben zurzeit 67 wöchentlichen Abflügen ab Österreich wickelt Niki jede Woche 75 Abflüge von Schweizer Airports und 481 Abflüge von deutschen Flughäfen aus ab.
Unter die Flügel von Etihad gekommen
Niki hatte beim letzten Umbau der Air Berlin die Ferienflugstrecken im Konzern übernommen. Außerdem kam Niki direkt unter die Flügel des nun abgesprungenen arabischen Air-Berlin-Hauptaktionärs Etihad. Die geplante Übernahme von Niki ist behördlich allerdings - trotz bereits überwiesenen Geldes - noch nicht genehmigt. Es ist auch unklar, ob Etihad überhaupt selbst noch Interesse hat. „Es sieht so aus, dass Etihad Niki nicht kauft“, schätzte Niki-Bord-Betriebsrat Stefan Tankovits am Mittwoch eine Umsetzung dieses Szenarios pessimistisch ein. Die Etihad-Vereinbarung wäre mit einer Arbeitsplatzgarantie verbunden, während bei einer Übernahme etwa durch Lufthansa Einsparungen drohen.
Gegenüber der ZIB2 verwies der heimische Luftfahrt-Experte Kurt Hoffmann zudem darauf, dass Air Berlin Fly Niki 43 Millionen Euro schuldet. Ein namentlich nicht genanntes Air-Berlin-Vorstandsmitglied gehe Hoffmann zufolge davon aus, dass Niki bei Nichtbegleichung dieser Schuld „in ein bis zwei Wochen“ ebenfalls in die Insolvenz schlittern könnte. „Tatsache ist aber auch“, dass es bereits nächste Woche in dieser Frage eine Lösung geben könnte.
„Szenario schaut nicht einfach aus“
Für Niki schaut laut Hoffmann das „Szenario in der Tat nicht einfach aus“. Mit Blick auf eine mögliche Insolvenz verweist der Luftfahrtexperte gegenüber der ZIB2 auch darauf, dass Air Berlin Niki 43 Millionen Euro schuldet.
Lauda: Insolvenz Frage der Zeit
Airline-Gründer Niki Lauda sagte im „Kurier“ dazu: „Niki ist noch Teil der Air Berlin. Ich fürchte, damit dauert es nicht mehr lange, bis sie auch Insolvenz anmelden müssen.“ In den „Salzburger Nachrichten“ sprach Lauda von einem Trauerspiel. „Ich hoffe für die Niki-Mitarbeiter, dass schnell eine Lösung mit der Lufthansa kommt, damit sie ihren Job nicht verlieren.“ Wobei es sicher keine Übernahme werde: „Sie werden noch weitere Flugzeuge und Besatzungen übernehmen und dann die Firma Air Berlin mit 1,3 Milliarden Euro Schulden in Konkurs schicken“ - mehr dazu in wien.ORF.at.
Niki hält am Freitag Betriebsversammlungen ab
Jedenfalls wünscht sich Betriebsrat Tankovits, dass er schnell Klarheit bekommt. Und der Betriebsrat „will nicht nur an der Seitenlinie stehen und zuschauen. Wir wollen eingebunden werden.“ Niki beschäftigt rund 1.000 Mitarbeiter. Es herrscht große Verunsicherung, weswegen die Belegschaftsvertretung am Freitag in Wien-Schwechat und Düsseldorf Betriebsversammlungen abhalten wird.
Strategie von Etihad gescheitert
Der arabische Air-Berlin-Großaktionär Etihad hat sich bisher zu möglichen Szenarien rund um Air Berlin noch nicht geäußert. Nach Informationen des „Handelsblatts“ ist sich die Herrscherfamilie in Abu Dhabi auch nicht einig, wie es mit Etihad weitergeht. Die Strategie, vor allem mit europäischen Partnern zu wachsen, ist gescheitert, auch Alitalia, die zweite große Beteiligung, ist mittlerweile pleite.
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