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Nach tagelanger Kritik

Das Personenkomitee für SPÖ-Chef Christian Kern überlegt nun doch eine Offenlegung der einlangenden Spenden. Das Komitee, das formal von einem von der Partei unabhängigen Verein organisiert wird, stößt seit Tagen bei den anderen Parteien auf Kritik.

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Der Organisator des zuständigen Vereins, Reinhard Todt, will demnächst die sieben weiteren Mitglieder des Vorstands in dieser Sache kontaktieren, erklärt der langjährige SPÖ-Politiker dem „Standard“: „Wir müssen darüber reden und reagieren, denn wir stehen in der Öffentlichkeit.“ Vor allem die ÖVP drängt seit Tagen die SPÖ zur Offenlegung von Spenden. Sie vermutet, dass auf diesem Weg die Transparenzregeln für Parteienfinanzierung unterlaufen werden sollen. Entsprechende Vorwürfe hatte Todt aber bereits vor Tagen zurückgewiesen.

Weil die Namen der Spender zumindest bisher nicht veröffentlicht werden, warf ÖVP-Generalsekretärin Elisabeth Köstinger der SPÖ prompt vor, „ganz im alten Stil“, zu agieren: „Das heute bekanntgewordene Konstrukt rund um eine mögliche Wahlkampffinanzierung bei der SPÖ deutet auf eine gezielte Umgehung des Parteienfinanzierungsgesetzes hin und gehört umfassend aufgeklärt“, erklärte Köstinger am Sonntag in einer Stellungnahme. „Sollten bereits Gelder über den Verein geflossen sein, ist die SPÖ gut beraten, diese Zahlungen sofort rückabzuwickeln und diese unsauberen Praktiken einzustellen.“

Grüne: „Dünnes Eis“

Für den Grünen Dieter Brosz begebe sich die SPÖ auf „dünnes Eis“. Brosz, der das Parteienfinanzierungsgesetz für die Grünen mitverhandelt hat, sagte, dass explizit auch nahestehende Organisationen vom Gesetz umfasst seien. Aus seiner Sicht gelten die Transparenzregeln daher auch für den Unterstützerverein von Kern. Bei Verdacht auf Verstöße werde er den Rechnungshof einschalten, kündigte Brosz an. Die SPÖ sollte dem Beispiel anderer Parteien folgen und Spender sowie die Höhe der jeweiligen Spende freiwillig veröffentlichen.

FPÖ verlangt eidesstattliche Erklärung

Die FPÖ verlangte von der SPÖ eine eidesstattliche Erklärung, dass keine Kosten des roten Nationalratswahlkampfs über Kerns Personenkomitee finanziert werden. „Der Verdacht liegt nahe, dass dieses neue Konstrukt einzig und allein dem Zweck dient, Transparenz- und Wahlkampfkostenregeln zu unterlaufen“, so Generalsekretär Herbert Kickl in einer Aussendung. Der Freiheitliche spottete auch über den Namen des Personenkomitees. „Team A steht wohl für Team Abgesang und ist der Verein und Personenkomitee gewordene Beweis dafür, dass die SPÖ ihre Zukunft bereits hinter sich hat.“

NEOS hinterfragt Regelungen

NEOS hinterfragte zu Wochenbeginn die derzeitigen Regelungen zur Transparenz der Parteienfinanzierung ganz generell und legte am Mittwoch mit Änderungsvorschlägen nach. NEOS-Generalsekretär Nikola Donig forderte am Sonntag in einer Aussendung die „volle Wahrheit an 365 Tagen im Jahr“. Darauf hätten die Steuerzahler ein Recht, nicht nur in Wahlzeiten. Das Problem sei neben möglichen Umgehungskonstruktionen das finanzielle Getrickse rund um Stichtage. „Wenn etwa die ÖVP laut Berichten vor dem Stichtag schon so viel Geld in Werbung steckt wie andere Parteien im gesamten Wahlkampf, dann wird das System der Wahlkampfkostenbegrenzung vor den Augen aller Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ad absurdum geführt“, kritisierte Donig.

Nahe an der SPÖ

Öffentlich in Erscheinung getreten ist das „Team A“ genannte Personenkomitee noch nicht. Eine Adresse gibt es aber schon: Die Herrengasse 1-3 in der Wiener Innenstadt, wo auch die Kampagne des SP-Präsidentschaftskandidaten Rudolf Hundstorfer residierte. Das Logo von „Team A“ ist Kerns „Plan A“ nachempfunden. Die zugehörige - noch nicht aktive - Internetadresse ist auf den Verein IDEE Initiative demokratische Entwicklung & Eigeninitiative registriert. Der nennt sich zwar „überparteilich“, sitzt aber in einem Haus des SPÖ-nahen Verbands Wiener Arbeiterheime in der Alserbachstraße.

Aus einer der APA vorliegenden E-Mail von „Team A“ geht hervor, dass das Personenkomitee seit zumindest Ende Juli um „Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Zivilgesellschaft“ für ein „Unabhängiges Personenkomitee“ des Kanzlers wirbt. Verfasst wurde die E-Mail von einer Frau, die laut Vereinsregister gleichzeitig als Finanzbeauftragte des Vereins IDEE fungiert. Dieser Verein hat im Gemeinderatswahlkampf 2015 Wiens Bürgermeister Michael Häupl unterstützt. Vorsitzende ist die SPÖ-nahe Meinungsforscherin Imma Palme, Stellvertreter Ex-Klubobmann Peter Kostelka.

Schon Hundstorfer unterstützt

Dass das Personenkomitee auch Wahlkampfspenden von Kern-Unterstützern annehmen würde, verneint Todt: „Diese Spende nehme ich nicht an, weil derjenige kann auch ganz offiziell bei der SPÖ seine Spende abgeben.“ Nachprüfen lässt sich das allerdings nicht. Denn während die SPÖ Zuwendungen über 3.500 Euro offenlegen müsste, gilt diese Verpflichtung weder für den Verein noch für das Personenkomitee. Todt bestätigte denn auch noch zu Wochenbeginn, dass der Verein seine Spender nicht bekanntgibt: „Wir geben das nicht auf die Homepage. Im Prinzip sind das Kleinspenden gewesen.“

Nach der Kritik und dem Rückschlag wegen der Verhaftung des bisherigen SPÖ-Wahlkampfberaters Tal Silberberg am Montag in Israel ist die SPÖ aber stärker unter Zugzwang geraten.

Erfahrung mit Wahlen hat der Verein IDEE jedenfalls bereits: Neben Häupl unterstützte der Verein laut Todt auch SPÖ-Präsidentschaftskandidat Hundstorfer und nach dessen Ausscheiden den Grünen Alexander Van der Bellen (Letzteren mit einer Spende von 11.178,90 Euro). „Wir haben Persönlichkeiten angesprochen, damit sie auf die Van-der-Bellen-Homepage gegangen sind“, erklärt der SPÖ-Bundesrat dazu.

Spindelegger und Pröll agierten ähnlich

Dass Personenkomitees durch formal von der Partei getrennte Vereine organisiert werden, ist nicht neu: 2013 setzten sowohl ÖVP-Spitzenkandidat Michael Spindelegger als auch Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll auf solche Konstruktionen. Im Rechenschaftsbericht der ÖVP für das Wahljahr tauchten die Initiativen dann nicht auf. Denn explizit fixiert ist eine Rechenschaftspflicht für Personenkomitees nur bei Bundespräsidentenwahlen, nicht aber bei Nationalratskampagnen.

Ob diese Vereine eine Umgehung der Rechenschaftspflicht darstellen, hängt für den auf Parteienfinanzierung spezialisierten Politikwissenschaftler Hubert Sickinger davon ab, ob teure Aktivitäten gesetzt werden. Historisch seien die Personenkomitees nämlich eher „Aufputz“ für die Kandidaten und „Wahlkampffolklore“ gewesen. „Das kann sich natürlich ändern, aufgrund der Regeln des Parteiengesetzes, dass man Personenkomitees nützt, um Spenden und Wahlkampfausgaben von der Partei wegzubekommen“, so Sickinger.

Als Beispiel verweist er auf 2013: Während Spindeleggers Personenkomitee bis auf eine Veranstaltung kaum in Erscheinung trat, schaltete Prölls „Initiative Niederösterreich“ sogar Plakatwerbung. Heuer verzichtet die ÖVP jedenfalls auf ein externes Komitee und legt alle Wahlkampfspenden im Internet offen.

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