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Flatterhafte Kunst am Himmel

Poetic Kinetics nennt sich ein Unternehmen, dass sich nicht weniger vorgenommen hat, als mit grellen Farben den Himmel zu bemalen. Ob bei großen Festivals oder auf unscheinbaren Plätzen: Übersehen kann man die flatterhaften Kunstwerke nicht.

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Der Himmel beschäftigt Künstler seit jeher. Aber diesmal wird er nicht in schimmerndstem und schillerndstem Blau auf Kuppeldecken illusioniert wie einst von Paul Troger, sondern es läuft umgekehrt: Kunstwerke werden in den Himmel gehoben. Schon seit einigen Jahren sorgt das Poetic-Kinetics-Team für aufgeregte Blicke. Einer größeren Öffentlichkeit wurde es vor allem mit seinen beiden luftigen Installationen am Coachella-Rockfestival im Jahr 2015 ein Begriff.

Damals wurden eine große, aufblasbare Raupe und ein Schmetterling ausgestellt. Der Schmetterling war technologisch bereits ähnlich aufgebaut wie spätere, viel größere Werke. Dabei werden Netze gespannt und Abertausende Wimpel an den Seilen befestigt. Die verschiedenfärbigen Fähnchen formen so ein Bild - und die Seile sind dünn genug, um die Illusion von frei flotierender Farbe im Himmel zu vermitteln.

Ein blaues Wunder erleben

Dabei werden die Kunstwerke an die Erfordernisse der Auftraggeber angepasst. Beim Coachella etwa wurde das beschriebene Schmetterlingskunstwerk „Caterpillar’s Longing“ (die Sehnsucht der Raube) erarbeitet, das zur Zielgruppe eines solchen Festivals passt. Papilio Merraculous (die Raupe) und Desiderium Eruca (der Schmetterling) sollen gemeinsam ein Symbol dafür sein, wie hungrig die Jugend auf der Entdeckungsreise ihrer Persönlichkeit und bei ihrer Wandlung zum Erwachsenen auf soziale Kontakte sind.

Wie es auf der Website von Poetic Kinetics heißt, soll so das Augenmerk auf die Wunder des Alltags gelegt werden - Wunder, die man sonst einfach als gegeben hinnimmt und nicht weiter beachtet. Ganz profan hat vor allem der Schmetterling noch eine zweite Funktion: Seine Flügel sollen in der brütenden Hitze Kaliforniens Schatten spenden. Der Schmetterling könnte sogar seine Flügel schwingen. Wie gut das bei den Festivalbesuchern ankam, kann man noch heute anhand begeisterter Pinterest- und Instagram-Postings nachvollziehen.

Firebird Installation in St. Petersburg

picturedesk.com/Tass/Alexander Demianchuk

Die Installation „Firebird“, momentan in St. Petersburg zu sehen

Jeder kann ein Riesenastronaut sein

Die Gestalter von Großkonzerten waren immer schon Vorreiter in Sachen Luftkunst. Zuallererst denkt man dabei an Pink Floyd, die mit ihren Lasershows Kunst in den Himmel malten und die schon in den 80er Jahren ihr Riesenschwein über dem Publikum - etwa des Happel-Stadions in Wien - schweben ließen. Ebenfalls so manchem Konzertbesucher in Österreich noch in lebhafter Erinnerung: die aufblasbare, leicht bekleidete Schönheit, die AC/DC immer wieder auf Tour mitnehmen.

Auch Poetic Kinetics arbeitet mit solchen Figuren. Schon 2014 schwebte ein riesenhafter Astronaut über dem Publikum des Coachella. Doch damit nicht genug - einzelne Festivalbesucher konnten ihr Gesicht auf das Visier des Astronautenhelms und ihren Namen auf den Namensstreifen auf seiner Brust projizieren lassen: ein gigantomanischer Spaß, den sich viele nicht entgehen lassen wollten.

Escape Velocity comes in peace. #CoachellaAstronaut

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Wenn die Luft selbst zur Kunst wird

Aber es geht mit Luftkunst auch ernsthafter: So hat der Künstler Patrick Hearn im Pershing Square Park in Los Angeles vergangenes Jahr ein Hunderte Meter großes Wellental über den Köpfen geschaffen. Das Besondere daran war, dass die einzelnen silbernen Wimpel dabei in der Sonne glänzten und glitzerten und das gesamte Kunstwerk, das mit Seilen an umliegenden Gebäuden befestigt war, im Wind wogte.

Hearn sagte damals gegenüber der Huffington Post: „Meine Inspiration kommt von der Beobachtung der Natur - und aus der Beobachtung, dass wir nur sehr oberflächlich wahrnehmen, was sich um uns herum tut. Vieles sieht man etwa erst in der Zeitlupe oder in der ultrahochauflösenden Fotografie. So spüren wir zwar einen Luftzug auf unserer Hand - größere Luftbewegungen nehmen wir aber gar nicht wahr.“

St. Petersburg, Rio und die „Spaxels“

Im Sommer 2017 wird erstmals auch ein Platz in Russland, und zwar in St. Petersburg, mit einem Kunstwerk von Poetic Kinetics bespielt. Die Künstler zeigen sich in einem Video begeistert davon, auch außerhalb der USA Werke verwirklichen zu können. Brian Foley, Produktionsleiter des St. Petersburger Luftkunstwerkes, meinte etwa, abgesehen vom Spaß an der Kunst komme noch jener an der Zusammenarbeit mit lokalen Mitarbeitern dazu. Denn die Sprache der Kunst, und auch die der Ingenieurskunst, sei universell.

Luftkunst ganz anderer Art kommt übrigens aus Österreich - und erobert auch die Welt. Denn die „Spaxels“ des Linzer Ars Electronica Centers werden heuer erstmals beim gigantischen Festival Rock in Rio zu sehen sein. Dabei fliegen beleuchtete Drohnen, die als Schwarm programmiert sind und unterschiedliche Formationen einnehmen können, durch die Luft. Die Farbe der Lichter kann dabei gewechselt werden - ein beeindruckendes Schauspiel, das während der letzten Jahre immer wieder beim Ars Electronica Festival zu sehen war.

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