Keine Verjährung der Ansprüche mehr
Die österreichische Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt im Abgasskandal jetzt gegen den deutschen Autokonzern VW, den deutschen Zulieferer Bosch und den früheren VW-Vorstandschef Martin Winterkorn, heißt es in einer Aussendung des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) von Dienstag. Anfangs hatte es nur Ermittlungen gegen unbekannt gegeben.
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Auf Anfrage der APA teilte die WKStA mit, dass „bereits vor einigen Monaten Ermittlungen gegen zwei verantwortliche Verbände nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (VbVG) und gegen deren Entscheidungsträger wegen der genannten Vorwürfe eingeleitet“ worden seien.
Im Herbst 2015 war bekanntgeworden, dass VW bei einigen Fahrzeugmodellen eine Schummelsoftware einsetzt, die auf dem Prüfstand einen geringeren Schadstoffausstoß ergibt als im realen Fahrbetrieb. Dieser Abgasskandal hat sich inzwischen auf andere Marken ausgeweitet. Der VKI brachte im Juli 2016 deshalb Strafanzeige bei der WKStA ein. Da das Verfahren aus Sicht des VKI zu langsam ging, folgte im Juni 2017 eine Beschwerde des VKI wegen Untätigkeit der WKStA bei der Oberstaatsanwaltschaft.

APA/AFP/John Macdougall
Nach Konzernangaben hat die VW-Führungsspitze um Winterkorn erst wenige Tage vor Bekanntwerden des Skandals von den Manipulationen erfahren
Schwerwiegende Vorwürfe werden geprüft
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hatte nach eigenen Angaben nach Bekanntwerden der Vorwürfe und der Betroffenheit von österreichischen VW-Kunden Ermittlungen zunächst gegen unbekannte Täter wegen schweren Betrugs, wegen der vorsätzlichen Beeinträchtigung der Umwelt und wegen Abgabenhinterziehung eingeleitet.
Anschließend habe es ein Rechtshilfeersuchen an die in Deutschland für die Ermittlungen zuständige Staatsanwaltschaft Braunschweig gegeben. Darauf habe es erst im März 2017 eine Antwort gegeben.
In Österreich kann nach dem VbVG auch eine Firma geklagt werden - in Deutschland geht das nicht, schreibt der VKI. Die Ermittlungstätigkeit gegen VW sei für die im Strafverfahren angeschlossenen etwa 4.500 Teilnehmer von großer Bedeutung. „Denn nun besteht keine Verjährungsgefahr mehr für ihre Schadenersatzansprüche“, so Ulrike Wolf, Leiterin der Abteilung Sammelaktionen im Bereich Recht des VKI. „Damit ist die sich aufdrängende Strategie von VW durchkreuzt, dass durch Zeitablauf Ansprüche verjähren“ - mehr dazu in help.ORF.at.
EU empfiehlt Deutschland rechtliche Schritte
Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) hat unterdessen bei seinen Ermittlungen zum VW-Abgasskandal offensichtlich Hinweise auf Fehlverhalten von Verantwortlichen des Autokonzerns gefunden. Wie die Behörde am Dienstag in Brüssel zum Abschluss einer Untersuchung mitteilte, wurden die deutschen Strafverfolgungsbehörden ersucht, rechtliche Schritte in Erwägung zu ziehen. Konkret sei der Staatsanwaltschaft Braunschweig eine „justizielle Empfehlung“ übermittelt worden, heißt es in einer Mitteilung.
EU-Gelder zweckentfremdet?
OLAF hatte sich seit 2015 mit der Frage beschäftigt, ob VW von der Europäischen Investitionsbank (EIB) zu Unrecht Kredite erhalten oder EU-Gelder für Forschung und Entwicklung zweckentfremdet hat. Das könnte der Fall sein, wenn die Mittel in die Entwicklung von Motoren mit manipulierter Abgassteuerung geflossen sein sollten. VW hatte bereits im Mai 2016 vorzeitig EIB-Darlehen von 975 Mio. Euro zurückgezahlt. Ein VW-Sprecher kommentierte das damals mit den Worten, der Konzern wolle damit „jeden Verdacht“ in Zusammenhang mit den Ermittlungen ausräumen.
Zu konkreten Inhalten ihres Abschlussberichts machten die OLAF-Fahnder keine näheren Angaben. Sie teilten lediglich mit, dass auch an die EIB Empfehlungen übermittelt worden seien. Dieser Schritt ist ein Hinweis darauf, dass bei der EIB Maßnahmen zur Abwehr von Betrug nicht ausreichend gewesen sein könnten. Sowohl die EIB als auch die deutschen Strafverfolgungsbehörden werden nun darüber berichten müssen, wie sie auf die Empfehlungen reagieren.
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