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Behörde soll Berichte geschönt haben

Das deutsche Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) könnte Untersuchungsberichte zum Dieselskandal geschönt haben. Das geht aus einem Bericht der „Bild“-Zeitung (Montag-Ausgabe) hervor. Auch der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) könnte damit deutlich früher von den illegalen Abschalteinrichtungen bei Autohersteller Porsche gewusst haben.

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Die Untersuchungskommission, die nach Bekanntwerden des Dieselskandals bei Volkswagen (VW) eingesetzt worden war, hatte im Frühling 2016 festgestellt, dass auch andere Hersteller mit Abschalteinrichtungen für ihre Dieselmotoren arbeiten. Auch das KBA als Unterbehörde des Verkehrsministeriums gehörte dieser Kommission an. Die „Bild“-Zeitung berichtete nun, unter Berufung auf ihr vorliegende Korrespondenz zwischen dem KBA und den Autoherstellern, dass die Prüfberichte zum ebenfalls bemängelten Porsche Macan geschönt sein könnten.

Verkehrsminister Alexander Dobrindt

APA/AFP/John Macdougall

Der deutsche Verkehrsminister Dobrindt sieht sich mit Kritik konfrontiert

„Übliches und notwendiges“ Prozedere

In der ursprünglichen Version des Prüfberichts hieß es, dass das frühzeitige Herunterfahren der Abgasreinigungsraten beim Porsche Macan „nach Vorschrift als Abschalteinrichtung zu sehen“ sei. Nach Intervention des Herstellers sei das allerdings geändert worden. Im Endbericht stehe: „Dies kann nach Vorschrift als eine Veränderung des Emissionsverhaltens des Abgassystems gesehen werden.“

Dass das KBA für seinen Beitrag zum „Bericht der Untersuchungskommission Volkswagen“ mit den Herstellern „Gespräche geführt und technische Fragen erörtert“ habe, bestreite das Verkehrsministerium dem Bericht zufolge nicht. Ein solches Prozedere sei aber „international üblich und notwendig“, so das Ministerium.

Dobrindt „spielt Porsche als Bauernopfer aus“

Scharfe Kritik wurde jetzt an Verkehrsminister Dobrindt laut, der damit schon seit mehr als einem Jahr von den illegalen Abschaltvorrichtungen gewusst haben könnte. Der deutsche Grünen-Politiker Oliver Krischer sieht die Korrespendenz als klares Indiz dafür: „Damals wurde vertuscht. Jetzt spielt Minister Dobrindt Porsche als Bauernopfer aus, damit er nicht mit dem Abgaskartell in Verbindung gebracht wird“, so Krischer.

SPD-Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries forderte Aufklärung: „Dobrindt muss öffentlich darstellen, was er, sein Ministerium und das Kraftfahrt-Bundesamt wussten.“ Das solle bald geschehen. „Wir brauchen diese Informationen noch vor dem Autogipfel am 2. August“, so Zypries. Der Kanzlerkandidat der SPD, Martin Schulz, forderte die Aufteilung und Neuorganisation des KBA. „Die Kontrolle der Autoindustrie muss grundsätzlich neu strukturiert werden“, sagte Schulz den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland.

Nahverhältnis in der Kritik

Einmal mehr rückt dadurch auch das Nahverhältnis von deutscher Politik und Autoherstellern in den Fokus des Abgasskandals. Bereits seit Langem werden Absprachen von Herstellern mit der Politik kritisiert. Die Verantwortung für Dieselskandal und Autokartell liege bei der Regierung von Kanzlerin Angela Merkel, schrieb etwa der ehemalige grüne Umweltminister Jürgen Trittin im Kurznachrichtendienst Twitter.

Nicht zuletzt die deutsche Umweltministerin Barbara Hendricks ließ vergangene Woche ungewöhnlich scharfe Kritik anklingen: „Es ist wohl so, dass der Staat es in der Vergangenheit zu häufig an Distanz zur Automobilindustrie hat mangeln lassen.“ Tatsächlich gibt es in der aktuellen Politlandschaft Deutschlands enge Verbindungen zu den Autoherstellern.

In einer Grafik des Magazins „Politico“ wird der rege Austausch zwischen Regierung und Konzernen grafisch dargestellt. Ex-CDU-Verkehrsminister Matthias Wissmann ist heute etwa Präsident des Verbandes der deutschen Automobilindustrie. Der ehemalige SPD-Vizeregierungssprecher Thomas Steg ist mittlerweile Cheflobbyist bei VW. Laut dpa gibt es auch regelmäßig Spenden an die Parteien: So ist etwa von Daimler bekannt, dass der Konzern erst im April 100.000 Euro sowohl an die CDU als auch an die SPD gespendet hat.

Gemeinsame Linie „keine einfache Materie“

Kurz vor dem Dieselgipfel am Mittwoch in Berlin, auf dem unter anderem über eine Nachrüstung älterer Autos seitens der Hersteller debattiert wird, wird dadurch erneut das schwierige Verhältnis zur Autoindustrie ersichtlich. Denn trotz eines harten Durchgreifens wie zuletzt etwa beim Verbot von Neuzulassungen des Porsche Cayenne bleibt die Autobranche der wesentlicher Pfeiler der deutschen Industrie.

An einer gemeinsamen Linie des von Umweltministerin und Verkehrsminister gemeinsam veranstalteten Gipfels werde daher auch noch gearbeitet, so ein Sprecher Dobrindts. Ein Sprecher der Umweltministerin ergänzte, zur Abstimmung werde „auch nochmal mit den Bundesländern diskutiert“. Das sei „keine einfache Materie“.

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